Karibik

In Grenada werden Zimt, Ingwer und Muskatnuss angebaut

Immer der Nase nach geht’s für Touristen, wenn sie das türkisfarbene Meer (be)suchen.

03.01.2023 UPDATE: 03.01.2023 06:00 Uhr 3 Minuten, 45 Sekunden
Grenada liegt im Süden der Kleinen Antillen und bietet intensive Farben zu Lande und unter Wasser. Foto: dpa

Von Wibke Helfrich

Roger Augustine ist dabei, seinen Mini-Van einen der steilen Berge hoch zu quälen. Kurz vorher hat er seinen Besuchern eingeschärft, dass sie erst nach rechts schauen dürfen, wenn er es ihnen erlaubt. Wir sind in Grenada. Alle lächeln, sind freundlich. Roger mag seine Heimat: "Ich sehe euch im Rückspiegel – ihr könnt also nicht schummeln", warnt er.

Erst am Fort Frederick angekommen heißt es: "Augen nach rechts" und das staunende Ah und Oh der Touristen zaubert auch ihm ein Lächeln aufs Gesicht. Der Ausblick ist das, was man sich von einer karibischen Insel erträumt. Der Blick schweift über grüne, steil abfallende Berghänge über die bunten Gebäude der Hauptstadt St. George’s bis hin zum türkisblauen Wasser in der Bucht.

Selbst unter Wasser kann man große Augen machen: In der Moliniere Bay, etwa drei Kilometer nördlich von St. George’s, wartet ein Skulpturenpark auf neugierige Taucher. Der englische Künstler und Tauchlehrer Jason de Caires Taylor hat an dieser Stelle im Jahr 2007 den ersten Unterwasserskulpturenpark der Welt geschaffen. Da steigt die Abenteuerlust und -laune rasant...

Jetzt kann man natürlich darüber sinnieren, warum die Einwohner Grenadas tatsächlich so zufrieden sind. Liegt es am hier destillierten Rum mit einem Alkoholgehalt von bis zu 75 Prozent, oder vielleicht daran, dass in nahezu jedem Garten ein Kakaobaum wächst, aus dem feine Schokolade hergestellt werden kann; oder einfach daran, dass man nicht schlecht drauf sein kann, wenn der erste Anblick nach dem Aufstehen das lauwarme türkis leuchtende Meer ist?

Vielleicht ist es auch schlicht die Luft, die nach Gewürzen duftet, die hier auf den kleinen Feldern angebaut werden. "The spice of the Caribbean" (Das Gewürz der Karibik) ist einer der Werbeslogans, die die Insel beschreibt. Hier werden Zimt, Gewürznelken, Ingwer und Muskat angebaut.

Hintergrund

Beste Reisezeit: Das Wetter ist ganzjährig warm und tropisch. Am trockensten sind die Monate von Dezember bis Mai.

Anreise: Seit Ende November 2022 fliegt Condor wieder jeweils Sonntags von Frankfurt a.M. nach Grenada und Tobago. Unter

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Beste Reisezeit: Das Wetter ist ganzjährig warm und tropisch. Am trockensten sind die Monate von Dezember bis Mai.

Anreise: Seit Ende November 2022 fliegt Condor wieder jeweils Sonntags von Frankfurt a.M. nach Grenada und Tobago. Unter www.billiger-mietwagen.de kann man Preise für Mietwagen vergleichen und buchen.

Unterkunft:Die weißen Selbstversorger-Villen des Mount Cinnamon Hotel liegen perfekt – direkt am Hang mit Blick auf den berühmten Strand Grand Anse, Ab 350 Euro, www.mountcinnamongrenadahotel.com. Das Tower Estate hat eine gemütliche quietschgrüne Holzhütte mitten im Wald. Zu mieten über Airbnb.de, ab 80 Euro. Perfekt für Familien sind die Cottages direkt am Strand von Lance aux Epines, ab 200 Euro, nur für mehrere Tage buchbar, https://laecottages.com

Unbedingt machen: In Grenada hat der englische Künstler und Tauchlehrer Jason de Caires Taylor den ersten Unterwasserskulpturenpark der Welt geschaffen. Die Figuren sehen mit ihren von Korallen, Schwämmen und Seeigeln bewachsenen Körpern mystisch aus und sind eine der Attraktionen der Inseln. Diese kann man beim Tauchen oder Schnorcheln bewundern, https://www.aquanautsgrenada.com. Im Grand Etang National Park gibt es ausgezeichnete Wanderwege. Wer abseits dieser Pfade zu einsamen Stränden und Wasserfällen laufen möchte, kann Simon Green von "Hidden Treasures" buchen.

