Schmökern ist gestattet, aber bitte nur kurz
Unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen haben Stadtbücherei Walldorf und Stadtbibliothek Wiesloch nun wieder geöffnet

Von Agnieszka Dorn
Walldorf/Wiesloch. Der Scanner hörte nicht auf zu piepsen, die zurückgegebenen Bücher stapelten sich ein wenig, allerdings fiel der Ansturm geringer aus als erwartet. Seit Dienstag ist die Stadtbücherei in Walldorf nach sechswöchiger Schließung unter verschärften Sicherheitsvorkehrungen wieder geöffnet. Aus der Not der zwangsbedingten Schließung im Zug der Coronapandemie machten Stadt und Bücherei eine Tugend, die Zeit wurde für zahlreiche notwendige Renovierungen genutzt.
"Die Renovierungsmaßnahmen sollten eigentlich im Sommer durchgeführt werden, wir haben sie nun vorverlegt und das Gröbste jetzt erledigt", erklärt Barbara Grabl, Leiterin der Stadtbücherei. Zwischenzeitlich wurden etwa die Teppiche teilweise erneuert, Wände wurden neu gestrichen und die Treppe zum Obergeschoss auf Vordermann gebracht. Laut der baden-württembergischen Corona-Verordnung hätte die Bücherei schon vor zwei Wochen öffnen dürfen, wegen der Umbaumaßnahmen kam es aber zur Verzögerung.

Zum Schutz der Besucher und der Mitarbeiter wurden sämtliche Sicherheitsvorkehrungen in die Wege geleitet, die auch in Geschäften gängig sind. Wer die Bücherei betritt, muss eine Mund-Nasen-Bedeckung tragen und zu anderen Besuchern den geforderten Mindestabstand von 1,50 Metern halten. Ein wenig zu schmökern, ist zwar möglich, allerdings sollte auf längeres Verweilen verzichtet werden. Wer früher in den Leseecken gemütlich bei einem Kaffee in der Hand in den Zeitungen geblättert hatte, muss darauf auf unbestimmte Zeit verzichten. Denn die Cafébar ist vorübergehend geschlossen und die Sitzgelegenheiten sind gesperrt. Weiterhin dürfen in der Bücherei weder der Kopierer noch das Internet benutzt werden. Zudem muss jeder Besucher einen Büchereikorb benutzen und generell dürfen nicht mehr als 15 Besucher zugleich im Gebäude sein.
"Es sind schon Einschränkungen, aber die Menschen sind einfach nur froh, dass wir wieder offen haben", berichtet Barbara Grabl. Weiterhin steht am Eingang Desinfektionsmittel bereit und die Mitarbeiter sind durch eine Plexiglasscheibe zusätzlich geschützt. Bevor die Bücher neu verliehen werden, kommen sie eine Woche "in Quarantäne", berichtet Barbara Grabl: Damit soll eine eventuelle "Schmierinfektion", also die Ansteckung über Viren, die an Gegenständen haften, verhindert werden. Für Büchereien gebe es zwar keine spezielle Handreichung, was zurückgegebene Medien betreffe, allerdings stehe in der Corona-Verordnung, dass zurückgebrachte Ware eine Woche in Quarantäne sein sollte.

Vor der Corona-Zwangsschließung gab es einen wahren "run" auf sämtliche Medien, berichtet Barbara Grabl. Ausgeliehen wurden jede Menge Kinderbücher, Bilderbücher, Bücher, Brettspiele und DVDs. "Wir haben in zwei Tagen so viel ausgeliehen wie normalerweise in einer Woche", erzählt die Leiterin. Normalerweise werden samstags zwischen 500 und 600 Medien verliehen, am Samstag vor der Schließung waren es in drei Stunden 2000. Damit keine Mahngebühren anfallen, wurde das Abgabedatum auf Mitte Mai verlängert und somit blieb der Ansturm am ersten Öffnungstag aus. Bereits seit dem 24. April hat die Wieslocher Stadtbibliothek für Besucher unter ebenfalls strengen Hygiene- und Abstandsregeln wieder geöffnet. Aufgrund des eingeführten "Buchtaschenservices", eine kontaktlose Ausleihmöglichkeit im Zuge der Zwangsschließung, blieb auch hier der Ansturm bei der Öffnung aus.
In die Bibliothek dürfen zurzeit nicht mehr als 30 Besucher, auch hier kann man beispielsweise ein Buch anlesen, allerdings sollte der Aufenthalt so kurz wie möglich sein. Eintritt ist nur mit Mund-Nasen-Bedeckung unter Wahrung des Mindestsicherheitsabstands erlaubt. Damit die Besucher nicht in Versuchung geraten, länger zu bleiben, wurden sämtliche Sitzmöglichkeiten entfernt und auch auf das Kaffeetrinken muss momentan verzichtet werden.

Das öffentliche Internet darf zwar genutzt werden, allerdings pro Besucher am Tag nur 15 Minuten und mit entsprechenden Handschuhen. Der Kinderbereich ist zugänglich. "Die Besucher nehmen es gelassen und halten sich daran", sagt Thomas Michael, der Leiter der Stadtbibliothek. Die Stimmung in der Bibliothek sei entspannt, es sei zu spüren, wie froh alle seien, dass sie wieder geöffnet hat.
Wer die Bibliothek betritt, gelangt durch ein Leitsystem zur Bücher-Abgabe- und Verleihstelle, am Eingang sitzt zudem eine Auszubildende, die die Besucher zählt. Auch in Wiesloch arbeiten die Mitarbeiter an Ausgabe und Annahmestelle hinter Plexiglas. Vor der Schließung gab es wie auch in Walldorf eine große Nachfrage nach sämtlichen Medien, laut Thomas Michael wurden Bücher für Kinder und Erwachsene, DVDs, Tonie-Figuren zum Abspielen von Hörspielen, sowie zahlreiche Brettspiele verliehen.
Die Bibliothek handhabt die Rückgabe aufgrund möglicher Schmierinfektion, indem sie alle Medien desinfiziert und einen Tag liegen lässt, erzählt Thomas Michael. Im Zug der Zwangs-Schließung wurde der "Buchtaschenservice" ins Leben gerufen, Medien konnten übers Internet, im Online-Katalog der Bibliothek, herausgesucht und bestellt werden. Die Herausgabe fand dann an einem Schalter an der Bibliothek statt, für die Rückgabe stand und steht weiterhin ein Rückgabekasten im Eingangsbereich des Gebäudes. "Der Service kam gut an, es wurden um die 300 Buchtaschen verliehen", erzählt Thomas Michael.