"Medizin am Abend" in Heidelberg

Den "Goethe-Blick" schafft nicht jeder

Prof. Gerd Auffarth zur Korrektur der Alterssichtigkeit - Die Augenklinik forscht an modernsten Kunstlinsen

22.03.2018 UPDATE: 23.03.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 13 Sekunden

Bei "Medizin am Abend" im Hörsaal der Kopfklinik erläuterte Prof. Gerd U. Auffarth, der Ärztliche Direktor der Universitätsaugenklinik, wie man der Alterssichtigkeit mit moderner Chirurgie begegnen kann. Foto: Philipp Rothe

Von Birgit Sommer

Heidelberg. Scharf sehen zu können, ist wichtig für das Wohlbefinden des Menschen. 80 Prozent der Sinneseindrücke gehen über das Auge. Zwar ist es eigentlich das Gehirn, das sieht - der Sehnerv gilt als Teil des Gehirns -, doch die Probleme macht das Auge, diese 24 Millimeter große Kugel. Eines trifft irgendwann jeden: die Alterssichtigkeit. Wenn man nur noch unter größter Anstrengung oder gar nicht mehr lesen kann, ist der natürliche Alterungsprozess des Auges schuld. Was sich da verändert und was die moderne Medizin dagegen tun kann, erläuterte Prof. Gerd Auffarth, der Chef der Universitäts-Augenklinik, bei "Medizin am Abend", der Vortragsreihe von Uniklinikum und RNZ.

Nach dem 40. Lebensjahr lässt das Sehvermögen bei den meisten Menschen nach. Die Augenlinse ist nicht mehr in der Lage, sich richtig zu wölben, um in der Nähe scharf zu stellen. Während fast zwei Drittel der Deutschen sowieso eine Sehhilfe nutzen, sind es laut Auffahrt etwa die Menschen im Mittelmeerraum und in Südamerika, die lieber keine Brille aufsetzen wollen. Die weltweit führenden Experten für die modernsten Verfahren, Alterssichtigkeit mit Kunstlinsen zu korrigieren und diese Techniken weiterzuentwickeln, sitzen aber tatsächlich in Heidelberg: das Team um Gerd Auffarth.

Wieder einmal reichte der Hörsaal in der Kopfklinik nicht aus, um alle Zuhörer aufzunehmen, die das spannende Thema verfolgen wollten und zum Schluss auch noch ihre Fragen stellen konnten. Prof. Auffarth beschrieb den Alterungsprozess des Auges, der sich nicht aufhalten lasse, und stellte auch gleich klar: "Alterssichtigkeit ist für die Krankenkassen keine Krankheit, sondern ein Zustand. Sie bezahlen nicht bei einer Korrektur."

Wie eine solche Korrektur jenseits von Lesebrillen aussehen könnte, zeigte er sehr unterhaltsam und in vielen Bildern. Die Monovision, der "Goethe-Blick", könnte eine Lösung sein: Wenn ein Auge weitsichtig, das andere kurzsichtig ist, sieht man in jeder Entfernung gut. Diese Situation kann er mit Kontaktlinsen, mit Lasereingriff oder mit einem Inlay in die Hornhaut schaffen. Mithilfe eines Femtosekundenlasers kreiert er hier eine Tasche für die Linse. Allerdings: Nicht jedes Gehirn kann den "Goethe-Blick" verarbeiten, wenn es dies nicht von klein auf gewohnt ist.

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Überhaupt, so Prof. Auffahrt, sei zur Auswahl der Patienten ein eingehendes persönliches Gespräch wichtig. Nicht jeder kommt mit allem zurecht, was die moderne Medizin bieten kann. Multifokallinsen beispielsweise können theoretisch viele Sehschwächen korrigieren, bis hin zur Hornhautverkrümmung. Sie lassen das Auge in der Nähe, in Zwischenbereichen, etwa vor dem Computer, und in der Ferne scharf blicken. Künstliche Intraokularlinsen werden in Deutschland jährlich 800.000 Mal eingesetzt - bei Operationen des Grauen Stars. Das ist Routine. Wenn sich jedoch das einfallende Licht auf mehrere Brennpunkte im Auge verteilt, kann es laut Auffahrt zu Kontrastverlusten und zu Blendungserscheinungen um Lichtpunkte kommen ("Halos"). Die Experten der Uniklinik arbeiten aber längst an Linsen mit verbesserter Tiefenschärfe, und wie das dann im Gehirn ankommt, zeigte Auffarth an markanten Aufnahmen.

Gibt es in Zukunft eine Kunstlinse, die sich nahtlos einstellen lässt? "Seit 15 Jahren forschen wir daran", erklärte Prof. Gerd Auffarth. Linsen, die ihre Form wandeln, Flüssigkeiten, die die Brechkraft verändern, gar Konzeptstudien an Linsen mit Batterien: "Technisch machbar wird das in den nächsten Jahren sein", weiß der Heidelberger Experte, und: "Wenn Sie so etwas sehen, werden Sie es bei uns sehen. Wir sind weltweit in der Entwicklung führend."

An der Universitätsaugenklinik laufen auch immer wieder Studien, bei denen Patienten mit diesen modernsten Linsen versorgt werden. Teilweise müssen die Teilnehmer dafür bestimmte Voraussetzungen erfüllen, dürfen beispielsweise am Auge noch nie operiert worden sein oder nicht unter einem schweren Brechkraftfehler leiden.

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