Weitere Infos: www.puregrenada.com

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Bis 2004, als der Hurricane Ivan über die Insel fegte und die Muskatnuss-Plantagen schwer beschädigte, stammten 20 Prozent des Weltverbrauchs an Muskatnüssen aus Grenada. Die Muskatnuss bleibt mit anderen Gewürzen immer noch das Hauptexportprodukt der Insel und ist als Symbol der Landwirtschaft Grenadas sogar auf der Nationalflagge dargestellt. Selbst die Straßenlaternen an der Promenade "The Carenage" in St. George’s sind kunstvoll im Stil dieser Frucht (die gar keine Nuss ist) und der Muskatblüte (die auch keine Blüte ist) nachmodelliert. "Wir haben hier keine großen Felder und keine Monokulturen. Bei uns ist alles klein, aber fein". Aaron Sylvester muss es wissen. Er arbeitete bis 2016 in England in der Musikindustrie, bis er auf der Insel Land erbte, auf dem uralte Kakaobäume wuchsen.

"Die Bäume waren riesig und die Bohnen hingen so hoch, dass wir sie kaum ernten konnten", erzählt er. Zwei Bohnen braucht man für 100 Gramm Schokolade, also hängen umgerechnet etwa 25 Tafeln an jedem Baum. In seiner Manufaktur "Tri-Island Chocolate" stellt er hochwertige Bio-Schokolade her. "Wir sind das kleinste Land der Welt, das vom Baum zur Bohne große Schokolade produziert", sagt er stolz. Besucher können in einem typisch karibischen gelb-türkis-farbenen Holzgebäude ihre eigene Schokolade herstellen. "Nehmt doch ein bisschen Muskatnuss dazu", rät er einer Gruppe, die sich eifrig aus verschiedenen Zutaten wie Karamel, Mandeln, Zimt und bunten Zuckerstreuseln ihre Formen füllen.

Grenada-Schokolade ist an Kakao sehr gehaltvoll, enthält mindestens 60 Prozent Kakao-Anteil, wenig Rohrzucker und Kakaobutter. Gesund und praktisch, denn so schmilzt sie auch im warmen Klima nicht. "Charlie und die Schokoladenfabrik" können Touristen im Belmont Estate nachspielen… aber Hightech gibt es hier nicht. In einer alten Scheune erklärt der Guide Maurice, wie die Frucht gedeiht und die Kakaobohnen verarbeitet werden. "Magst Du Schokolade?" fragt er ein kleines Mädchen. Diese nickt natürlich eifrig – jeder mag Schokolade! "Magst Du Moskitos?" Natürlich nicht — keiner mag Moskitos. "Aber ohne Moskitos gäbe es keine Schokolade" erklärt der Werksführer. "Sie bestäuben die Kakaoblüten. Die Früchte verändern mit dem Reifegrad ihre Farbe. Sind sie anfangs noch grün, wechseln sie zu rot und sind dann schließlich erntereif, wenn sie gelb sind. Im Inneren befinden sich 25 bis 50 Kakaobohnen, die erst mal glibberig weiß sind und süß-säuerlich nach Lychee schmecken. Erst durch das Fermentieren, Trocknen und Rösten entsteht der Geschmack, den man von Schokolade erwartet und der so glücklich macht."

In Grenada wurde der erste Unterwasser-Skulpturenpark der Welt geschaffen. Foto: Harald Mielke

Auch politisch betrachtet gibt es durchaus Grund zum Optimismus. Seit Juni 2022 regiert der National Democratic Congress unter dem jungen Premier Dickon Mitchell den Drei-Inseln-Staat (Grenada, Carriacou, Petite Martinique sowie weitere kleine Inseln). In seiner kurzen Amtszeit hat er schon viel verändert, so ist beispielsweise der Schulbesuch jetzt kostenlos, zurückgehaltene Renten wurden ausbezahlt. Roger Augustine glaubt fest daran, dass sich mit dem Präsidenten die Fehler und die Korruption der alten Regierung nicht wiederholen werden. Leider kann man aber auch hier nicht alles rückgängig machen, was in den letzten Jahren schief gelaufen ist. Beispielsweise darf eigentlich am Vorzeige-Strand Grande Anse, der als einer der schönsten der Welt gilt, nicht höher als die Bäume gebaut werden, die dort wachsen.

Ein in der letzten Legislaturperiode genehmigter weißer Riesenklotz verschandelt seitdem die Südseite des drei Kilometer langen weißen Sandstrandes, der flach in das türkisblaue Meer abfällt. Die Vorgängerregierung unter der New National Party (NNP) hatte auch der Hotelgruppe Six Senses die Abholzung des Mangrovenwaldes und Trockenlegung des für Zugvögel bedeutenden Feuchtgebiets in der Sagesse Bay genehmigt, ohne die Bevölkerung über die Vorgänge zu informieren und in Entscheidungen einzubinden. Widerstand formierte sich, die Quittung gab es bei der letzten Wahl. Die Regierung wurde abgewählt und seitdem herrscht wieder Optimismus auf der karibischen Insel.

Simon Green von "Hidden Treasures" kam früher in die Sagesse Bay, um Vögel zu beobachten; heute führt er seine Wandergruppe ein paar Buchten weiter an den einsamen Strand von "Malmount" den man nur zu Fuß erreichen kann. Nach dem Spaziergang durch üppigen, tropischen Wald an Kakao und Orangenbäumen und Wasserfällen vorbei kommt am Strand richtiges Robinson Crusoe Feeling auf. Das Einzige, was hier an Zivilisation erinnert, sind die eigenen Fußabdrücke.

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