Immer wieder Budapest
Auch in der kalten Jahreszeit lohnt ein Besuch in Ungarns Hauptstadt.

Den besten Blick auf das wuselnde Lichtermeer garantiert der Platz vor dem Palast auf dem Burgberg. Fotos: Andrea Lammert
Von Andrea Lammert
Winter ist die perfekte Zeit, um nach Budapest zu reisen - nicht nur wegen der heißen Quellen. 10 Gründe für den Winter in Budapest.
1. Der Nebel: Morgens um 6 Uhr aufstehen lohnt sich! Jedenfalls im Winter in Budapest. Hat am Vortag die Sonne geschienen, ist die Chance auf Morgennebel groß. Dann wird das Donau-Ufer auf der Pester-Seite noch mystischer und das ungarische Parlamentsgebäude hüllt sich in tiefe Wolken. Die neogotische Kuppel, die Türmchen und Giebel stechen wie scharfe Scherenschnitte aus dem Dunst hervor. Und etwas melancholisch stimmt die Statue des Dichters József Attila. In die Treppenstufen eingelassen sind die Zeilen seines Gedichts "An der Donau": "Ein gewaltiger Strom, der meinem Herzen entfloss, das war die Donau, wirr, weise und groß." Sie strömt noch immer am Fuße des Parlaments, heute liegen hier Kreuzfahrtschiffe. Aus deren Kabinen zieht leichter Kaffeeduft herüber - Zeit für ein Frühstück.
Hintergrund
■ Allgemeine Auskünfte erteilt das Ungarische Tourismusamt in Berlin, Telefon 030/2431-460, www.ungarn-tourismus.de und
■ Allgemeine Auskünfte erteilt das Ungarische Tourismusamt in Berlin, Telefon 030/2431-460, www.ungarn-tourismus.de und http://de.gotohungary.com.
■ Anreise: Von Stuttgart nonstop nach Budapest mit Eurowings, ab 98 Euro retour im Basic-Tarif, www.eurowings.de. Währung: In Ungarn wird mit Forinth bezahlt, 1 Euro entspricht etwa 310 Forinth.
■ Übernachten: Das Continental Hotel Zara liegt zentral im jüdischen Viertel und hat eines der schönsten Schwimmbäder: Auf dem Dach des Hauses mit Blick auf die Skyline der Stadt. Doppelzimmer ab 90 Euro, www.continentalhotelbudapest.com. Es lohnt sich aber auch nach Pauschalangeboten zu schauen. Etwa bei der TUI, 3 Tage ab 219 Euro pro Person im Doppelzimmer inklusive Flug, www.tui.de.
■ Essen und Trinken: Jenseits des Touristennepps garantiert das Gerlóczy gute Qualität, auch zum Abendessen, die Küche ist modern inspiriert mit Fokus auf ungarische Tradition, www.gerloczy.hu. Jünger und szeniger geht es im Menza zu, dort treffen sich Studenten, das Preis-Leistungs-Verhältnis für das Essen ist gut, www.menzaetterem.hu.
■ Stadtführungen: Außergewöhnliche, deutschsprachige Stadtführungen, etwa durch das Nachtleben der Stadt oder entlang der architektonischen Höhepunkte bietet Underguide, www.underguide.com, ab 40 Euro pro Person.
2. Kaffeehäuser: Frühstück? Ab ins Kaffeehaus! Nicht nur Wien ist für seine Kaffeehaustradition bekannt, sondern auch Budapest. Der Winter ist die perfekte Zeit, um sich hier aufzuwärmen und diese herrliche 1920er-Jahre-Stimmung zu genießen. Hübsch sitzt man aber auch im Müvész, pompös im Kaffeehaus an der Oper oder klassisch im Gerlóczy, in dem die Ober noch Livree tragen und Zeitungen herumliegen. Leider auf Ungarisch, einer der schwierigsten Sprachen Europas. In der offen gestalteten Küche des Gerlóczy brutzelt mein Omelette vor sich hin und der Kellner gibt mir Tipps für die Gestaltung des weiteren Tages.
3. Ruckelnde Bahnen: "Setz dich in die Straßenbahnlinie 2 und verschaff dir erst mal einen Überblick", rät mir der Kellner im Gerlóczy, als er mich über meinen Budapest-Reiseführer brüten sieht. "Dann kannst du immer dort aussteigen, wo es dir gerade gefällt." Das klingt gut. Die nostalgische Bahn ruckelt 20 Minuten am Donau-Ufer entlang. Ich fühle mich fast wie eine Einheimische unter den Ungarn, die jetzt zur Arbeit oder zum Einkaufen fahren. Bald ist auch der Burgberg zu sehen. Weiter geht’s per Metro auf die Budaer Seite. Noch abenteuerlicher wird es im Funicular. Es quietscht und zuckelt so als läge die Zahnradbahn in ihren letzten Zügen. "Keine Sorge, sie ist bis jetzt immer angekommen", beruhigt mich ein Mitreisender und behält Recht.
Der Burgpalast ist ein Touristenmagnet, die Anlage überspannt fast den gesamten südlichen Hügel als größte Burg des Landes. Im einstigen Königssitz finden sich zahlreiche Museen, unter anderem die Ungarische Nationalgalerie, das Ludwig Museum für zeitgenössische Kunst sowie die Nationalbibliothek. Und vor allem bietet sich entlang der kahlen Winterbäume nun ein wunderbarer Ausblick auf die Pester Seite. Was sind das da drüben eigentlich für bunte Dächer?
