Das neue Haus der Jugend wird unverwechselbar
Siegerentwurf des Wettbewerbs wurde vorgestellt - Preisgericht tagte 15 Stunden lang - Jugendliche brachten ihre Vorschläge ein

"Eigenständig und unverwechselbar" ist der Siegerentwurf des Architektenbüros Murr aus dem bayrischen Dießen am Ammersee. Ein noch junges Büro mit ebenso jungen Mitarbeitern - also genau passend für den Neubau des Hauses der Jugend. Grafik: Murr-Architekten
Von Anica Edinger
Heidelberg. Es ist Dienstagnacht, 23 Uhr: Die letzten Juroren verlassen das Haus der Jugend - nach einer 15-stündigen Mammutsitzung. "Mir war ganz schwindelig danach", sagt Ulrich Nollek, einer der Mitglieder des Preisgerichts und Leiter der städtischen Kinder- und Jugendförderung, einen Tag später. Doch der Aufwand hat sich gelohnt: Denn am Ende stand der Sieger für den Entwurf des neuen Hauses der Jugend in der Römerstraße 87. Sie heißen Murr-Architekten und sie kommen aus dem bayrischen Dießen am Ammersee. Gemeinsam mit L+P-Landschaftsarchitekten aus München hat sich das kleine Büro mit nur neun Mitarbeitern gegen insgesamt 93 Konkurrenten im zweiphasigen Wettbewerb durchgesetzt.
Weitere zwei Entwürfe wurden prämiert: Auf dem zweiten Platz landete die Arbeitsgemeinschaft Gies-Architekten mit Freisign-Landschaftsarchitektur aus Freiburg, auf dem dritten das Büro MVM+Starke-Architekten mit ClubL94-Landschaftsarchitekten aus Köln. Welcher der Entwürfe am Ende tatsächlich umgesetzt wird, entscheidet sich allerdings erst im ersten Halbjahr 2018: Denn jetzt geht es an die Feinabstimmung und die Vertragsverhandlungen.
In dieser Woche ging dagegen alles Schlag auf Schlag: Schon am Montag gab eine Gruppe von 15 Jugendlichen ihr Votum zu den verschiedenen Entwürfen ab. "Es war uns von Anfang an wichtig, dass wir die Jugendlichen dabei haben", betont in diesem Zuge Ulrich Nollek. Mit einem groß angelegten Jugend-Bürgerbeteiligungsverfahren wurde das bis März 2016 umgesetzt. Über die Chatplattform WhatsApp brachten die jungen Leute ihre Wünsche und Anregungen ein - das Resultat: ein 300-seitiger Forderungskatalog, der schließlich beim Bürgermeister Joachim Gerner auf dem Schreibtisch landete. In die Ausschreibung für die Architektenbüros wurden viele der Wünsche der Jugendlichen mit aufgenommen. "Für alle Beteiligten hat das einen hohen Energieaufwand bedeutet", sagt Gerner. Schließlich war diese Form der Bürgerbeteiligung für die Stadt ein Novum. Daher hat man sich auch Experten ins Boot geholt: Gregor Bäumle von Bäumle-Architekten betreute die Beteiligung während des Wettbewerbs und war bei der großen Preisgerichtssitzung am Dienstag Sprachrohr der Jugendlichen. Für ihn hätte es kaum besser laufen können: "Es war erstaunlich, welch realistische Vorstellungen die jungen Leute hatten." Man habe sachlich und konstruktiv diskutieren können - und jetzt ist sich Bäumle sicher: "Die Jugendlichen sind zufrieden mit dem Siegerentwurf."
Die Massivhauskonstruktion des noch jungen Architekturbüros Murr sei laut Eckart Rosenberger, Vorsitzender des Preisgerichts, "eigenständig und unverwechselbar". Besonders beeindruckt habe die Jury die unterschiedliche Raumgeometrie innerhalb des Hauses. Diese zeichne sich an der Fassade ab - "so, als wären die Räume reingesetzt", sagt Rosenberger. Der Titel des Entwurfs - "House of Houses" - nehme diese Idee auf. Architekt Sebastian Murr erklärt: "Wir haben einen einfachen und ruhigen Baukörper für die Umgebung entworfen, der aber im Inneren doch besonders ist."
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Wichtig sei dabei gewesen, die Individualität einer jeden Nutzergruppe des Hauses herauszuarbeiten. Und da kommt im Haus der Jugend einiges zusammen, denn dort wird nicht nur getanzt, sondern auch Theater gespielt, Kunst entworfen, gefeiert oder auch Sport getrieben - und das schon seit den fünfziger Jahren. Schließlich ist das Haus der Jugend die größte und älteste Kinder- und Jugendeinrichtung in Trägerschaft der Stadt. Die Nutzer stellte gerade das immer wieder vor diverse Hürden: "Man kann keinen Nagel in die Wand schlagen. Es gibt keine Elektrikpläne für das Haus. Und auch an die Decken darf man nichts hängen", berichtet Uschy Szott, Leiterin der Tanzsparte. Höchste Zeit also, dass sich baulich etwas tut im Haus der Jugend.
Doch nachdem der Siegerentwurf gestern gekürt worden war, musste Bürgermeister Gerner die Euphorie ein wenig bremsen: "Wenn alles gut läuft", betonte er, "könnten wir 2022 fertig sein."