OB Dieter Gummer zieht Jahresbilanz
Megabauprojekt HÖP veränderte Stadtzentrum - Bahnlärm-Streit erreichte 2018 neue Dimensionen

Der Streit der Stadt Hockenheim mit der Bahn spielte im vergangenen Jahr eine große Rolle in der Kommunalpolitik und wird die Rathausspitze weiter beschäftigen. Foto: Lenhardt
Von Harald Berlinghof
Hockenheim. Es gibt ein Thema in Hockenheim, das sich wie ein roter Faden durch das abgelaufene Jahr zieht: der Streit mit der Bahn. Der Disput aufgrund des Lärms, der von deren Strecke ausgeht, reicht zurück bis ins Jahr 1986.
Nach 32 Jahren haben die Hockenheimer genug. In zwei gerichtlichen Auseinandersetzungen versucht man jetzt, zu seinem Recht zu kommen. Das erste Klageverfahren richtet sich gegen die Absicht der Bahn, entlang der Güterzugstrecke eine nach Ansicht der Stadt viel zu kleine und niedrige Lärmschutzwand zu errichten. Man fordert mehr. In einem zweiten Verfahren nimmt die Stadt die Klage gegen die Nichteinhaltung einer öffentlich-rechtlichen Vereinbarung mit der Bahn wieder auf.
Dort verpflichtete sich die Bahn, bestimmte Grenzwerte einzuhalten - was sie nie tat. "Das wird in meiner restlichen Amtszeit bis zum 31. August aber bestimmt nicht mehr abgeschlossen werden können", erläuterte Hockenheims Oberbürgermeister Dieter Gummer im Gespräch zum Jahresabschluss gegenüber der RNZ.

Oberbürgermeister Dieter Gummer hofft, dass das Hochwasserschutz- und Ökologieprojekt (HÖP) bis zum Ende seiner Amtszeit am 31. August abgeschlossen ist. Foto: Lenhardt
Was aber zum Abschluss kommen sollte, erzählt Gummer weiter, ist das rundum erfreuliche Hochwasserschutz- und Ökologieprojekt (HÖP), das die Umgestaltung des Kraichbachs zu einem Naherholungsraum mitten in der Stadt vorsieht. "Es würde mich freuen, wenn ich das Projekt, das mich so lange begleitet hat, noch zu Ende bringen könnte", betont der scheidende Oberbürgermeister. Denn das Projekt ist ein wenig in zeitlichen Verzug geraten. Der finanzielle Rahmen liegt bei insgesamt 14 Millionen Euro, wovon die Stadt gut drei Millionen Euro beisteuern muss. Zwei spektakuläre Brückeneinhebungen gab es in diesem Jahr, die Einweihungen erfolgten im November. Zuvor wurde das neu gegrabene Bachbett geflutet.
Der Tag der offenen Baustelle im Juli war bei prächtigem Wetter bestens besucht. "Die Bevölkerung nimmt das Megaprojekt sehr gut an. Selbst frühere Gegner sind inzwischen davon überzeugt. Das wird das Gesicht der Hockenheimer Innenstadt verändern", ist sich Gummer sicher. 2004 gab es die erste Infoveranstaltung zum HÖP. Die Bürgerbeteiligung in Hockenheim wurde danach konsequent weiter entwickelt.

