Klassenzimmer mit Küche

So unterrichtet die Mosbacher NKG-Lehrerin von zu Hause aus

Alexandra Mann unterrichtet von zu Hause aus Französisch und Englisch - Wissensvermittlung mit Abstrichen - Die Sehnsucht wächst mit jeder Stunde

25.02.2021 UPDATE: 26.02.2021 06:00 Uhr 3 Minuten, 32 Sekunden
Alexandra Mann unterrichtet vom Esstisch aus. „Im Moment ist es die beste Alternative“, sagt die Gymnasiallehrerin. Ihr Ziel ist es, alle Schüler mitzunehmen und zu motivieren. Foto: Stephanie Kern

Von Stephanie Kern

Mosbach. Das Klassenzimmer hat eine Küche, das Schulhaus liegt im Neubaugebiet. Schule ist in Coronazeiten anders. Auch für die Lehrer(innen), denn auch sie sind seit dem 16. Dezember im Homeoffice. Alexandra Mann ist eine davon, die Lehrerin des Nicolaus-Kistner-Gymnasiums unterrichtet Englisch und Französisch – von zu Hause.

Beschwerden über Mehrarbeit hört man von Alexandra Mann nicht. Sie ist gut gelaunt, freundlich, eine verständnisvolle Lehrerin. Das trifft auch in Homeschooling-Zeiten auf die Pädagogin zu. Wenn man mit Alexandra Mann ein paar (Schul-)Stunden verbringt, sie beim Unterrichten beobachtet, dann fällt eines auf: Es ist nicht wie im Klassenzimmer. Nicht alle Kinder machen die Kamera an, bei manchen fällt das Mikro aus. "Kannst Du mich hören?" ist deshalb ein Satz, den Alexandra Mann relativ häufig sagen muss. Oder auf Französisch: "Tu m’entends?"

Die Lehrerin, deren zwei eigene Schulkinder auch auf dem Gymnasium sind, sagt aber: "Man merkt, dass man immer besser wird, man baut Hemmungen ab und man traut sich mehr zu, was den Online-Unterricht angeht." Im März 2020, als der erste Lockdown von heute auf morgen kam, da war sie auch im Krisen- und Organisationsteam der Schule dabei. "Damals bestand der Fernunterricht aus Aufgaben. Wir dachten uns, dass das für drei Wochen ist – und dann hätten die Aufgaben auch gereicht", erzählt Mann. Doch es war schnell absehbar, dass der Unterricht länger nicht im Schulhaus stattfinden kann. "Ich habe damals gesagt, dass wir was tun müssen. Wir haben dann günstig Gotomeeting-Lizenzen bekommen und so konnten wir auch arbeiten." Denn Fremdsprachen lernt man nicht, wenn man sie nicht spricht: "Die Hemmungen sind zu groß und man braucht das sprachliche Vorbild."

Jetzt, im nicht mehr ganz neuen Winter-Lockdown, wird der komplette Stundenplan als Online-Unterricht abgebildet. "Ja, es ist nervig und anstrengend", räumt die Gymnasiallehrerin ein. Allein ihre Stimme werde viel mehr als sonst in Anspruch genommen. "Aber es ist im Moment die beste Alternative."

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Dass die Schule als Lernort ausfällt, hat mehrere Ebenen: Der Stoff muss auf anderen Wegen erlernt werden, das ist eine dieser Ebenen. Freunde können sich nicht sehen, das Soziale fehlt, immer nur vor dem Bildschirm sitzen, das ist anstrengend – auch das gehört zum Wissen über Homeschooling. "Deshalb schreiben wir im März nun auch Klassenarbeiten mit allen Klassen fünf bis zehn in den Hauptfächern", berichtet Alexandra Mann. "Wir brauchen die Motivation und auch den Druck", sagt sie. "Am Anfang, im Januar, war die Motivation noch sehr hoch." Doch mit der Zeit kamen auch die Hemmungen, nicht jeder Schüler will sich in seinem Zimmer zeigen, nicht alle haben Lust, sich zu beteiligen, nicht alle schalten ihr Mikro ein. "Ich muss zugeben: Es ist auch für die Lehrer schwierig, die Motivation hoch zu halten", räumt Alexandra Mann ein. "Aber man muss es auch mal so sehen: In den Schulen hätten wir jetzt auch keinen normalen Präsenzunterricht."

