Auf dem Weg zum "Corona-Abi"?
Weinheimer Schulleitungen: Weniger Quarantäne-Lagen - Abitur 2021 trotz besonderer Bedingungen inhaltlich normal

Von Philipp Weber
Weinheim. Der eigentliche Corona-Jahrgang kommt erst noch: Während der Abiturjahrgang 2020 erst gegen Ende der Prüfungsvorbereitung von der Pandemie betroffen war, bauen die Abiturienten des Jahres 2021 wohl einen Gutteil ihrer Abschlussleistungen in der Corona-Zeit auf. Wie viel Stoff trotz der Krise vermittelt wird und was das kommende Abitur besonders macht, haben die Schulleitungen von Werner-Heisenberg- und Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium im RNZ-Gespräch erklärt. Eine Sprecherin des Kultusministeriums trug weitere Details bei. Was die allgemeine Pandemielage betrifft, ist zumindest an den weiterführenden Schulen die Zeit vorbei, in der jeder Covid-19-Positive mindestens eine Klasse mitnahm in die Quarantäne. Hier gibt es weitere Antworten.
Müssen die Absolventen des Abijahrgangs 2021 nur 75 Prozent des Stoffes können?
So ist es nicht, erklärt Gabriele Franke, Schulleiterin im Werner-Heisenberg-Gymnasium. "Für alle Jahrgangsstufen von Klasse fünf bis zum Abschlussjahrgang gilt für dieses Schuljahr, dass das Kerncurriculum zu unterrichten ist." Dieses umfasse rund 75 Prozent der Unterrichtsinhalte. Bei den restlichen 25 Prozent handle es sich um das Schulcurriculum. Dieses sei – der Name sagt es schon – schulspezifischer Natur, diene aber letztlich immer auch der Vertiefung des Kerncurriculums. Konkrete Beispiele dafür seien Exkursionen, Themenschwerpunkte oder Ähnliches, so die Pädagogin. Hier falle einiges weg. "Aber der harte Kern wird unterrichtet."
"Auch unser Schulcurriculum findet angesichts der derzeitigen Lage nur eingeschränkt statt", ergänzt Andrea Volz, Leiterin des DBS-Gymnasiums. "Trotzdem wird der Stoff, der gemacht werden muss, auch hinreichend vertieft", sagt sie.
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Christine Sattler, Sprecherin des Kultusministeriums, fasst zusammen: "Das Kerncurriculum umfasst die verbindlichen Inhalte des Bildungsplans." Das Schulcurriculum könnten die Schulen nutzen, um eigene Schwerpunkte zu setzen. Diese Zeit sollten die Schulen angesichts der derzeitigen Lage nun ausnutzen, um Inhalte, die aufgrund der Pandemiesituation nicht behandelt werden konnten, noch einmal zu vertiefen und zu wiederholen. "Das bedeutet also nicht, dass ein Viertel des Stoffs wegfällt, sondern, dass die Schulen ein Viertel mehr Zeit haben, um verpflichtenden Stoff zu behandeln."
Dies gelte im Übrigen für alle Schularten, einschließlich der gymnasialen Oberstufe.
Gibt es sonst Unterschiede zu den Prüfungen vor Corona?
Auch beim Abiturjahrgang 2021 werden die Prüfungen um einen knappen Monat nach hinten verlegt. "Wir haben die Abschlussprüfungen in allen Schularten, also nicht nur das Abitur, zeitlich nach hinten verlegt, sodass die Schüler mehr Zeit zum Lernen und zur Vorbereitung haben", erklärt Sattler. Das Abitur 2021 startet am 4. Mai, der übliche Termin wäre bereits Anfang April.
Bereits der Abiturjahrgang 2020 habe seine Prüfungen später geschrieben als üblich, erklärt Schulleiterin Franke. Hier wie dort soll(te) der Lockdown aus dem Frühjahr 2020 wettgemacht werden. Denn die drei Wochen vor den Osterferien 2020 fehl(t)en ja beiden Jahrgängen. In den Abi-Prüfungen 2021 sollen zudem Aufgabenanteile wegfallen, die bundesweit gleich sind. "Nicht, um den Schülern etwas zu schenken, sondern um angesichts der aktuellen Lage weitreichende Konsequenzen hinsichtlich des Aufgabenformats zu vermeiden", so Franke.
"Außerdem haben wir festgelegt, dass beim Abitur mehr Aufgaben angeboten werden. So können die Lehrer an den Gymnasien vor Ort – unter Berücksichtigung, dass einige Thematiken nicht ausführlich im Präsenzunterricht durchgenommen wurden – die Themen und Aufgaben auswählen, die sie mit den Schülern vor Ort behandelt haben und wo sich die Lehrkräfte sicher sind, dass die Dinge in ausreichendem Maße verstanden wurden", so Ministeriumssprecherin Sattler. "Dennoch bekommen wir ein inhaltlich normales Abi, wenn auch unter besonderen Umständen, ergänzt die Weinheimer Schulchefin Franke.
Wie ist die Lage an den beiden großen Gymnasien allgemein?
Soweit leidlich gut, so der Tenor. Das Heisenberg-Gymnasium hat es laut Franke bisher geschafft, ohne Coronasituation zu bleiben. Beim Bonhoeffer-Gymnasium mussten im Oktober eine sechste Klasse, Teile der achten Jahrgangsstufe sowie Lehrkräfte den Heimweg antreten, nachdem es Covid-19-Fälle gegeben hatte. Inzwischen seien aber alle wieder da, freut sich Schulleiterin Volz. Die Lehrer kamen noch vor den Schülern, die Kontakt zu den "Positiven" hatten. "Zunächst sind alle nach Hause gegangen, weil sich das Gesundheitsamt ja nicht augenblicklich bei allen Kontaktpersonen melden kann", erläutert Volz. Bei den Lehrern habe sich herausgestellt, dass sie keine Kontaktpersonen der Kategorie 1 (Quarantäne-Verpflichtung) waren. Die betroffenen Schüler hätten Homeschooling erhalten.
Derzeit seien derart weitreichende Maßnahmen unwahrscheinlicher als im Oktober: Da die Maskenpflicht in weiterführenden Schulen auf den Unterricht ausgeweitet wurde, müssen die Klassenkameraden von Covid-19-Positiven nicht mehr heim. Das seien die aktuellen Maßgaben der Behörden. Im Sport würden Übungen gemacht, bei denen man auf Abstand bleibt, so Volz.