Zu der Informationsveranstaltung zum Bau eines Pflegeheims in dem Gebiet "Biblis IV" im vergangenen Dezember kamen viele interessierte Hockenheimer in die Stadthalle. Foto: Lenhardt
Das Jahr 2018 war geprägt von den Veranstaltungen zur Suche nach Gelände für sozialen Wohnraum. Im Dezember ging dann es in der Stadthalle um die Neuerrichtung des Pflegeheims Offenloch im Biblis 4- Gewann. Man hat in Hockenheim gelernt, die Bürger intensiv an großen Projekten zu beteiligen. Bürgerinitiativen spielen dabei eine wesentliche Rolle dabei.
Die Bürgerinitiativen Stille Schiene (BISS), die Bürgerinitiative im Biblis (BIB) oder auch die Anwohnerinitiative "Uns stinkts" (AUS) treten dabei jeweils lautstark und selbstbewusst auf.
Ein Skandälchen, das weit über Hockenheim hinaus Aufmerksamkeit fand, spielte sich im August im Aquadrom ab. Dort hatte ein Bademeister eine Frau, die mit Burkini baden wollte, des Bads verwiesen. Rassismus- und Diskriminierungsvorwürfe wurden laut. Nach einigem Hin und Her wurde die Angelegenheit durch Gespräche der Betroffenen untereinander geklärt. "Wir sind uns einig, dass sich alle Teile der Gesellschaft gemeinsam gegen Rassismus und Diskriminierung positionieren müssen", hieß es in einer danach veröffentlichten Erklärung.
Das Aquadrom, das jährlich 320.000 Besucher anzieht und trotzdem ein Defizit von 2,5 Millionen Euro aufweist, wurde in den vergangenen Jahren für vier Millionen Euro modernisiert. "Jetzt ist vorerst einmal Schluss", erklärte Gummer. Die Stadtwerke als Betreiber des Aquadroms haben sich einen neuen Markenauftritt geleistet.
"Mittendrin - Nebenan" soll signalisieren, dass man auch die Bewohner der Nachbargemeinden als potenzielle Kunden sieht. "Wir sind klein, glücklich und gesund", betont Gummer. Trotzdem müsse man angesichts der Konkurrenz wachsen. Aufregung gab es auch um die Gustav-Lesemann-Schule. Ihr Namensgeber wurde als Befürworter der Euthanasie im Dritten Reich ausgemacht. Die Schule wurde umgetauft und heißt jetzt Schule am Kraichbach.

Georg Seiler (Zweiter von links), Geschäftsführer des Hockenheimrings, und Oberbürgermeister Dieter Gummer (rechts) bei der Grundsteinlegung des Porsche Experience Centers. Foto: Lenhardt
Der Hockenheimring machte 2018 auch ohne Großkonzerte positive Schlagzeilen. "Wir hatten eine tolle Formel-1- Veranstaltung mit über 70.000 Besucher. Das gab es in meiner Amtszeit noch nie so", bilanziert der Oberbürgermeister erfreut. Außerdem konnte die Formel 1 für das Jahr 2019 gesichert werden. Mit dem Porsche Experience Center wurde zudem ein neuer Ankermieter für das Motodrom gewonnen. Im Oktober erfolgte die Grundsteinlegung.
Mit dem Beitritt zum Fahrradverleihsystem VRNnextbike, dem Aufbau zusätzlicher Stromtankstellen, dem Beitritt zur "Fair-Trade-Town"-Bewegung im September und dem Engagement bei "Plant for the Planet" hat sich die Stadt auch ökologisch positioniert. Dieter Gummer übernahm im März die Schirmherrschaft über das Projekt "Plant for the Planet".
Vier Hockenheimer Schülerinnen hatten den Stein ins Rollen gebracht. Aktuell engagieren sich 63.000 jugendliche Botschafter für das Projekt weltweit. Ihr Ziel: 1000 Milliarden Bäume pflanzen. Der erste in Hockenheim wurde an der Hartmann-Baumann-Schule in die Erde gesetzt.
Im Jahrhundertsommer gab es keine Probleme mit dem Feiern im Freien. Sogar die Oldtimerbesitzer konnten ohne Regen-Befürchtung ihre Schmuckstücke auf dem Zehntscheunenplatz zeigen. Der weiße Spargel-Samstag am Wasserturm war ein voller Erfolg. Beide Veranstaltungen hatte sich der Hockenheimer Marketingverein ausgedacht.
Im Hardtwald freuten sich der Nabu und die Mitarbeiter des Forstamtes, dass der vom Aussterben bedrohte Ziegenmelker wieder da ist. Und beim BASF Firmencup rund um den Hockenheimring waren wieder 16.500 Läufer am Start. Einer, der sonst immer dabei ist, fehlte allerdings. Dieter Gummer war aus privaten Gründen verhindert. "2019 mache ich wieder mit", verspricht er.