Neckargemünd

Gebühren für Kindergärten steigen nun doch

Der Gemeinderat revidierte die Ablehnung der Erhöhung. Der Bürgermeister hatte dem Beschluss wegen negativer finanzieller Folgen widersprochen.

30.08.2023 UPDATE: 30.08.2023 06:00 Uhr 4 Minuten, 43 Sekunden
Die Gebühren für die städtischen Kindergärten und Kindertagesstätten – hier der Kindergarten Feuertor – steigen entgegen eines vorangegangenen Beschlusses nun doch. Foto: Alex

Von Christoph Moll

Neckargemünd. Die Steine, die Bürgermeister Frank Volk und den Vertretern der Stadtverwaltung vom Herzen fielen, waren regelrecht zu hören. Mit einer denkbar knappen Mehrheit von elf zu zehn Stimmen bei drei Enthaltungen votierte der Gemeinderat für die Erhöhung der Kindergartengebühren um satte 8,5 Prozent ab September.

Was eine gute Nachricht für die städtischen Finanzen ist, trifft die Eltern hart. Danach hatte es zunächst nicht ausgesehen. Denn eigentlich hatte der Gemeinderat wie berichtet die Erhöhung mit zwölf zu zehn Stimmen – überwiegend aus den Reihen von Grünen und CDU – abgelehnt. Dies auch für die Gebühren für die Betreuung von Grundschulkindern im Hort (siehe unten). Doch Bürgermeister Volk hatte dem Beschluss wegen der massiven negativen Auswirkungen auf die städtischen Finanzen widersprochen – und so musste das Gremium nun erneut entscheiden.

Der Rathauschef betonte, dass er von einem erheblichen Schaden für die Stadt ausgehe. Deshalb sei der Widerspruch gemäß der Gemeindeordnung möglich. Durch die Nicht-Erhöhung würde der Stadt ein Schaden von rund 280.000 Euro pro Jahr entstehen. Die Lösung könne nicht sein, dass alle Neckargemünder die Kosten tragen oder andere Aufgaben nicht erfüllt werden können. Ein Verzicht auf eine Erhöhung stehe zudem im Widerspruch zur Verpflichtung zu einer sparsamen Haushaltsführung. Die Gebühren seien ohnehin weit entfernt von einer Kostendeckung.

Petra Groesser (Grüne) betonte, dass das "Neckargemünder Modell" mit Ermäßigungen bei mehr Kindern im Haushalt als Sozialstaffelung nicht ausreichend sei. Die Gebühren sollten nach dem Einkommen der Eltern gestaffelt werden. Jürgen Rehberger (Freie Wähler) meinte, dass vom Land finanzierte und somit für Eltern gebührenfreie Kindergärten leider Wunschdenken seien.

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Die Kommune könne dies nicht leisten. Deshalb müsse man in den sauren Apfel beißen und der Erhöhung zustimmen. Eine Ablehnung wäre kontraproduktiv. Eine Staffelung der Gebühren nach dem Einkommen der Eltern empfand Rehberger als in der Praxis nicht umsetzbar.

Maximilian Bernauer (CDU) meinte, dass man bei der prekären Haushaltslage alle Gebühren im Blick behalten müsse. Die geplante Erhöhung schränke ohnehin stark belastete Familien aber mehr ein. Man werde der Erhöhung deshalb nicht zustimmen. Sarah Striegel (SPD) schilderte, dass ihre Fraktion in dieser Frage zerrissen sei. Einerseits sehe man die städtische Haushaltslage. Andererseits dürfe frühkindliche Bildung nicht zum Luxusgut werden. Marco La Licata (Linke) ergänzte, dass Bildung ein Menschenrecht sei, das nichts kosten darf. Aus Gewissensgründen könne er nicht für die Erhöhung stimmen. Giuseppe Fritsch (fraktionslos) gab zu bedenken, dass Neckargemünd nicht reich sei.

Thomas Schmitz (Grüne) sah bereits eine große Belastung der Familien, die nicht noch größer werden dürfe. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie drohe weiter erschwert zu werden. Dies fördere ein antiquiertes Rollenbild. Weil er aber auch die finanzielle Lage der Stadt sehe, werde er sich enthalten, so Schmitz. Sein Fraktionskollege Hermino Katzenstein, der auch Landtagsabgeordneter ist, machte deutlich, dass auch das Land "jeden Euro umdrehen" müsse. Die Kinderbetreuung sei Aufgabe der Kommunen. Er forderte abermals eine Staffelung der Gebühren nach dem Einkommen der Eltern: "Andere Kommunen bekommen das auch hin."

Manfred Rothe (Freie Wähler) kritisierte, dass die Grünen hierfür kein Modell nennen, sondern immer nur eine Sozialstaffelung fordern. Außerdem forderte er seine Kollegen auf, bei einer Ablehnung der Erhöhung Vorschläge zu einer Gegenfinanzierung zu machen.

