Geht der Heidelberger Nahverkehr bald in die Luft?

Hochbahn wäre für Stadtplaner die ideale Lösung für das Neuenheimer Feld - Infoveranstaltung bei der CDU

07.07.2016 UPDATE: 08.07.2016 06:00 Uhr 2 Minuten, 24 Sekunden

So könnte die Hochbahntrasse im Neuenheimer Feld aussehen. Repro: Studio Mobile Concepts/Nils Herbstrieth

Von Holger Buchwald

Es ist ein Traum: Eine Mutter steigt mit ihrem Sohn am Hauptbahnhof in die Zwölf-Mann-Kabine ein und drückt auf dem Display die Haltestelle "Zoo". Wenn nun kein anderer Fahrgast auf dieser Strecke zu- oder aussteigen will, fahren die beiden ohne Stopp über den Neckar bis zum Ziel. Diese Idee ihrer Hochbahn "Univercity-Shuttle" stellten Nils Herbstrieth und Uwe Weishuhn von "Studio Mobile Concepts" auf Einladung der Heidelberger CDU nun in der Gaststätte "Zum Achter" vor.

Der Bau einer Straßenbahn auf dem Neuenheimer Campus ist mit der jüngsten Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs auf unabsehbare Zeit verschoben. Trotzdem drängen die Verkehrsprobleme auf eine Lösung. Auch deshalb wird derzeit der Masterplan für das Universitätsgelände in den städtischen Gremien diskutiert. Für CDU-Stadtrat Alexander Föhr ist es der richtige Zeitpunkt für Ideen abseits der klassischen Ansätze wie der Fünften Neckarquerung oder der Campusbahn. Dass Herbstrieth und Weishuhn nach der Gerichtsentscheidung ihre zehn Jahre alte Idee einer Hochbahn wieder ausgegraben haben, kommt da gerade recht.

Hintergrund

Vor zwölf Jahren wurden ähnliche Pläne vorgestellt

hö. Bereits vor zwölf Jahren lancierte "Studio Mobile Concepts" den Plan einer Hochbahn vom Bahnhof ins Neuenheimer Feld, angelehnt an die H-Bahn in Dortmund. Ausgangspunkt war damals die verfahrene Diskussion um eine

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Vor zwölf Jahren wurden ähnliche Pläne vorgestellt

hö. Bereits vor zwölf Jahren lancierte "Studio Mobile Concepts" den Plan einer Hochbahn vom Bahnhof ins Neuenheimer Feld, angelehnt an die H-Bahn in Dortmund. Ausgangspunkt war damals die verfahrene Diskussion um eine Fünfte Neckarquerung. Diese Debatte ist genauso untot wie die einer Straßenbahn in diesen Campus - und so wurde das alte Konzept in aufgepeppter Form wieder aus der Versenkung geholt. Denn damals interessierte sich kaum jemand für die Idee, wie einer ihrer Erfinder Nils Herbstrieth in der RNZ klagte. Lediglich die Freien Wähler luden zu einem Informations- und Diskussionsabend ein - und waren als einzige politische Kraft durchaus angetan von dieser Idee.

Deutlich zurückhaltender war damals beispielsweise Ute Grenier von der Universitätsverwaltung: "Das alles löst unser Problem nicht." Und Dieter Teufel vom Umwelt-Prognose-Institut kam zu dem Ergebnis, dass die Fahrgäste der Hochbahn eigentlich nur sieben Prozent des werktäglichen Verkehrs ausmachen könnten.

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Die Universität habe gute Gründe, warum sie sich gegen eine Straßenbahn wehrt, meint Herbstrieth. Schließlich ist der Klinikring nur über zwei Kreuzungen mit der Berliner Straße als Hauptverkehrsachse verbunden. Und da bisher alle Verkehrsmittel ebenerdig fahren, kommt es häufig zu Konflikten. "Deshalb hatten wir die Idee einer kreuzungsfreien Trasse", sagt Herbstrieth. Da aber eine U-Bahn zu teuer sei, habe man sich für die Hochbahn entschieden. Eines der Vorbilder ist die H-Bahn auf dem Gelände der Technischen Universität Dortmund, die bereits 1984 eingeweiht wurde. Mit den Geschäftsführern dort hatten Herbstrieth und Weishuhn bereits Kontakt. Die Technik, die den beiden vorschwebt, ist aber viel ausgereifter und moderner. Sie soll es ermöglichen, dass sich die Kabinen an den Haltestellen überholen können und nur dann halten, wenn ein Passagier sie anfordert. Eines macht Herbstrieth aber auch deutlich: "Das ist kein fertiges System, sondern eine Projektidee." Als Schienen schlägt er eine Rohrkonstruktion vor, der Antrieb sollte im Rad integriert werden. Akkus und Solarmodule sollen gewährleisten, dass die Kabinen über weite Strecken keine Stromzufuhr benötigen. Die Kabinen selbst erinnern an Seilbahnen. Die Heidelberger sind mit dem Hersteller Doppelmayr im Gespräch. Alle 30 bis 40 Meter soll eine Stütze mit einem Durchmesser von 60 Zentimetern für die Hochbahn gebaut werden.

Das Streckennetz, das das "Studio Mobile Concepts" vorschlägt, ist kühn und reicht von der Bahnstadt über die Gleise zum Hauptbahnhof und weiter über den Gneisenauplatz, den Autobahnanschluss und den Neckar bis ins Neuenheimer Feld. Möglich seien sogar Erweiterungen im Süden bis zu den Patton Barracks und zum Patrick Henry Village. Eine mögliche Alternative wäre auch die Anbindung über Dossenheim oder Wieblingen, wo jeweils Parkhäuser gebaut werden könnten. Bis zu 40 Stundenkilometer soll die Hochbahn schnell sein. Im Neuenheimer Feld könnten nach den groben Schätzungen von Herbstrieth und Weishuhn 3600 Personen pro Stunde befördert werden.

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Die rund 40 Zuhörer im "Achter" sind von der Idee des Univercity-Shuttles begeistert. Skeptisch sind sie, was den Zeitrahmen angeht. Einer glaubt kaum, dass das Projekt innerhalb von 20 Jahren zu realisieren sei. Kritik wird auch daran geäußert, dass zusätzlich zum bestehenden Nahverkehrsnetz ein zweites System etabliert werden soll. Und Stadtrat Arnulf Weiler-Lorentz (Bunte Linke) glaubt, dass die Leistungsfähigkeit der Hochbahn deutlich überschätzt werde: "Eine Straßenbahn kann drei Mal so viele Leute transportieren."

Wie soll das Projekt finanziert werden? Kann es in den Verkehrsverbund Rhein-Neckar integriert werden? Zu all diesen Fragen können Herbstrieth und Weishuhn noch keine Auskünfte geben. GAL-Stadtrat Michael Pfeiffer schlägt vor, Fördermittel von Land, Bund und EU zu beantragen, aber auch private Firmen zu beteiligen. Am Ende waren die meisten Zuhörer vom Univercity-Shuttle fasziniert. Die CDU möchte dies nun in den Masterplan-Prozess mit einbringen. Und ein Zuhörer meinte beim Abschied nur lapidar: "Die Politik sollte das jetzt nicht wieder totreden."

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