Hier könnte die nächste Wahl angefochten werden
Im Gemeinderat ist Adelsheim unter- und dafür die Stadtteile überrepräsentiert. Nun gibt es eine Einwohnerversammlung im Juni zur unechten Teilortswahl.

Adelsheim. (dore) "Die Kommunalwahlen 2024 werfen ihre Schatten voraus", leitete Bürgermeister Wolfram Bernhardt in der Gemeinderatssitzung am Montagabend zu einem Tagesordnungspunkt über, den die Gemeinderatsfraktionen zusammen in der Januar-Sitzung beantragt hatten. In dem Antrag hatten sie die Verwaltung aufgefordert, die aktuelle Sitzverteilung und die Auswirkungen einer Abschaffung der unechten Teilortswahl bis zur nächsten Sitzung zu überprüfen und dem Gemeinderat vorzulegen. Außerdem hatten sie vorgeschlagen, eine Einwohnerversammlung zu diesem Thema zu organisieren.
Die geforderten Informationen lieferte nun Andreas Wiltschko, der für den Bereich öffentliche Ordnung/Wahlen bei der Stadt Adelsheim zuständig ist. Die Zahl der Stadträte betrage in Adelsheim laut Hauptsatzung 15, im aktuellen Gemeinderatsgremium seien 16 Stadträte, weil eine Partei einen Ausgleichssitz erhalten habe, so Wiltschko. Die Anzahl der Sitze wird laut Gemeindeordnung nach der Einwohnerzahl festgelegt. In Gemeinden mit unechter Teilortswahl könne durch die Hauptsatzung bestimmt werden, dass für die Zahl der Gemeinderäte die nächstniedrigere oder die nächsthöhere Gemeindegrößengruppe maßgebend sei. Durch die Hauptsatzung könne auch eine dazwischenliegende Zahl der Gemeinderäte festgelegt werden. "In Adelsheim haben wir mit den 15 Gemeinderäten davon Gebrauch gemacht", so Wiltschko.
Von den derzeit 15 Sitzen in der Gesamtstadt kommen laut Wiltschko 9 auf Adelsheim, 4 auf Sennfeld und 2 auf Leibenstadt. Eine Musterberechnung zur aktuellen Sitzverteilung ergebe, dass Adelsheim mit ca. 13 Prozent unterrepräsentiert, Sennfeld mit ca. 14 Prozent überrepräsentiert und Leibenstadt mit ca. 49 Prozent ebenfalls überrepräsentiert sei. Vor dem Hintergrund des auch im Antrag der Adelsheimer Gemeinderatsfraktionen erwähnten Urteils des Verwaltungsgerichtshofes Baden-Württemberg vom 19. Juli 2022 zur Gemeinderatswahl in Tauberbischofsheim gewinne die Überprüfung der Sitzverteilung nochmals an Bedeutung, erklärte Wiltschko. In Tauberbischofsheim war eine Neuwahl des Gemeinderats wegen einer Klage nötig geworden. Eine Bürgerin hatte erfolgreich gegen die Kommunalwahl 2019 geklagt, weil sie ihren Ortsteil – gemessen an der Einwohnerzahl – im Gremium unterrepräsentiert sah. Der Verwaltungsgerichtshof gab ihr Recht.
Wende man das Urteil von Tauberbischofsheim auf die aktuelle Sitzverteilung an, müsse man zu dem Ergebnis kommen, dass auch in Adelsheim ein Ungleichgewicht der Repräsentation bestehe, sagte Wiltschko. "Würde man die aktuelle Sitzverteilung beibehalten, besteht die Gefahr, dass die nächste Gemeinderatswahl angefochten werden kann."
Es gebe zwei Möglichkeiten, auf diese Problemstellung zu reagieren, so Wiltschko: entweder eine Änderung der Sitzverteilung oder die Abschaffung der unechten Teilortswahl. Die unechte Teilortswahl sei in Paragraf 14 der Hauptsatzung der Stadt Adelsheim verankert. Folglich könne sie durch eine Änderung der Hauptsatzung abgeschafft werden.
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Weitere Auswirkungen der Abschaffung der unechten Teilortswahl seien: "Es gibt keine Ausgleichssitze mehr und das Wahlverfahren wird einfacher." Außerdem habe die Erfahrung in Gemeinden, in denen die unechte Teilortswahl abgeschafft wurde, gezeigt, dass danach die Wahlbeteiligung steige, das Stimmenkontingent besser ausgeschöpft werde, es weniger ungültige Stimmen gebe und es leichter werde, Bewerberinnen und Bewerber für den Gemeinderat zu gewinnen, erläuterte Wiltschko.
Auf Nachfrage von Gemeinderätin Heide Lochmann erklärte Wiltschko: "Die Erfahrungen bei den Gemeinden, in denen die unechte Teilortswahl abgeschafft wurde, haben gezeigt, dass dadurch die kleinen Orte noch mehr profitieren." Bürgermeister Wolfram Bernhardt bestätigte das: "Bislang hat das dazu geführt, dass noch mehr Personen aus den kleinen Orten in das Gremium gewählt werden."
Auf Nachfrage von Gemeinderat Marco Rieß, wann die Satzung geändert sein müsse, damit dies für die Kommunalwahl im kommenden Jahr Gültigkeit habe, antwortete der Bürgermeister: "Drei Monate vor der Wahl, die voraussichtlich im Mai/Juni stattfinden wird, muss die Bekanntmachung erfolgen, und vorher muss die Satzung genehmigt sein."
Der Gemeinderat nahm die Informationen zur Kenntnis. Außerdem stimmte das Gremium einstimmig dafür, eine Einwohnerversammlung mit der Tagesordnung "Unechte Teilortswahl: Information über die aktuelle Situation und eventuelle Abschaffung der unechten Teilortswahl" am Freitag, 16. Juni, um 19 Uhr in der Eckenberghalle durchzuführen. Die Veranstaltung wird von einem externen Experten des Städtetags begleitet. Da dieser jedoch am ursprünglich angedachten Termin der Einwohnerversammlung (30. März um 19 Uhr) nicht dabei sein hätte können, habe man sich auf den Termin im Juni verständigt, so Wiltschko.