CDU verliert bekannte Stadträte und überrascht mit neuen Namen
Die Partei stellt sich für die Gemeinderatswahl im nächsten Jahr auf.

Mannheim. (alb) Seit 1984 ist er mit Unterbrechungen Stadtrat, fast 20 Jahre lang vertrat er Mannheim im Bundestag, und er ist sogar Ehrenvorsitzender seines Kreisverbands: Egon Jüttner ist eine Institution in der CDU. Mit seinen dann 82 Jahren wollte der emeritierte Pädagogik-Professor aus Sandhofen bei der Kommunalwahl am 9. Juni 2024 wieder kandieren. Doch daraus wird höchstwahrscheinlich nichts.
Eine parteiinterne Findungskommission und der Kreisvorstand wollen Jüttner nicht mehr auf die 48 Namen – so viele Sitze hat der Gemeinderat – umfassende CDU-Liste setzen. Das letzte Wort haben die Mitglieder beim Parteitag am nächsten Samstag, 2. Dezember, auf dem Waldhof. Der brüskierte Jüttner soll nach einem Medienbericht damit liebäugeln, auf der Liste einer noch zu gründenden Wählervereinigung zu kandieren.
Der Politikroutinier ist in den vergangenen fünf Jahren fast allen Gremiensitzungen ferngeblieben. Christian Hötting, der Kreisvorsitzende der CDU, spricht gegenüber der RNZ gar von einem "Komplettausfall". Der stets entschuldigte Jüttner führte für sein Fehlen private und berufliche Gründe an. "Bei all seinen großen Verdiensten für die Stadt und die Partei sehen wir nicht, dass sich das in Zukunft ändern soll", so Hötting.
Jüttner lieferte sich eine jahrelange Fehde mit dem früheren Bundestagsabgeordneten und Kreisvorsitzenden, dem über den Maskenskandal gestolperten Nikolas Löbel. Auch an dessen Nachfolgern in der Partei ließe er kein gutes Haar und keine Gelegenheit aus, diese zu kritisieren.
Eine von ihnen, Katharina Funck, tritt ebenfalls nicht mehr an – aber freiwillig. "Mein Fokus liegt auf der Familie", sagt die berufstätige Mutter von zwei Kindern. "Das lässt sich auf Dauer nur schlecht unter einen Hut bringen, sofern man das Mandat ernst nimmt und über die verpflichtenden Sitzungen hinaus Einsatz bringt", erklärt die 40-Jährige weiter.
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Auch Stadtrat Thomas Hornung geht von Bord. Er war vor sechs Jahren von den Grünen in die CDU gewechselt und hatte Löbels Wahlkreisbüro geführt. Bundesweit in die Schlagzeilen geriet Hornung, als er auf einem Parteitag die Live-TV-Schalte des SWR "sprengte". Der Naturschützer nennt die Doppelbelastung durch Beruf und Amt als Rückzugsgrund.
Punkten will die CDU bei der Kommunalwahl unter anderem mit neuen und überraschenden Namen aus der Stadtgesellschaft. Allen voran Michael Grötsch. Der geht Ende Februar nächsten Jahres als Bürgermeister für Wirtschaft, Kultur und Soziales in den Ruhestand. Er bliebe als Stadtrat weiterhin – und dann ehrenamtlich – Teil der Verwaltung, wie es die Gemeindeordnung vorsieht. Grötsch sieht in seiner Kandidatur ein Bekenntnis zur Stadt, der er etwas zurückgeben wolle.
Neu auf der Liste ist zudem Julia Wege, Professorin für Soziale Arbeit und Gründerin der Beratungsstelle "Amalie" für Prostituierte in der Neckarstadt-West. Wege hatte sich bereits im OB-Wahlkampf für Christian Specht engagiert, von dessen Sieg sich die CDU ebenfalls Rückenwind erhofft.
Die Frauenrechtlerin hatte in einer im Juni 2020 ausgestrahlten ZDF-Dokumentation Kritik an der Stadt geübt – zum Ärger des damaligen Oberbürgermeisters Peter Kurz (SPD). Mit Sengül Engelhorn, Ehefrau von Fabian Engelhorn, dem geschäftsführenden Gesellschafter des Modehauses, sowie Christian Lamadé, Inhaber der gleichnamigen Tanzschule, gibt es zwei weitere prominente Neuzugänge auf der Liste. Bei der letzten Kommunalwahl holte die CDU für sie enttäuschende neun Sitze. Nach dem Wechsel von Chris Rihm zu den Grünen dezimierte sich die Fraktion weiter.
"Wir wollen uns verbessern und mindestens zweistellig werden", gibt Kreisverbandschef Hötting als Ziel aus. Fünf CDU-Politiker wollen erneut das Ticket für den Gemeinderat buchen, darunter Professor Alfried Wieczorek, früherer Leiter der Reiss-Engelhorn-Museen.