Die Veranstalter sind "am Boden zerstört"
Wegen akuter Waldbrandgefahr hat die Stadt Oberzent das Musikfestival "Sound of the Forest" untergesagt - Auch "Finki" in Gefahr

Sonne, See und Live-Musik: So hatten sich viele das Festival "Sound of the Forest" auch in diesem Jahr vorgestellt. Foto: sös
Von Carsten Blaue
Oberzent. Es sollte wieder die große Party werden. Vier Tage lang wollten sie ab Donnerstag tanzen, campen und fröhlich sein. Die Bands, die Macher und die 5000 Fans vom "Sound of the Forest". Und sie wollten das zehnjährige Jubiläum des beliebten Musikfestivals am idyllischen Marbach-Stausee im Odenwald feiern. Doch daraus wird nichts. Am Mittwochmittag hat die Stadt Oberzent als Genehmigungsbehörde den "Sound of the Forest" untersagt. Wegen der trockenen Witterung und der erhöhten Waldbrandgefahr. Ausgerechnet in diesem Jahr! "Wir sind am Boden zerstört", sagte Fritz Krings, der Vorsitzende des Trägervereins, der genauso heißt wie das Festival.

Fritz Krings. Foto: privat
Rund 100 Helfer haben Urlaub genommen, in den vergangenen Tagen bis zur Erschöpfung geschafft, um alles aufzubauen und das Schlimmste doch noch abzuwenden. Die örtliche Feuerwehr hatte bereits am Freitag pro Minute rund 6000 Liter aus dem Stausee in die angrenzenden Wälder geblasen, um die Trockenheit in den Griff zu bekommen: "Die machen daraus ein Feuchtbiotop", hatte Vereinspressesprecher Jo Megow am Freitag am Telefon noch gute Laune. Die war schon am Montag nicht mehr so gut. Nach Begehungen mit Behörden stand der "Sound of the Forest" mächtig auf der Kippe: "Zu 90 Prozent Absage am Morgen, rund 60 Prozent am Nachmittag": Megow wollte die Hoffnung noch nicht aufgeben. Am Mittwoch wich sie der frustrierenden Ernüchterung: "Und gerade als die Nachricht von der Absage kam, ging hier ein ganz kleiner Regenguss nieder", erzählte Krings: "Es ist zum Heulen".
Der Marbach-Stausee liegt nicht nur auf Oberzenter Gemarkung, sondern auch auf Mossautaler und Erbacher Gebiet. Die drei Bürgermeister hatten sich in den vergangenen Tagen beraten. Dazu die Polizei, die Wald-Behörde "Hessenforst", der Odenwaldkreis, Feuerwehr und Rettungsdienste: "Und wir waren uns alle einig. Wir hatten keinen Ermessenspielraum", sagte Oberzents Rathauschef Christian Kehrer. Er musste der Überbringer der schlechten Nachricht sein. Die Sicherheit und Gesundheit der Besucher stünden an erster Stelle, hieß es in der Mitteilung. Und dass der Marbach-Stausee bis auf Weiteres "für sämtlichen Publikumsverkehr" gesperrt sei.
Die Verwaltung erkannte zudem an, dass der Verein als Veranstalter "Vorkehrungen getroffen" habe, um das Festival zu retten. Doch die Absage sei unumgänglich. Kehrer und seine Kollegen aus Mossautal und Erbach waren am Mittwoch noch am Festivalgelände, um die angespannten Gemüter des "Sound of the Forest" zu besänftigen: "Ich kann sie alle verstehen", beteuerte Kehrer. Trotzdem war nichts zu machen. "Wir bedauern das sehr", betonte Krings. Er verstehe Kehrer ja auch. Der Oberzenter Rathauschef sei erst seit einem Monat im Amt und gehe auf Nummer Sicher. "Dennoch hatte ich gehofft, dass unsere Maßnahmen reichen. Zumal von den Behörden nicht ein Vorschlag kam, wie wir das Festival irgendwie doch noch umsetzen können", so der Vereinsvorsitzende.
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Sauer sei er aber nicht, versicherte Krings, um danach auf das von einem Waldbrandexperten mitentwickelte Konzept zur Waldbrandverhütung hinzuweisen, das es für den "Sound of the Forest" schon seit dem ersten Mal gibt. Das sehe nicht nur die Waldbewässerung auf Basis von nötigen Mengenberechnungen vor, so Krings. Waldstraßen und -wege würden gesperrt. Es gebe ein Feuer-, Rauch- und Grillstättenverbot. Zudem einen Evakuierungsplan "für doppelt so viel Leute, wie kommen". Pyrotechnik sei auch verboten. Außerdem gebe es eine Funkpatrouille, und unter den Helfern seien auch Feuerwehrleute, die sich auskennen. Auch in Sachen Elektrik habe man fachmännische Unterstützung. "Das alles hat nicht ausgereicht": Krings klang frustriert.
Das Forstamt Beerfelden erklärte am Mittwoch, warum es aus seiner Sicht nicht reicht. Das Festivalgelände grenze an drei Seiten an den Wald, und auch die Hauptzufahrt erfolge über Waldwege, so eine Sprecherin. Das Forstamt bezweifle, dass ein Rauchverbot im Wald und an seinen Rändern bei so vielen Besuchern effektiv umgesetzt werden könne. "Wildes Grillen" sei ebenso kaum kontrollierbar wie heiß gelaufene Fahrzeuge über trockenen Böschungen. Schließlich sei die derzeit in Hessen ausgerufene Waldbrandalarmstufe A eine "Ausnahmesituation".
Verdient haben Krings und sein Verein mit dem "Sound of the Forest" nie etwas. Ohne Sponsoren geht es nicht. Ob die Absage Folgen für die Zukunft des Festivals hat, weiß Krings jetzt noch nicht: "Wir müssen mal sehen, was passiert", sagte er. Ebenso offen ist noch, wie die Rückgabe der Tickets für das Wochenende abgewickelt wird. Das Festival war wohl ausverkauft. Fans aus ganz Deutschland hatten sich angesagt, dazu welche aus Polen, Frankreich, Spanien, England und der Schweiz. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen steht, dass bei einer Absage der Anspruch auf Erstattung des Eintrittspreises ohne Vorverkaufsgebühr besteht.
Und wenn es mit dem Wetter so weitergeht, müssen sich auch die Organisatoren des Krautrock-Festivals im Oberzenter Ortsteil Finkenbach Gedanken machen. Das "Finki" soll am 10. und 11. August steigen: "Wenn es nicht regnet, haben wir auch da kein Ermessen", sagte Kehrer: "Aber da sind wir noch in der Prüfung, unter welchen Voraussetzungen es stattfinden könnte."