Plus Protest gegen  die Räumung

268 Heidelberger waren in Lützerath

Sie protestierten gegen den Abriss des Ortes und die Verbrennung der Braunkohle: "Die Stimmung und Hilfsbereitschaft haben beeindruckt."

16.01.2023 UPDATE: 16.01.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 4 Sekunden
Dominik Ohlmeier war einer von 268 Heidelbergern, die in Lützerath demonstrierten. F: zg

Von Joris Ufer

Heidelberg. Obwohl der Ort Lützerath beinahe geräumt ist, haben am Samstag mehr als 15.000 Menschen noch einmal mit einer Großdemonstration gegen den Braunkohleabbau protestiert. Im Zuge dessen reisten auch viele Heidelbergerinnen und Heidelberger an, darunter Vertreter von "Psychotherapists for Future", "Lützerath unräumbar" sowie zahlreiche unabhängige Menschen aus der Stadt.

Viele Gruppen sind mittlerweile aus der von "Fridays for Future" initiierten Protestkultur hervorgegangen. Die Heidelberger Ulrike Stalitza-Erche und Dominik Ohlmeier engagieren sich bei "Psychotherapists for Future" und waren mit dabei in Lützerath, um gegen den Abriss des kleinen Ortes zu protestieren. "Ich wollte die Aktion vor Ort unterstützen, um meinen Widerstand gegen einen faulen Kompromiss zu zeigen", sagt Ohlmeier mit Blick auf den sogenannten Kohlekompromiss. Zudem habe er sich als Helfer bereithalten wollen. "In dieser Situation wird mit dem staatlichen Gewaltmonopol gegen Demonstranten vorgegangen", sagt er. "Viele könnten damit auf Dauer überfordert sein und brauchen vielleicht psychologische Unterstützung." Trotzdem bewundere er die Entschlossenheit der letzten Demonstrierenden, die am Sonntag noch auf Bäumen und unter der Erde ausharrten, sagt Ohlmeier.

Als Sprecherin des Bündnisses "Lützerath unräumbar" hat Soraya Kutterer die fünf Busse mitorganisiert, mit denen die 268 Heidelberger zur Demonstration gefahren sind. "Ich möchte für eine bessere Welt kämpfen und bin überzeugt, dass wir das noch schaffen können", erklärt sie. "Für viele ist das Problem Klimawandel aber entweder zu abstrakt oder sie werden vor lauter Angst handlungsunfähig." Für die Psychotherapeutin Stalitza-Erche gibt es aber einen Ausweg aus diesem Dilemma. "Es ist, wie wenn ein Arzt seinem Patienten eine schlechte Diagnose mitteilt", sagt sie. "Da kann es helfen, auch die schlimmen Folgen der Krankheit durchzuspielen." Danach müsse der Blick aber auf Veränderungen gerichtet werden, mit denen man etwas verbessern könne.

Doch nicht nur Bündnisse, sondern auch Einzelpersonen waren Teil der Proteste – so wie die Dolmetscherin Larissa Weigel. "Eigentlich gibt es in diesem Stadium der Klimakrise keine Kompromisse mehr, die in Ordnung wären", kritisiert sie. "Vor Ort in Lützerath hat mich diese positive Stimmung und die Hilfsbereitschaft unter völlig Fremden beeindruckt." Handlungsmöglichkeiten sieht sie vor allem im persönlichen Umfeld. Viele Bekannte seien zunächst schockiert gewesen, als sie von ihrer Teilnahme an der Demonstration erzählt habe. Nachdem sie das Thema mit ihnen genauer diskutiert habe, hätten sich aber auch viele überzeugen lassen, sagt Weigel.

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"Die Bundesregierung macht sich zum Handlanger der fossilen Industrie", sagt "Lützerath unräumbar"-Sprecherin Soraya Kutterer. Vor Ort habe es im Zuge dessen auch "krasse Polizeigewalt" gegeben. "Gewalt kann natürlich von keiner Seite der richtige Weg sein", sagt Ulrike Stalitza-Erche. Ihr Ehemann Juri Erche fügt hinzu: "In den Medien wird aber der größte Fokus auf Auseinandersetzungen gelegt, dabei sollte es doch um die eigentliche Sache gehen."

Auch wenn Lützerath in Teilen schon nicht mehr steht – für die fünf Aktivisten waren die Proteste trotzdem ein Erfolg. Für Soraya Kutterer liegt das vor allem an der Aufmerksamkeit, die erzeugt wurde. "Lützerath ist nicht nur deutschlandweit Thema", sagt sie. "Aktivistinnen und Aktivisten aus aller Welt haben uns kontaktiert." Am Ende bleibt eine Protestbewegung, die bunter und vielfältiger nicht sein könne. "Wir sitzen hier am Tisch aus den verschiedensten Ecken zusammen", erklärt Ulrike Stalitza-Erche. "Und so müssen wir auch das Thema Klimaschutz auf vielen Schultern tragen."

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