Wie viel ist zu viel?
Was bedeuten erhöhte Werte bedeuten und wann sind Medikamente sinnvoll?

Das Ei darf weiterhin sein, zumindest hin und wieder. Verbietet man sich alle Lebensmittel mit Cholesterin, produziert der Körper es einfach selbst. Foto: Christin Klose/dpa-tmn
RNZ. Ein zu hoher Cholesterinwert ist ein Risiko für die Herz-Kreislauf-Gesundheit. Dauerhaft erhöhte Blutfettwerte fördern Ablagerungen in den Blutgefäßen, die zu gefährlichen Verengungen führen können. Diese sogenannte Atherosklerose verursacht lange Zeit keine Beschwerden, ist aber Hauptursache für einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall oder Durchblutungsstörungen in den Beinen. Expertinnen und Experten der Deutschen Gesellschaft für Lipidologie (DGFL) – Lipid-Liga beantworteten bei einer Telefonaktion Leserfragen. Hier das Wichtigste zum Nachlesen.
Was bedeutet ein erhöhter LDL-Cholesterinwert? "Ist das LDL-Cholesterin dauerhaft zu hoch, können sich Ablagerungen in den Wänden von Blutgefäßen bilden.", erklärt Prof. Ulrich Julius, Facharzt für Innere Medizin und Diabetologie. "Diese Plaques verengen die Blutgefäße und vermindern den Blutdurchfluss. Platzen sie auf, versucht der Körper durch ein Blutgerinnsel den Schaden abzudecken, was zum Verschluss eines Gefäßes führen kann", so der Expert. "Die Folge: Das von diesem Blutgefäß versorgte Gewebe stirbt ab. Passiert das im Herzen, spricht man von einem Herzinfarkt, im Gehirn von einem Schlaganfall. Auch in den Beinen kann es zu Durchblutungsstörungen in Form einer Peripheren Arteriellen Verschlusskrankheit kommen, kurz PAVK. Durch die verengten Gefäße wird die Beinmuskulatur so schlecht mit Blut versorgt, dass sie bereits nach wenigen Schritten schmerzt."
Was sagen die übrigen Blutfettwerte aus? "Neben dem LDL-Cholesterin, das Atherosklerose fördert und daher im Blut möglichst niedrig sein sollte, spielt Lipoprotein(a) eine wichtige Rolle", erläutert Dr. Katharina Lechner, Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie. "Es fördert Atherosklerose stärker als LDL-Cholesterin. Der HDL-Cholesterinwert kann hilfreich zur Einschätzung des Gesamtrisikos für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung sein.
Erhöhte Triglycerid-Werte können zum Beispiel auf einen Typ 2 Diabetes, eine Insulinresistenz, Fettlebererkrankung, Alkoholkonsum, bestimmte Medikamente oder hormonelle Störungen zurückgehen", erklärt die Expertin. "Moderat erhöhte Triglycerid-Werte erhöhen das Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung, bei sehr hohen Werten besteht die Gefahr von Entzündungen der Bauchspeicheldrüse."
Wann gelten die Cholesterinwerte als zu hoch? "Einen allgemeingültigen Grenzwert gibt es nicht, denn medizinisch wird immer das kardiovaskuläre Gesamtrisiko eines Menschen im Einzelfall betrachtet", erklärt Dr. Fatima Goudjil, Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie und ergänzt: "Dabei spielen bereits bestehende Erkrankungen ebenso eine Rolle wie der Lebenswandel, eine erbliche Vorbelastung, das Alter oder eine bereits bestehende Atherosklerose. Bei einem gesunden Menschen ohne Risikofaktoren für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung sollte das LDL-Cholesterin im Blut unter 116 mg/dl (3 mmol/l) liegen. Unter Berücksichtigung des individuellen Gesamtrisikos wird für die Behandlung ein LDL-Zielwert festgelegt, der umso niedriger angesetzt wird, je mehr Risikofaktoren vorliegen.
Was sind frühe Anzeichen für eine Fettstoffwechselstörung? "Erhöhte Blutwerte von LDL-Cholesterin, Lipoprotein(a) und Triglyceriden sind Alarmzeichen", macht Dr. Benjamin Lechner, Facharzt Innere Medizin, klar. "Sie verursachen oft lange Zeit keine Beschwerden, trotzdem schreitet die Atherosklerose voran. Das aber bedeutet, dass man seine Blutfettwerte so früh wie möglich bestimmen lassen sollte. Denn je früher eine Therapie mit Medikamenten und Lebensstilmaßnahmen begonnen wird, desto größer ist der Nutzen."
Der Experte rät: "Wenn in der Familie bei den Eltern, Großeltern oder Geschwistern schon in jüngerem Alter – bei Frauen bis 60, bei Männern bis 55 – Herzinfarkte, Schlaganfälle oder Durchblutungsstörungen beispielsweise in den Beinen vorgekommen sind oder es Fettstoffwechselstörungen gibt, ist es wichtig, die Blutfette schon bei den Kindern messen zu lassen, am besten im Alter von fünf oder sechs Jahren."
Wann sind Medikamente sinnvoll? "Medikamente sind in jedem Fall notwendig bei Menschen mit schwerwiegenden Fettstoffwechselstörungen, wenn es schon Ablagerungen in den Blutgefäßen gibt oder bereits ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall aufgetreten ist", so Dr. Fatima Goudjil. "Es gibt heute viele hochwirksame und sehr gut verträgliche Medikamente, um LDL-Cholesterin zu senken."