Luxuszüge

Im Nachtzug von Kairo nach Assuan

Die erste Eisenbahn in Ägypten wurde Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut und verband Kairo mit Alexandria.

19.03.2024 UPDATE: 19.03.2024 04:00 Uhr 4 Minuten, 39 Sekunden
Auf dem Bahnsteig des Ramses-Bahnhofs in Kairo gibt es viel zu entdecken: Hier trifft die neue Welt auf die alte. Foto: Wibke Helfrich

Von Wibke Helfrich 

Pharaonen, Feluken, Tempel und Gräber. Pyramiden, Basare, Mumien und Katakomben. Ägypten bietet unzählige Möglichkeiten zum Staunen und Entdecken. Ein Abenteuer, auf das ich mich besonders freue, ist die Zugfahrt von Kairo nach Assuan. Ich mag Verkehrsmittel, die irgendwie "old school" sind.

Auch der Ramses-Bahnhof in Kairo sieht nostalgisch aus: mit Türmchen, Bogenfenstern und blauen Mosaikfliesen – eine wilde Mischung aus islamischem und europäischem Baustil. Unser Reisebegleiter führt uns vom Bahnhofsvorplatz durch die fliegenden Händler, die alles verkaufen, was man auf einer Tour brauchen könnte (und noch viel mehr), in die Bahnhofshalle.

Hier hat die moderne Welt Einzug gehalten, es gibt Rolltreppen und digitale Anzeigetafeln, der Himmel ist blau verglast. Doch goldene Säulen, Rosetten und kunstvolle Verzierungen lassen keinen Zweifel daran, dass es sich um ein altes Gebäude handelt: Es wurde 1892 erbaut und ist einer der ältesten und geschichtsträchtigsten Bahnhöfe Ägyptens. Seinen Namen verdankt er Pharao Ramses II., dem Erbauer der berühmten Tempel von Abu Simbel.

Bevor wir die Gleise betreten dürfen, müssen wir wie am Flughafen eine Sicherheitskontrolle und eine digitale Fahrkartenkontrolle passieren. Der Kontrolleur ist eine Katze, die es sich auf dem Scanner bequem gemacht hat. Widerwillig räumt sie ihren Posten, damit wir unsere Tickets auflegen können.

Auf dem Bahnsteig gibt es viel zu entdecken: Hier trifft die neue Welt auf die alte. Am Bahnhofskiosk sitzen aufgeregte Touristen und beäugen nervös ihr Gepäck, verschleierte Frauen verabschieden sich von ihren Männern im traditionellen Kaftan. Anzugträger eilen geschäftig mit Aktentaschen und Rollkoffern vorbei, andere tragen im Dschallabija (ein bodenlanges Gewand) gekleidet große Säcke auf dem Kopf. Pünktlich um sieben Uhr fährt unser Zug mit viel Dampf und Getöse ein, das Abenteuer kann beginnen. Zu zweit teilen wir uns ein Abteil, die Polster sind aus grünem Samt, Wände und Boden mit rotem Teppich ausgelegt. Normalerweise würde ich sagen: cooler Retro-Look, aber das Interieur ist original.

Der ägyptische Nachtzug blickt auf eine lange und faszinierende Geschichte zurück. Die erste Eisenbahn in Ägypten wurde Mitte des 19. Jahrhunderts gebaut und verband Kairo mit Alexandria. Aber erst 1902 wurde der erste Schlafwagen eingeführt, in dem sich die Reisenden während der langen Fahrt bequem ausruhen konnten. Im Laufe der Jahre wurde das Streckennetz des Schlafwagens auf andere beliebte Ziele in Ägypten wie Luxor, Assuan und sogar Port Said ausgeweitet. Während seiner Blütezeit in den 1940er- und 1950er-Jahren war der Zug für seine luxuriösen Annehmlichkeiten bekannt, darunter ein Speisewagen und ein Barwagen mit Livemusik.

In den 70er-Jahren verfiel der Schlafwagenzug jedoch und wurde schließlich eingestellt. Erst in den 80ern beschloss die ägyptische Regierung, den Zug wiederzubeleben, indem sie in neue Waggons und modernen Komfort investierte, ohne den historischen Charme des Zuges zu zerstören.

Zwölf Stunden und 14 Stationen trennen uns von Assuan, das fast 900 Kilometer weiter südlich liegt. Die Route folgt dem für Ägypten lebenswichtigen Nil. Mit seinen 6650 Kilometern gilt er als der längste Fluss der Welt (obwohl immer wieder diskutiert wird, ob der Amazonas nicht länger ist). Er entspringt in den Bergen von Ruanda und Burundi, durchfließt Tansania, Uganda, den Südsudan und den Sudan, bevor er in Ägypten ins Mittelmeer mündet. Als einziger Fluss der Erde durchquert er einen subtropischen Trockengürtel und die größte Wüste der Erde: die Sahara. Nur durch ihn konnte in Ägypten die erste Hochkultur entstehen – ohne ihn hätte es das Reich der Pharaonen wohl nie gegeben.

