Walldorf

Was sich gegen Erschöpfung tun lässt

Der Psychotherapeut Jörg Berger hat eine Strategie entwickelt. In einem Vortrag erklärte er sie.

24.11.2025 UPDATE: 24.11.2025 04:00 Uhr 2 Minuten, 6 Sekunden
Jörg Berger erklärte, was es mit dem inneren Tiger auf sich hat. Foto: Lucas

Walldorf. (al) Mit seinem Thema hat Jörg Berger einen Nerv getroffen: Rund 100 Gäste waren gekommen, um den Heidelberger Psychotherapeuten über seine "Anti-Erschöpfungsstrategie" referieren zu hören. Die Freie evangelische Gemeinde Wiesloch-Walldorf hatte ihn für einen öffentlichen Vortrag in ihrem Gemeindezentrum gewinnen können.

Jörg Berger stellte zunächst den Tiger vor, der seinen Buchtitel ziert und als Symbol dafür gilt, dass er viel leisten kann – aber nur, wenn es absolut notwendig ist. "Wenn keine Not ist, entspannt er", so Berger. Wie man Leistung energievoll abrufen kann, wollte der Psychotherapeut als ersten Aspekt seiner Strategie gegen Erschöpfung weitergeben. "Ich bin mir sicher, dass Sie alle diese Tigermomente in ihrer Lebensgeschichte haben", so Berger weiter. "Das waren Momente, in denen Sie aus einer inneren Freude und mit Leichtigkeit viel geleistet haben." Nicht immer könne man sich solche Situationen raussuchen.

"Erschöpfung ist eine gemeine Mischung aus Überforderung und Unterforderung", so der Psychologe. Eine gesunde Ausgewogenheit zwischen Aufgaben, die einen heraus- aber nicht überfordern, sei die zentrale Aufgabe, um einer Erschöpfung entgegenzuwirken. Wenn eine ungesunde Mischung zu lange andauere, dann reagiere das Nervensystem und eine Erschöpfungssituation trete ein. Diese solle man dann aber "feiern", forderte Berger etwas provokant. "Feiern" in dem Sinne, dass man sie nicht möglichst schnell überwinden sollte, sondern als eine Botin verstehen soll, die uns etwas sagen möchte. Man solle den Grund erforschen und angehen. Das können Dinge sein, die einen anstrengen. "Oder ein Mensch ist in unserem Leben, der uns anstrengt, auslaugt und blockiert", so Berger.

Gedanken seien manipulierbar, aber der Körper sei unbestechlich, so Berger. Deswegen seien Körperreaktionen ein guter Maßstab. Der Körper sei wie eine Ampel, der die Wahrheit über die Situation sage. In einer Übung forderte er die Vortragsbesucher heraus, an eine Situation und Beziehung zu denken, in der man sich nicht so sicher ist. Und er verwies wieder auf den Tiger, der im Zweifel die Situation verändert und sich aus dem Gebiet herauszieht, das ihm nicht guttut. Eine andere Möglichkeit wäre, einen entsprechenden Ausgleich zu schaffen.

Als zweiten Impuls gab der Referent weiter, dass man zum "Autor des eigenen Lebens" werden solle. Oftmals gebe es Wiederholungszwänge oder verhängnisvolle Personenkonstellationen, die zu viel Kraft abziehen. Ebenso solle man sich fragen, ob man jeden Konflikt, auch wenn man im Recht ist, ausfechten sollte oder dem Konflikt besser aus dem Weg geht.

Als nächsten Schritt empfahl Berger, unnötige Dinge wegzulassen, auch mal Nein zu sagen oder zu entschleunigen. Und man sollte nicht den falschen Menschen zu viel Einfluss geben. Jeder kenne Menschen, die Grenzen überschreiten, die einen einschüchtern oder viel Kraft rauben. Diese sollte man möglichst meiden.

Zum Abschluss wurde Berger persönlich und gab den Besuchern mit auf den Weg, dem Leben eine spirituelle Grundlage zu geben. Denn manchmal gebe es Belastungen, die seien so heftig, da brauche man Haltungen, die nicht in unserer menschlichen Natur sind. Demut nannte er als ein Beispiel und verwies auf Jesus: Er musste in seinem Leben viel an Schmähungen bis hin zu Morddrohungen aushalten. Wie er mit solchen Situationen umgegangen ist, das könne für den einen oder anderen inspirierend sein.

Man könne nicht beanspruchen, dass das eigene Leben leidfrei bleibe, so Berger. Das erfahre er auch ganz persönlich, insbesondere in den letzten Jahren. Jedoch helfe ihm diese spirituelle Grundlage, damit gut umzugehen und nicht in eine Art Ohnmacht zugeraten.

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