BASF-Unglück

Ursache geklärt - Darum kam es zur Explosion

Gutachten bestätigt Fehlverhalten eines Arbeiters - Staatsanwalt spricht von "Verkettung unglücklicher Umstände"

22.12.2017 UPDATE: 23.12.2017 06:00 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden
Nach der Explosion am 17. Oktober brannte es auf dem BASF-Gelände in Ludwigshafen. Das tödliche Unglück wurde offenbar durch einen Schnitt in eine Leitung mit brennbarer Flüssigkeit verursacht. Foto: Einsatzreport Südhessen/dpa

Von Alexander Albrecht

Ludwigshafen. Gleich drei spektakuläre Prozesse werden das Frankenthaler Landgericht auch im kommenden Jahr beschäftigen. Vermutlich kommt 2018 noch ein vierter Fall mit überregionaler Bedeutung hinzu. Dann wird sich der Arbeiter einer Fremdfirma verantworten müssen, der mit seinem mutmaßlichen Fehlverhalten den Brand und die verheerenden Folgeexplosionen am 17. Oktober 2016 in einem Rohrleitungsgraben im BASF-Nordhafen verursacht hat.

Wie der Leitende Oberstaatsanwalt Hubert Ströber gestern der RNZ auf Anfrage bestätigte, belege jetzt ein von der Behörde in Auftrag gegebenes Brandgutachten, dass der Mann statt eines geleerten ein mit brennbarer Flüssigkeit gefülltes Rohr mit einem Winkelschleifer angeschnitten hat. Die Ermittlungen hätten sich recht schnell auf den Mitarbeiter konzentriert, sagte Ströber. Der erfahrene Angestellte einer externen Spezialfirma für Rohrleitungsbau aus der Region war schon seit mehreren Jahren immer wieder auf dem Gelände des Chemieriesen in Ludwigshafen im Einsatz. Bei dem Unglück kamen vier Werkfeuerwehrleute und ein Matrose ums Leben. 30 Menschen wurden verletzt, acht davon schwer.

Das Gutachten schließt laut Ströber sämtliche anderen Ursachen aus. So habe der Experte weder Mängel an den technischen Anlagen im Nordhafen entdeckt, noch gebe es Anhaltspunkte für ein weiteres Verschulden. Somit werde auch eine mögliche Teilschuld der BASF nicht mehr untersucht.

Der Mitarbeiter der Fremdfirma und ein Kollege hatten zwei Tage vor dem Unglück damit begonnen, Rohrstücke an einer geleerten und gespülten Propylen-Pipeline auszutauschen. Die Arbeiten seien täglich kontrolliert worden, sagte BASF-Werkleiter Uwe Liebelt. Am Vormittag des 17. Oktober 2016 schnitt dann einer der beiden mit der Flex eine mit Raffinat gefüllte Pipeline an.

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"Uns ist nicht erklärlich, wie es zu dieem menschlichen Versagen kommen konnte", so Liebelt. Den Recherchen des Brandexperten zufolge war ein 15 Zentimeter langer Schnitt an dem acht Millimeter dicken und klar gekennzeichneten Rohr gesetzt worden. Ganz bitter: Es war die mit der brennbaren Flüssigkeit gefüllte Seite der Leitung, die beschädigt wurde. Die andere Seite sei leer gewesen, sagte Ströber.

"Vor allem die Tatsache, dass der Schnitt seitlich gesetzt wurde, war fatal", führte der Staatsanwalt weiter aus. Das durch Funkenflug entzündete Raffinat sei zur Seite entwichen und habe dabei unter anderem eine Ethylenleitung im Rohrgraben erhitzt. Daraufhin kam es zu einem Großbrand mit Folgeexplosionen. Die Ethylenleitung wurde 30 Meter weit geschleudert.

Die Werkfeuerwehrleute, die zwischenzeitlich versuchten, den Brand zu löschen, hatten keine Chance. "Wäre der Schnitt nach oben auf dem Rohr erfolgt, hätten sich danebenliegende Pipelines nicht entzündet, und alles wäre glimpflicher abgelaufen", sagte Ströber.

Er sprach von einer "Verkettung unglücklicher Umstände". Deshalb und wegen des hohen Risikos einer Eigenverletzung, zu der es laut Ströber "dann ja auch kam", schließt die Staatsanwaltschaft Vorsatz aus. Der Behördenleiter rätselt ebenso wie Liebelt, wie der Arbeiter diesen großen Fehler machen konnte. Drogen oder Alkohol sind nicht im Spiel gewesen, so viel sei sicher.

Gegen den Mann wird wegen fahrlässiger Tötung, fahrlässigem Herbeiführen einer Explosion und fahrlässiger Brandstiftung ermittelt. Er hat sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert. Ströber vermutet, warum: "Die Anwälte raten ihren Mandanten in dieser Situation oft, das Ende der Ermittlungen abzuwarten."

Das könne durchaus noch einige Monate in Anspruch nehmen. Ströber hofft, dass der Mann in dieser Zeit Stellung nehmen wird. Die Staatsanwaltschaft will noch in der ersten Hälfte des neuen Jahres darüber entscheiden, ob sie Anklage erheben wird. Dann käme es nach Babymord, Unternehmermord und Seniorenmord tatsächlich zum vierten großen Prozess in Frankenthal.

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