Katzen waren im alten Ägypten heilig. Foto: Wibke Helfrich

Gedankenverloren sitze ich in unserem Abteil, während der Zug durch die Dunkelheit rattert. Durch das Fenster kann ich außer ein paar beleuchteten Häusern nicht viel erkennen. Ich denke über die weite Strecke nach, die der Fluss zurückgelegt hat, und über die verschiedenen Landschaften und Kulturen, die er auf seinem Weg gesehen hat.

Ein freundlicher Schaffner, gut gekleidet mit Anzug, Hemd und Krawatte, reißt mich aus meinen Träumen. In Doppelfunktion ist er auch Kellner. Mit geübten Handgriffen öffnet er die Klapptische und serviert uns zwei Tabletts mit gekochtem Gemüse, Reis und Fleisch in Aluschalen. Zum Nachtisch gibt es eine Orange. Kein raffiniertes Festmahl, aber besser als nichts. Nach dem Essen taucht er wieder auf, um unsere Betten zu richten. Dazu wird die untere Sitzbank ausgeklappt und die Holzverkleidung an der Wand zu einem zweiten, weichen Bett umfunktioniert. Beide werden mit frisch bezogenen Kissen und Decken ausgestattet und voilà, fertig ist unser Schlafzimmer. In der Ecke des Abteils befindet sich ein kleines Waschbecken, die Toiletten sind auf dem Gang. Am Anfang der Reise sind sie noch sauber ...

Der Blick über die muslimische Altstadt von Kairo ist lohnenswert. Fotos: Wibke Helfrich

Nachts hält der Zug ein paar Mal an, ab und zu höre ich den lauten Warnton des Makrofons. Aber trotzdem schlafe ich erstaunlich ruhig. Bei Sonnenaufgang stehe ich auf, gehe durch den Zug und schaue aus den Fenstern: Wüste, soweit das Auge reicht. Nur ab und zu zieht ein kleines Dorf mit einer Moschee vorbei. Je heller es wird, desto belebter werden die Ortschaften, auch im Zug kommt Leben auf. Unser Schaffner bringt das Frühstück. Eingepackte Croissants mit Frischkäse und Marmelade. Es könnte schlimmer sein. Um 8.30 Uhr erreichen wir unsere Endstation: den Bahnhof von Assuan.

Salam aleikum – Willkommen in Assuan, rufen uns die Straßenhändler zu, die an ihren Ständen Tee, Kaffee und frische Säfte verkaufen. Willkommen in der südlichsten Stadt Ägyptens, willkommen in einer anderen Welt – so kommt es uns zumindest vor. In Assuan ist es deutlich wärmer, und im Vergleich zum hektischen Kairo fühlen wir uns wie auf dem Dorf. Der Nil prägt das Stadtbild, auf ihm schwimmen traditionelle Boote, Feluken mit großen weißen Segeln.

Wir wissen gar nicht, was wir zuerst machen sollen – den berühmten Staudamm von Assuan besichtigen? Auf dem Nubischen Basar einkaufen? Oder sollen wir zuerst den Isis-Tempel auf der Insel Elephantine besichtigen? Auf jeden Fall müssen wir für den nächsten Morgen unseren Transport zum noch weiter südlich gelegenen, berühmten Tempel von Abu Simbel organisieren. Ach ja – und natürlich wollen wir auch noch mit dem Schiff nach Luxor. Am Ende entscheiden wir uns erst einmal für einen starken Kaffee an der Strandpromenade, die hier Corniche heißt. Denn mit einem klaren Kopf lassen sich wichtige Entscheidungen viel leichter treffen.

WIBKETRAVELS Outdoor Blog


> Infos: 

> Anreise: Nonstop-Flüge gibt es mit Lufthansa und Egypt Air ab ca. 370 Euro. Der Flug dauert etwas mehr als vier Stunden.

> Visum: Ein Visum ist erforderlich und kostet 54,95 Euro. Beantragen kann man es unter: www.visumantrag.de/aegypten

> Währung: Ein Ägyptisches Pfund entspricht etwa 0,030 Euro.

> Zugreise: Der Nachtzug zwischen Kairo und Assuan kann individuell gebucht werden. Eine Einzelkabine kostet 130 Euro. Es empfiehlt sich, eine halbe Stunde vor Abfahrt am Bahnhof zu sein, um eventuelle Sicherheitskontrollen ohne Stress zu passieren. Die Unterbringung im Nachtzug erfolgt in Zweibettkabinen, die komfortabel und klimatisiert sind. Die Bettwäsche wird gestellt und in jedem Waggon befindet sich eine Toilette im westlichen Stil. Einfaches Abendessen und Frühstück sind im Preis inbegriffen und werden an Bord serviert : www.abelatrains.com/Inquiry

> Essen & Trinken: Das stylische Restaurant Luuma liegt in Kairo auf der Insel Zamalek direkt am Wasser. Hier gibt es Smoothies, Kaffee und eine gute Auswahl an Essen: www.facebook.com/Luuma.eg

Das King Jamaica Restaurant & Cafe liegt in Assuan auf der Insel Elephantine direkt auf einem Felsen über dem Nil. Das farbenfrohe, fröhliche Restaurant bietet eine Mischung aus nubischer und jamaikanischer Küche: www.facebook.com/kingjamaica123

> Weitere Infos: www.aegypten.de/informationen-und-reisetipps