Heidelberg

Wie man mit Inhaftierten Theater macht

Nathalie Veit und Anna Timme zeigten Studierenden der Hochschule Fresenius, wie Theaterpädagogik in der JVA Bruchsal eingesetzt wird.

02.06.2025 UPDATE: 02.06.2025 04:00 Uhr 2 Minuten, 8 Sekunden
Nathalie Veit (2.v.l.) und Anna Timme (3.v.l.) berichten den Studierenden Nina Oetken, Michelle Niemz und Sophia Blusch und Dozentin Teresa Kaya von der Hochschule Fresenius (v.l.) über ihr Konzept der Resozialisierung durch Theater. Foto: Philipp Rothe

Von Laura Kress

Heidelberg. Resozialisierung durch Theater – das ist das Konzept von Nathalie Veit und Anna Timme. Jede Woche besuchen die Theaterpädagoginnen von "freikreathur" die JVA Bruchsal, um mit den Inhaftierten eigene Stücke zu entwickeln. Mit welchen Methoden sie dabei arbeiten, haben sie in den letzten zwei Monaten den Studierenden der Sozialen Arbeit an der Hochschule Fresenius erklärt. Im Rahmen des neuen Schwerpunktmoduls "Ästhetik und Kulturelle Bildung" gaben die Theaterpädagoginnen den Studierenden einen Einblick in ihren Arbeitsalltag.

"Wir waren überrascht, als wir von dem neuen Kurs gehört haben", erzählt die Studentin Michelle Niemz. Schließlich sind Soziale Arbeit und Theaterpädagogik nicht ohne Grund verschiedene Studiengänge. Die Studierenden stellten aber schnell fest, dass die Ziele der beiden Fachrichtungen dieselben sind. "Wir haben nur unterschiedliche Mittel, um sie zu erreichen", meint Niemz.

Studiengangsleiterin Teresa Kaya, die selbst einmal am Mannheimer Nationaltheater gearbeitet hat, hat das Modul ins Leben gerufen. "Ich habe schon früh die Kraft des Theaters kennengelernt", erzählt sie. "Es ist wichtig, diese körperorientierten Ansätze ins Studium zu integrieren." Gleichzeitig möchte Kaya mit dem Modul einen Blick über den Tellerrand ermöglichen. "Soziale Arbeit ist nicht nur Kinder- und Jugendarbeit", erklärt sie. "Es ist wichtig, auch andere Bereiche kennenzulernen." Die Theaterpädagoginnen erzählten den Studierenden deshalb, wie ihre Arbeit im Gefängnis aussieht.

Jeder Inhaftierte darf bei Veits und Timmes Kurs mitmachen. Egal, wie lange er noch in der Justizvollzugsanstalt bleiben muss. Egal, welche Straftat er begangen hat. Letzteres wollen die Theaterpädagoginnen auch gar nicht wissen. "Wir gehen komplett blanko in unsere Kurse rein", sagt Veit. Die Inhaftierten würden im Haftalltag schon genug mit ihrer Tat konfrontiert. "Bei uns geht es nur um die Kunst und um den Menschen", erklärt Timme.

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Zusammen mit den Teilnehmern entwickeln Veit und Timme Theaterstücke, in denen viele Teile ihrer Biographie verarbeiten. "So reflektieren sie ihren Lebensweg und finden einen Zugang zu ihren eigenen Emotionen", erklärt Veit. Als Nächstes steht mit Shakespeares "Was ihr wollt" aber auch mal ein klassisches Theaterstück auf dem Programm. Das Gesamtergebnis präsentiert der Kurs dann Freunden, Verwandten und anderen Inhaftierten im Rahmen einer Ausführung. Die Kostüme dafür haben sie sogar einmal von der Badischen Landesbühne gestellt bekommen.

An der Hochschule Fresenius berichteten die Theaterpädagoginnen aber nicht nur von ihrer Arbeit, sondern sie zeigten den Studierenden auch viele praktische Übungen. Mithilfe von Statusübungen lernten die Studierenden etwa, ihr eigenes Auftreten zu reflektieren. "Es ist ganz wichtig, wie wir uns vor der Gruppe verhalten", meint Veit. "Wenn wir nicht gut drauf sind, kann das die Stimmung der gesamten Gruppe trüben." Ein Ansatz, der auf die verschiedensten Felder der sozialen Arbeit übertragbar ist. "Natürlich ist es auch wichtig, wie ich vor den Kindern auftrete", sagt Studentin Niemz, die ein Praktikum in der Kinder- und Jugendarbeit absolviert hat.

Um den Studierenden einen noch tieferen Einblick in ihre Arbeit im Gefängnis zu geben, unternahmen sie außerdem eine Exkursion in die JVA Bruchsal, sprachen dort auch mit einem Teilnehmer des Theaterprojekts. "Normalerweise fährt man da nur dran vorbei. Es war schon spannend, das mal von innen zu sehen", so die 23-jährige Niemz. Gleichzeitig weiß sie, dass eine Arbeit in der JVA für sie nicht infrage käme. "Dafür bin ich wohl zu schüchtern. Ich bleibe lieber in der Kinder- und Jugendarbeit." Die Methoden, die sie im Kurs der Theaterpädagoginnen gelernt hat, will sie trotzdem anwenden.

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