Winfried Schimpf (SPD) wollte auch eine Landesfinanzierung, sah aber die Realität: "So leid mir es tut: Die Belastung für Familien ist hart, aber die gesamtwirtschaftliche Lage können wir in Neckargemünd nicht retten." Jens Hertel (SPD) forderte mehr Druck auf das Land und erinnerte an einen Brief, den die Stadt vor einigen Jahren nach Stuttgart geschickt habe. Zusammen mit anderen Kommunen solle man erneut für die Gebührenfreiheit werben. Er werde "mit verkniffenen Augen" zustimmen, weil das Geld ansonsten einfach im Haushalt fehle. Nele Welter (Grüne) erinnerte daran, dass andere Kommunen eine Einkommensstaffelung schaffen – so zum Beispiel Heidelberg oder Gaiberg.

Bürgermeister Volk gab zu bedenken, dass einkommensschwache Familien Anspruch auf staatliche Unterstützung hätten. Viele Menschen hätten jedoch eine Scheu, diese zu beantragen. "Ich sehe nicht ein, dass die Stadt Neckargemünd ein eigenes Modell aufbaut", meinte er.

Die Stadt habe schlicht nicht die notwendigen Daten zum Einkommen ihrer Bürger und müsste diese erst von allen 530 Kindern erheben. Dies sei ein "Riesenaufwand". Man werde sich aber bei anderen Kommunen erkundigen. "Wir wissen, dass es schwierig ist und Arbeit macht", meinte Selina-Zoë Weber (Grüne). "Aber auch ein großer Berg wird in kleinen Steinen abgetragen." Wenn man wirklich eine Änderung wolle, müsse nun Schluss sein mit Ausreden.

Brigitte Oppelt (CDU) appellierte schließlich noch einmal: "Neckargemünd ist wie eine große Familie und Familien mit Kindern sind im Moment sehr belastet", meinte sie. "Deshalb sollten wir ein Zeichen setzen und die Gebührenerhöhung für ein Jahr aussetzen." Volk hielt dagegen: "Dann werden wir sparen müssen, was zulasten der Qualität geht." Dies überzeugte dann offenbar eine knappe Mehrheit, was bei Volk die eingangs erwähnten Steine purzeln ließ. "Wir hätten nicht gewusst, wo wir sparen sollen", gestand er.



Auch der Hort wird teurer

Nicht nur für die Kindergärten, sondern auch für die außerschulische Betreuung im städtischen Hort steigen die Gebühren ab dem 1. September um 8,5 Prozent. Dies hat der Gemeinderat mit zwölf zu neun Stimmen überwiegend aus den Reihen von Freien Wählern und SPD und bei drei Enthaltungen beschlossen. Auch diese Erhöhung war zunächst vom Gemeinderat abgelehnt worden, was wie bei den Kindergartengebühren wegen der großen finanziellen Auswirkungen zu einem Widerspruch durch Bürgermeister Frank Volk führte.

Der Rathauschef betonte nun, dass es sich bei der außerschulischen Betreuung um eine freiwillige Leistung der Stadt handele. Für diese könne man auch "andere Gebühren" verlangen. "Wir haben viel investiert in Hort- und Kernzeitbetreuung", gab er zu bedenken. So solle die im Alten Grundbuchamt geschlossene Igelgruppe weiter bestehen.

Selina-Zoë Weber (Grüne) wollte angesichts des Platzmangels im Hort wissen, ob auch Klassenzimmer der Grundschule für die Betreuung außerhalb der Schulzeit genutzt werden können. Dies verneinte Volk. Ohnehin bestehe ein "Riesen-Platzproblem" in der Grundschule. So hoffe man, dass der Klassenteiler bei den neuen vierten Klassen nicht überschritten werde. Volks Stellvertreter Jürgen Rehberger (Freie Wähler) wusste, dass zuletzt alle dritten Klassen von 28 Kindern besucht wurden. Ab 29 Kindern müsse eine Klasse geteilt werden, was weitere Räume notwendig mache. Auch die beiden Vorbereitungsklassen für Kinder von Geflüchteten würden Platz brauchen.

"Die Kapazitäten sind ausgereizt", konstatierte Rehberger. "Es gibt keine Möglichkeiten in der Schule mehr." Die bisherige Igelgruppe solle in einem sehr gut geeigneten Raum in der angrenzenden Banngartenhalle untergebracht werden. Zwei Vereine seien von diesen Plänen betroffen. Diese seien jedoch von Ausweichquartieren ganz begeistert gewesen, so Rehberger. Für die Umnutzung sei eine Baugenehmigung notwendig.

Zu Webers Idee meinte Rehberger, dass Kinder im Hort einen festen Platz benötigen würden. Für Klassenzimmer als Horträume erhalte man keine Zulassung. Rein rechtlich seien separate Räume notwendig. Matthias Hornung (SPD) meinte jedoch, dass die Stadt Klassenzimmer für den Hort bereitstellen könne. Und auch Nele Welter (Grüne) berichtete, dass ihre Kinder früher in Heidelberg nach der Schule im Klassenzimmer betreut worden seien. Bürgermeister Volk blieb dabei: "Es geht um zwei verschiedene Sachen."

Zur geplanten Gebührenerhöhung äußerte sich lediglich Marco La Licata (Linke): Diese sehe er hier anders als bei Kindergärten weniger kritisch. So sah es am Ende auch die Mehrheit.

(Der Kommentar wurde vom Verfasser bearbeitet.)
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