Plus BASF in Ludwigshafen

Handwerker in schwindelerregender Höhe

Günstig und sicher: Die BASF greift für Arbeiten an ihren Anlagen auf die Hilfe von Industriekletterern zurück.

01.12.2023 UPDATE: 01.12.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 5 Sekunden
Klassischer Einsatz für Industriekletterer: An dieser 65 Meter hohen Fackel im BASF-Werk auf der Friesenheimer Insel muss ein Ventil getauscht werden. Foto: Döring

Von Andrea Döring

Ludwigshafen. Die Schrauben des Ventils lassen sich nicht lösen. Ein größerer Schraubenschlüssel muss her. Doch einfach den Azubi losschicken, um das Werkzeug zu holen, ist nicht möglich. Die Ventile, die Schlosser Martin Steudle austauschen will, befinden sich in schwindelerregender Höhe. Auf der 65 Meter hohen Fackel der Aromatenanlage im BASF-Standort auf der Friesenheimer Insel helfen deshalb die Industriekletterer Marvin Ebenweiser und Tobias Kurz von der Firma RMI Industrieservice beim Aus- und Einbau der Ventile. Etwa 50 überwiegend männliche Kletterer beschäftigt die mittelständische Firma mit Sitz in Gevelsberg in der Nähe von Dortmund.

Die BASF und viele andere Firmen setzen mittlerweile zunehmend Industriekletterer ein. Oft können die Unternehmen so den Bau von Gerüsten sparen. Bei der BASF sind am Standort Ludwigshafen 20 bis 50 Kletterer täglich für verschiedene Fachfirmen im Einsatz. Die Mitarbeiter müssen nicht nur Klettertechnik und Höhenrettung beherrschen, sondern haben auch ein Handwerk gelernt.

Im Laufschritt besorgt Max Hornoff, Standortleiter von RMI bei der BASF, den benötigten Schraubenschlüssel. Zusammen mit anderen Werkzeugen und einer Kiste voller Getränke zieht ein großer, roter Kran den leuchtend gelben Korb in die Höhe. Gespannt verfolgt Martin Beck, Senior Construction Manager für Gerüstbau und Seilzugangstechnik bei der BASF, wie Hornoff vom Korb auf die Fackel klettert, obwohl er gut nach BASF-Standards gesichert ist. Mit dem Kopf im Nacken schaut er zusammen mit dem Montagekoordinator Seilzugangstechnik, Ringo Werner, auf die Fackel am Rande der Wiese auf dem BASF-Gelände.

Ein Koordinierungsteam für den Einsatz von Industriekletterern am Standort Ludwigshafen sei 2015 eingerichtet worden, ist vonseiten der BASF zu erfahren. Mitte des Jahres setzte der Konzern dafür extra die "Kompetenzstelle Seilzugangstechnik" ein. "Rund 3000 zertifizierte Kletterer gibt es in Deutschland, aber nur 200 bis 300 Industriekletterer", schätzt Markus Mauser, Projektleiter und stellvertretender Geschäftsführer bei RMI.

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"An Land wie auf See" ist RMI Industrieservice im Einsatz, ist auf der Homepage des Unternehmens zu lesen. Im Energie- und Bausektor, beim Stahl- und Rohrleitungsbau übernimmt oder hilft RMI, wenn Unternehmen Anlagen errichten oder abbauen wollen, sie instandsetzen, warten, reinigen oder dekontaminieren müssen. Auch auf die Errichtung von Personen-Schutznetzen ist die Firma spezialisiert.

Oben auf der Fackel bei der BASF hängen Kurz und Ebenweiser halb über dem Geländer, um das alte Ventil unter Anleitung von Schlosser Steudle zu lösen. An Hornoffs Gürtel hängen zahlreiche Arbeitsgurte, Seile, Schlingen aus Stoff und aus Stahl und Karabiner für die Sicherung und Rettung von sich und anderen. "Der Einsatz von Industriekletterern erhöht die Sicherheit und senkt die Kosten. Die BASF muss sparen", erklärt Senior Construction Manager Beck. "Es gibt nicht so viele Handwerker, die auch Profi-Kletterer sind", sagt er.

An der Felswand hängen und die Aussicht ins Tal genießen: So fing Mausers Kletterleidenschaft an. Als Gebirgsjäger bei der Bundeswehr hat er sein Hobby zum Beruf gemacht. In Berlin fing er 2002 als Industriekletterer an. Nicht alle Einsatzorte sind so idyllisch wie die Fackel. "Eng, dunkel, heiß und laut", schildert der Industriekletterer-Chef den Einsatz in der Rückstands-Verbrennungs-Anlage. Mit Atemschutz und Gebläse auf dem Rücken, Schutzanzug und Handschuhen säubern die Kletterer die Anlage.

Die Fackel auf der Friesenheimer Insel ist ein angenehmerer Arbeitsplatz. Von hier oben blickt man über den Rhein hinweg auf die Anlagen und Fackeln der BASF auf der rheinland-pfälzischen Seite. Hier gibt es viel zu tun für Industriekletterer.

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