Plus Ministerpräsident im Neckar-Odenwald-Kreis

Kretschmann macht Halt bei Firma AZO

"Ich habe großen Respekt für das, was Sie hier leisten". Er habe Herausforderungen für Unternehmen im Blick.

18.02.2023 UPDATE: 17.02.2023 19:05 Uhr 2 Minuten, 28 Sekunden
Geschäftsführer Rainer Zimmermann (rechts neben dem Ministerpräsidenten) und weitere Vertreter von AZO führten Winfried Kretschmann durch die Hallen der Firma. Foto: D. Rechner

Neckar-Odenwald-Kreis. (dore) "Das ist ein denkwürdiger Tag für uns", begrüßte AZO-Geschäftsführer Rainer Zimmermann die Gäste, unter denen sich auch Landrat Dr. Achim Brötel, Minister Peter Hauk und Bürgermeister Jürgen Galm befanden, im Showroom der Osterburkener Firma.

Das Wort "denkwürdig" stand natürlich im unmittelbaren Zusammenhang mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne), der am Freitag auch bei AZO zu Besuch war. Doch Zimmermann und seine Frau Sabine hatten nicht nur warme Worte und ein Gastgeschenk für den Landesvater parat, vielmehr nutzten sie die Gelegenheit, um auf Probleme für hiesige Unternehmen aufmerksam zu machen.

"Mit allem, was sie vorgetragen haben – von der Überbürokratisierung bis zum Fachkräftemangel – haben wir uns beschäftigt und werden das auch weiter tun", sollte später die Antwort des Ministerpräsidenten lauten. Doch manches sei auch schwer zu lösen. "Ich habe vor wenigen Tagen mit meinen Mitarbeitern geredet: Wir müssen damit rechnen, dass wir bis 2035 sieben Millionen Fachkräfte verlieren."

Große Stellschrauben seien die Einwanderungspolitik, die Arbeitszeit und die Bürokratie. Der Prozess der legalen Einwanderung müsse verbessert werden, sodass deutlich werde: "Wer tüchtig ist, aus dem kann bei uns etwas werden." Gleichzeitig müsse die illegale Einwanderung verringert werden. Deutschland habe die geringsten Jahresarbeitszeiten der Industrienationen. Die Weiterqualifizierung sei auch ein ganz großes Problem und nicht zuletzt die Überregulierung – hier müsse man Formate finden, damit man schneller werde. Dass es möglich ist, habe der Prozess beim neuen Windrad in Altheim gezeigt.

Für AZO hatte er viel Lob übrig: "Ich habe großen Respekt für das, was Sie hier mit ihren Mitarbeitern leisten." Er betonte: "Wir geben unser Bestes, damit Wachstum und Wohlstand auch weiter bestehen können."

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"Was brauchen wir von der Politik?", hatte AZO-Geschäftsführer Rainer Zimmermann zuvor gefragt. "Wir als Deutschland brauchen global politisches Gewicht." Die Politik müsse neue Märkte eröffnen, auf Innovation setzen und somit Wachstum und Wohlstand sichern. Deutschland müsse führender Standort für Transformationstechnologien werden. Nachhaltige sowie digitale Innovationen müssten vorangetrieben und weltweit exportiert werden.

Die Aufgabe der Politik sei es, so Zimmermann, den Rahmen zu schaffen. "Politik mit und nicht gegen die Industrie machen", forderte er. Um relevant zu bleiben, brauche es eine "angebotsorientierte, marktwirtschaftliche Wirtschaftspolitik", betonte Zimmermann. Bei AZO habe man für viele der genannten Themen Lösungsansätze. Die Strategie des Unternehmens folge dem Motto "Act global – think local".

Ein mittelständisches Unternehmen im ländlichen Raum wünsche sich auch bezahlbare Energie und verlässliche Gaslieferungen, sagte Zimmermann. Zudem seien Entlastungen bei regulatorischen Vorschriften nötig. Er kritisierte in diesem Zusammenhang u. a. das neue Lieferkettengesetz, welches Unternehmen wie AZO Zeit koste und die Preise erhöhe oder den Gewinn schmälere.

Bevor auch Sabine Zimmermann mahnende Worte anschlug, gab sie einige allgemeine Informationen zu AZO. "Wir beschäftigen 1056 Mitarbeitende weltweit, der Gruppenumsatz betrug 2022 ca. 230 Millionen Euro." In Osterburken seien rund 780 Mitarbeitende tätig. Das Familienunternehmen AZO setze auf gut ausgebildeten, eigenen Nachwuchs. AZO bilde konstant ca. 65 Auszubildende und Studenten aus. Alarmierend sei jedoch, dass man immer mehr Ausbildungsplätze nicht besetzen könne.

Bei ihren kritischen Tönen griff sie u. a. den Punkt der Bildung auf: "Lehrer sind in meiner Erfahrung zu weit weg von den Berufsbildern und den Aufgaben in einem Unternehmen." Jugendliche sollten im Unterricht näher an Unternehmen herangeführt werden. Sie sprach auch den Fachkräftemangel an: "Dicke Bretter sind zu bohren." Und nicht zuletzt spüre das Unternehmen auch den demografischen Wandel besonders: "Ca. 200 Mitarbeitende gehen in Osterburken bis 2033 in Altersrente." Und Frauen seine in technischen Berufen nach wie vor unterrepräsentiert.

Auch beim Punkt Infrastruktur sah sie Nachholbedarf. So würden in der Region insbesondere weitere Wohn- und Gewerbeflächen, ein verlässlicher und enger getakteter ÖPNV, eine bessere Kinderbetreuung und flächendeckender Mobilfunk benötigt.

Ort des Geschehens

Nach dem Begrüßungsteil ging es weiter mit einer Führung durch die Fertigungshallen des Unternehmens, das Landrat Dr. Achim Brötel zuvor als "Aushängeschild für den Wirtschaftsstandort Odenwald" bezeichnet hatte.

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