Unterrichten ist die Leidenschaft der Pädagogin, sie liebt es, mit Kindern zu arbeiten, ihnen etwas beizubringen. Das spürt man auch während ihres Online-Unterrichts. Aber der stößt eben an Grenzen. Zum Beispiel bei der Übertragung. Wenn die Schüler französische Wörter nachsprechen sollen, schalten sie die Mikros stumm. "Sonst gibt es ein großes Chaos." Eine Schülerin verhaspelt sich beim Vorlesen immer wieder bei dem Wort "Gregoire". "Das wäre im Präsenzunterricht überhaupt kein Problem, da würde ich sofort dazwischen gehen und die Aussprache üben." Eine besondere Herausforderung hat Alexandra Mann auch noch bekommen: In einer ihrer Französischklassen wurde zum Halbjahr ein Mädchen eingeschult, das bisher noch keinen Französischunterricht hatte. Auch das wäre im Präsenzunterricht leichter zu lösen. "So vergesse ich das manchmal." Aber nicht lange, dann findet sie Lösungen für das Mädchen.

Familie Mann ist im Lockdown komplett zu Hause, der Ehemann macht Homeoffice im Büro, die Kinder lernen an ihren Schreibtischen, Alexandra Mann unterrichtet vom Esstisch aus. Auch das ist eine Herausforderung, die es zu meistern gilt. Ebenso wie der Online-Unterricht an sich: Mit nur einem Bildschirm bedeutet es ein ständiges Umschalten zwischen Tafelbild und Kameras, den Chat muss "Frau Mann" ebenfalls im Auge behalten. Und dann kommen noch andere Störungen dazu. "Anrufer 01, gib’ Dich bitte zu erkennen", sagt Alexandra Mann als jemand versucht, sich in das Meeting einzuschalten.

Möglicherweise ist es ein Schüler, möglicherweise aber auch nicht. "Wir versuchen, alle Schüler mitzunehmen", beschreibt Alexandra Mann das Ziel des Online-Unterrichts. Es gibt Unterstützung, wenn etwas nicht klappt, Leihgeräte oder auch die Möglichkeit, sich im Schulgebäude einzuloggen, wenn es zu Hause kein ausreichendes Internet gibt. "Ich würde sagen, dass es im Großen und Ganzen funktioniert, aber es gibt immer Kritiker, die es anders sehen."

Dass die Corona-Lockdowns ihre Arbeit verändert haben, hat nicht nur negative Auswirkungen. "Ich kann so oft einen moderneren Unterricht machen, Audio-Files und Videos abspielen oder Ähnliches." Denn im Schulhaus gibt es (noch) kein W-Lan in allen Klassenräumen. Hier sind der Overhead-Projektor oder der CD-Player oft noch das einzig einsetzbare Medium. Die Lehrer haben sich ebenfalls weiterentwickelt: "Vorlesungen bringen niemandem was, die Kinder brauchen auch ihre Arbeitsphasen und müssen vom Bildschirm weg", schildert Alexandra Mann ihre Erfahrungen.

Bei der Verabschiedung merkt man dann aber, dass auch der Lehrerin ihre Schüler fehlen. "Macht doch mal alle eure Kamera an. Es ist viel schöner, Euch zu sehen, als nur mit einem schwarzen Bildschirm zu sprechen." Während Alexandra Mann das sagt, sieht sie sehr zufrieden und auch glücklich aus. Man kann sich gut vorstellen, dass sie an dem Tag, an dem sie in ihr normales Klassenzimmer – ohne Küche und nicht im Neubaugebiet – zurückkehrt, über beide Ohren strahlen wird ...

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