Die Altstadt wurde zum großen Konzertsaal
Die Straßenmusik aus Château-Thierry eroberte Mosbach locker-leicht. 25 Multi-Instrumentalisten und Sänger begeisterten die Passanten.
Von Peter Lahr
Mosbach. Dass Europa bei allen aktuellen Wehklagen auch mal richtig toll klingen kann, das bewies am "Brückenwochenende" eine 25-köpfige Musikerschar aus der Mosbacher Partnerstadt Château-Thierry. Unter Leitung von Yves Pichard, dessen Großvater zu den Gründervätern der Partnerschaft gehört, wussten die Musiker vielfach zu begeistern. Schnell zeigte sich, dass sie nicht nur Meister des Blasmusikfachs sind, sondern Genregrenzen elegant zu überspringen vermochten.
Während am Freitagnachmittag und Samstag die Straßenmusik im Fokus stand, konzertierte das Ensemble am Samstagabend mit symphonischer Blasmusik in der Stiftskirche. Dort hatte bereits am Vormittag ein spontanes Lied aus der Barockzeit für Aufhorchen gesorgt. Die Musiker sind nicht minder versierte Sänger!
Bereits im letzten Jahr war eine achtköpfige Vorhut nach Mosbach gekommen, um die Lage zu sondieren. Damals half Christoph Roos, zwei Konzerte zu organisieren. Dieses Verdienst ließ ihn nun zum "Maskottchen" der Truppe werden.
Ausgestattet mit einem beeindruckenden Majorstab, durfte er die französische Fahnenträgerin unterstützen. "Dieses Ding sieht alt und ehrwürdig aus. Ich muss es nicht nur rauf und runter bewegen, sondern auch noch Kurven laufen", erläuterte der Mosbacher Musiker seine neue Aufgabe.
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Bis die Passanten am Freitagnachmittag endlich das Ensemble live erleben konnten, war allerdings etwas Geduld vonnöten. "Des sin Franzosen, des darf man alles net so eng sehen", mahnte Partnerschaftsbeauftragte Ursula Heckmann an. Drei Stunden probte das Ensemble im Rathaussaal, erst dann war Dirigent Yves Pichard überzeugt und ließ die Musiker auf den Marktplatz gehen.
Gleich fünf Mitglieder der Familie Pichard unterstützen das Ensemble, das altersmäßig von Schülern bis zu Senioren reicht. Mitglieder des örtlichen Musikvereins und des Musik-Konservatoriums spielen ebenso mit wie eine Musikschulleiterin, Profimusiker, eine Opernsängerin und Kirchenmusiker. Die Kooperation mit der Mosbacher Stadtkapelle, die Heckmann letztes Jahr anregte, trug also erstaunliche Früchte.
Bereits der Opener, das energiegeladene "Cazadanzki", ließ die Radtouristen aufhorchen. Der eben noch nahezu menschenleere Marktplatz war schnell gefüllt mit knapp 100 Zuhörern. "Super! Endlich mal was los in Mosbach", lautete ein begeisterter Kommentar. Dass die Combo nicht nur feurige Blasmusik kann, sondern auch logistisch bestens aufgestellt war, bewies sie mit "Gangnamstyle". Denn zu der durchaus tanzbaren Nummer bewegten sich die Musiker in zwei rotierenden Kreisbewegungen über die Pflastersteine.
Kaum war den Schönen der Copacabana gehuldigt – am Samstag wurde sogar das Wetter südländisch – marschierte die Brass-Band los. Der "Dixieland March" spornte zu einem leichten Galopptempo an. Mit diesem eroberten die Musiker die Hauptstraße im Nu. Da jubelten Passanten und Ladeninhaber. Nicht schlecht staunten auch die Gäste der Eisdiele am Ludwigsplatz, denen der "Crocodile Rock" das Gelato versüßte. Mit der Stärke des Espresso konnten die Musiker "facilmente" mithalten. Sie transportierten nicht nur ihre Instrumente, sondern spielten zudem mit einer unglaublichen Leichtigkeit.
"Der Dirigent ist der Enkel von Andre Pichard, der 1961 zum ersten Mal nach Mosbach kam, auf Einladung von Werner Tarun", verwies Danièle Briet auf die generationsübergreifende Freundschaftsgeschichte. Denn nach über zehn Jahren regen Austauschs freute er sich über die gelungene "Hochzeit" beider Städte 1974. Fast 50 Jahre später erhalten auch drei Urenkel das Austausch-Erbe lebendig und spielten kräftig mit.
Dass die Freundschaftsbande auch ganz leise geknüpft werden können, bewies am Samstag nach der Musik zur Marktzeit ein spontaner Renaissance-Chor aus Château-Thierry. "Mignonne, allons voir si la rose", ein Liebeslied aus der Feder von Pierre de Ronsard (Musik: Guillaume de Costeley) ermuntert dazu, jeden Tag zu genießen. Denn die nur einen Tag lang blühende Rose mahnt die Vergänglichkeit an. "Purpurkleid mit Perlbesatz", so schön kann Europa auch sein. Merci!