Auf dem Mannheimer Turley-Areal entstehen drei alternative Wohnprojekte
Geschaffen wird Wohnraum für Gruppen – Sie teilen sich nicht nur Räume, sondern auch Bankkredite

Von Gerhard Bühler
Sie tragen ungewöhnliche Namen wie "13haFreiheit", "SWK" (Solidarischer Wohn- und Kulturraum) oder "UmBAU2-Turley". Gemeinsam ist diesen Gruppen der Wunsch nach einer alternativen Wohn- und Lebensform in einer Gruppe Gleichgesinnter. Bereits im Sommer konnten alle Mitglieder in ihre Häuser im Turley-Areal einziehen. Bei einem Tag der offenen Tür stellten sie nun ihre Wohnprojekte und Ideen vor.
Noch gleicht das Gelände der ehemaligen Turley-Kaserne in der Neckarstadt einer großen Baustelle. An vielen Orten wird gleichzeitig gearbeitet, manche Gebäude sind bereits fertig, andere noch nicht einmal im Bau. Auch bei den neuen Häusern der gemeinschaftlichen Wohnprojekte stehen noch Restarbeiten an. Seit dem Sommer leben und wohnen hier inzwischen über 100 Menschen.
Das größte Projekt gehört der Gruppe "13haFreiheit". Sie hat das denkmalgeschützte, um das Jahr 1900 errichtete Gebäude Nr. 472 der einstigen Kaiser-Wilhelm-Kaserne gekauft und saniert. Aus den Räumen der Soldaten entstanden 29 Wohnungen. "Wir sind voll belegt, hier leben 51 Erwachsene und 15 Kinder", erzählt Bewohnerin Evelyn Beyer. Singles, Paare, Familien und Wohngemeinschaften, Jung und Alt, Behinderte und Nichtbehinderte wohnen hier zusammen. Für gemeinsame Aktivitäten gibt es den großen Gemeinschaftsraum.
Einen schmucken dreigeschossigen Neubau mit Dachterrasse hat sich nebenan die Gruppe SWK hingestellt. Im Haus gibt es Privaträume, dazu Gemeinschaftsräume für alle. Die vor einigen Jahren gegründete Gruppe besteht derzeit aus 18 jüngeren Erwachsenen und vier Kindern, erzählt Bewohnerin Lena Werner. Gleich daneben hat die Gruppe UmBAU2-Turley auf vier Geschossen einen ökologischen, CO2-neutralen Neubau errichtet. In zwölf Wohnungen leben rund 30 Menschen, Singles, Paare und Familien.
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Für den Umbau der großen Kaserne wurden 4,5 Millionen Euro kalkuliert. "Dazu haben wir viel zurückgebaut und einiges an Eigenleistung hineingesteckt", erzählt Bewohner Michael Boltz. Zusätzliche Eigenleistung war auch beim 2,6 Millionen Euro-Neubau von UmBAU2-Turley gefragt. "Wir haben 8,50 Euro pro Quadratmeter Kaltmiete erreicht", zeigt sich Bewohner Günter Bergmann zufrieden. Nur 7,60 Euro Miete pro Quadratmeter zahlt Werner von SWK. Gekostet habe das Haus 1,8 Millionen Euro. Finanziert wurden die drei Projekte nach dem so genannten "Syndikatsmodell". Gegründet wird pro Haus jeweils eine Hausbesitzer-Gesellschaft, die als Vermieter auftritt. Ihre beiden Gesellschafter sind die Hausgemeinschaft der Bewohner sowie ein bestehender, bundesweiter Verbund von inzwischen 112 Hausprojekten.
So wird ein späterer Verkauf des Hauses blockiert. Für die eigentlichen Baukosten wird Geld eingesammelt, Einlagen von Bewohnern, vor allem jedoch Direktkredite von Menschen, die diese Idee des Wohnens unterstützen möchten und dafür eine kleine Verzinsung erhalten. Die Lücken schließen normale Bankdarlehen. "Wir sind alle nur Mieter. Die Abbezahlung des Hausbaus findet über die Mieten statt", erläutert Bergmann das Prinzip. Von 112 Hausprojekten sei bisher nur eines gescheitert.
Weil in Turley kein Platz mehr ist, soll auf Sullivan, einem Teilareal von Franklin in Käfertal ein weiteres gemeinschaftliches Wohnprojekt entstehen. Hier werden noch Mitbewohner gesucht.
Info: www.epizentrum-mannheim.de sucht Mitbewohner.