Mosbach: Ralph Schmitz verwandelte die Bühne in eine bessere Baustelle
Comedian Ralf Schmitz war in der ausverkauften Mälzerei "Aus dem Häuschen". Turbo-Klamauk mit tollen "Freiwilligen"

"Ich Idiot. Warum komm ich denn erst jetzt nach Mosbach?" Diese Erkenntnis kam dem Kölner Humoristen Ralf Schmitz am Ende seines Programms in der ausverkauften Mälzerei. Wen wundert’s? Vom Publikum wurde er mitunter buchstäblich auf Händen getragen. Fotos: Peter Lahr
Von Peter Lahr
Mosbach. "Was habt ihr als letztes renoviert? Wer von Euch ist ein Handwerker? Gehört ihr zusammen? Wie macht eine Bohrmaschine? Hast du mir eben an den Popo gefasst?" Ralf Schmitz ist ziemlich neugierig, als er sich am Freitagabend in der ausverkauften Alten Mälzerei in Mosbach ein Bad in der Menge gönnt. Diesmal muss die zweite Reihe dran glauben - und wenn der Comedian sich mal festgebissen hat, dann lässt er nicht so leicht locker.
"Aus dem Häuschen" überschreibt der Kölner sein Programm, weshalb er die Bühne in eine bessere Baustelle verwandelt hat. Mit Gerüst, Umzugskisten und Leitern. Zur Aufwärmrunde gibt’s Handwerkeranekdoten - inklusive der "Kardinalsausrede", die da lautet: "Das muss so." Beim kaputt installierten Waschbecken ist der Riss ein Schatten. Die Mauer in der falschen Etage fällt zum Glück gleich wieder in sich zusammen, und auch die diversen Immobilien-Anzeigen aus dem Internet - die auf Leinwand eingespielt werden - entbehren nicht unfreiwilliger Komik.
Doch eigentlich will Ralf Schmitz nur spielen. Zur Not mit Akkuschrauber und Bohrmaschine. Aber am liebsten mit dem Publikum. Dafür bedient er sich gerne der Mittel des Theatersports und allerlei technischer Raffinessen. "Ihr dürft bestimmen, was in der nächsten Szene passiert", ködert er seine Beute. Dass beim Stichwort "Lieblingswerkzeug" alle im Saal "Hammer" rufen, das kommt Schmitz "spooky" vor. "Habt ihr da draußen einen Klassensprecher gewählt?", hakt er nach. Auch für das Setting gibt es zahlreiche Vorschläge. Vom Baumarkt übers Bad bis zum Metzger reicht die Auswahl, aus der Nina schöpfen darf. Sie ist praktischerweise gleich die erste Freiwillige.
Bereits die Zurufe des Publikums bieten Ralf Schmitz viel Raum für Dialekt-Imitationen. Dass der stets überdrehte Mime dabei gerne selber am meisten über sich lacht, stört kaum jemanden. Als Thema mit Variationen gefällt die Einkauf-Szene bei "Obi", die Schmitz in diversen Gemütsverfassungen darstellen will. "Wut, Sex, Zoff, besoffen, Leidenschaft." Auch hier ist das Publikum fantasievoll - und kommt voll auf seine Kosten. Oder, um im O-Ton zu bleiben: "Die Muffen kommen ganz schön in Wallung."
Über kleine und große Katastrophen, Einkaufswägen mit "Joe-Cocker-Rad" und in Panik davonrennenden Fachverkäufern geht es weiter. "Bier leer, Finger ab, Klo verstopft." All das findet Beate langweilig. Die Frau in den besten Jahren entscheidet sich vielmehr für "Stromausfall" - und darf auf dem "Ohrensessel der toten Tante" zwischen Kartons auf der Mälzerei-Bühne Platz nehmen. "Ich spreche zwei Sprachen. Deutsch und Kaputtschisch", erklärt Schmitz, wie die nächste Szene funktioniert: Auf Klingelknopfdruck von Beate switcht er im Sekundentakt zwischen Sprache und Lauten.
An Slapstick wie er in Stummfilm-Zeiten en vogue war, erinnert Schmitz’ Ausflug in eine recht skurrile Gebärdensprache. Aus einem einfachen Interview mit Uli, die schon seit 30 Jahren tanzt - "30 Jahre Foxtrott - leck mich am A…" - inszeniert Schmitz eine Ohne-Worte-Performance, um die ihn jeder Klassenkasper beneiden würde.
Fehlt noch die Königsklasse der Unterhaltung: "Wir dürfen spielen, was wir wollen. Wir verleihen dem Abend Glamour. Wir singen ein Musical." So begrüßt Ralf Schmitz Sarah aus der ersten Reihe. Wagemutig entscheidet sich die junge Frau aus dem Publikum für eine Besenkammer als Ort der Handlung. Die verschiedenen Musikstile ermittelt der hinzugekommene Pianist. Nach Karneval, Schnulze und Luftgitarren-Heavy-Metal-Part geschieht das Wunder: Sarah singt mit - und bietet große Oper!
Ins Schwitzen kommt Ralf Schmitz dann beim Finale in der Mälzerei. Der Arme darf seinen Namensvetter, der sich in eine schlaffe XL-Puppe verwandelt hat, über die Bühne manövrieren. Kein Wunder, dass der Abend in Mosbach mit stehenden Ovationen endet - und mit "Blümchen" für die tollen Freiwilligen aus dem Publikum.