4. Jugendstil: Es ist die Markthalle, ein Musterbeispiel für ungarische Jugendstilkultur. Im Inneren stapeln sich Würste, Gebäck, handgemachte Souvenirs und locken die Touristen. Die Markthalle lohnt auch den Blick von oben. Denn sie zeigt eines der farbenfrohesten Architekturphänomene der Stadt: Ihre Dachpfannen sind in verschiedenen Tönen gefärbt und zu einer Art großem Mosaik gelegt. Später im Continental Hotel Zara erfahre ich vom Rezeptionisten, dass Ödön Lechner, der wohl wichtigste Jugendstilkünstler Ungarns, eine Art Beton erfand, den man bunt einfärben konnte. Damit experimentierte er an Dächern. Budapests Jugendstil zeigt sich in Kaffeehäusern wie dem Café New York oder dem Géllert-Bad.
5. Die Bäder: Die Bilder von den Schach spielenden Männern im Schwimmbad sind weltberühmt - und stammen aus dem Szécheni-Bad. Es bleibt das bekannteste Bad der Stadt, die auf mehr als 118 Quellen errichtet ist. "Budapest ist wohl die einzige Hauptstadt Europas, die zugleich ein Kurort ist", hatte mir der Rezeptionist des Hotels erzählt. Schon im 15. Jahrhundert haben die damals vorherrschenden Türken die Thermalquellen in Budapest sehr geschätzt. Deren mineralienreiches Wasser, darunter Magnesium, Kalzium und Fluorid-Ionen, soll unter anderem bei Gelenkerkrankungen Linderung bringen. Aber auch jenseits möglicher Zipperlein ist das Géllert-Bad ein Erlebnis. Feine Jugendstil-Mosaiken an Böden und Gewölbedecken tauchen den Raum in ein frisches Blau und muten arabisch an. Nach draußen schwimmen geht sogar noch im Winter dank des Thermalwassers.
6. Die Preise: Entspannt bummele ich zurück in die City. Entlang der Váci utca, der ältesten Handelsstraße der Stadt, tummeln sich viele touristische Souvenirshops und Modeläden. Mit etwas Glück findet sich zwischen Massenware auch das eine oder andere Geschäft mit echt ungarischen Kleidungsstücken. Design aus Budapest ist speziell und muss nicht teuer sein - eine echte Lederhandtasche gibt es hier schon für 60 Euro - made in Hungary anstatt in China. Auch in den Cafés und Restaurants sind die Preise sehr moderat, das macht den Besuch in der Stadt angenehm.
7. Die Blaue Stunde: Die schönsten Bilder aus Budapest sind in der Blauen Stunde entstanden. Zu malerisch ist dieser Zeitpunkt zwischen Tag und Nacht, wenn der Himmel sich königsblau verfärbt und die Gebäude in sanftes Licht getaucht werden. Dann verwandelt sich auch die farbloseste Fassade. Den besten Blick auf das wuselnde Lichtermeer garantiert der Platz vor dem Palast auf dem Burgberg. Hier erstrahlt die Kettenbrücke, das Parlament leuchtet im Hintergrund und mit etwas Glück spielt noch ein Straßenmusiker passende Musik - Romantik pur.
8. Baumkuchen: Baumkuchen gibt in Budapest nicht nur zur Adventszeit, sondern jeden Tag, ebenso wie den Lichterzauber an der Donau. Molnár’s Kürtöskalács backt täglich den berühmten Baumkuchen vom Holzstamm. Mit etwas Glück findet sich aber auch in der Stadt entlang der Einkaufsstraßen eine Verkaufsbude, die experimentiert und den Hefeteig deftig füllt - mit Salat, Käse oder Salami. Doch der Klassiker bleibt die Zimtvariante, die die Stadt so herrlich beduftet.
9. Lebendiges Nachtleben: Budapest ist noch nicht so puppenstubenschön wie etwa Paris oder andere Städte. Da bröckelt an manchen Häusern noch der Putz - und genau dort pulsiert das Leben. Denn hier entstehen Ruinenkneipen als kreativer Puls der Stadt. Berühmtestes Beispiel ist das Szimpla. Als Bar in einer abrissreifen Fabrik ist es das Epizentrum des Budapester Nachtlebens. Dass hier die Dächer über den Höfen und Häusern fehlen, macht selbst im Winter nichts, zahlreiche Heizpilze sorgen für die richtige Temperatur. Das Szimpla ist auch tagsüber empfehlenswert, vor allem sonntags bei Bauernmarkt und Livemusik. Abends sind die Straßen rund um die Dohány utca einen Abstecher wert, denn sie werden gesäumt von kleinen Restaurants, die Hummus, Falafel oder auch Burger anbieten. Und es gibt sogar ein Büchercafé, mit Wänden wie aus einer Bibliothek. Wenn das nicht gemütlich ist.
10. Die schönen Künste: Budapest ist auch eine Stadt der schönen Künste - ob die Oper, die zu einem Besuch ja irgendwie dazugehört oder eines der vielen Museen, touristisch lässt sich Ungarns Hauptstadt ganz klassisch erkunden. Modern geht natürlich auch im Palast der Künste (Müpa) zu. Er stammt aus dem Jahr 2005 und gehört zu den architektonischen Glanzleistungen der letzten Jahre. Schnell avancierte er zum Zentrum für Theater und Musik, das Nationale Tanztheater sowie das philharmonische Orchester sorgen ebenso für volles Haus wie zeitgenössische Aufführungen. Perfekt im Winter, wenn die frühe Dunkelheit das Gebäude in ein Lichtermeer taucht.