Das "Reka-Dorf Blatten-Belalp"

Zwischen Schloss und Schwarznasenschaf

Das "Reka-Dorf Blatten-Belalp" im schweizerischen Kanton Wallis ist eine gute Basis, um als Familie die Alpenlandschaft zu erkunden.

01.08.2025 UPDATE: 01.08.2025 04:00 Uhr 4 Minuten, 14 Sekunden
Das Streicheln der Schwarznasenschafe begeistert sogar noch Teenager. Fotos: Friedrich

Von Geraldine Friedrich

Kaum tritt man vom Bahnhof Brig ins Freie, trifft einen die Hitzewand. Wer kann, flieht: Entweder sofort ins Postauto nach Blatten auf rund 1300 Meter Höhe, oder man besucht gleich das gut gekühlte World Nature Forum in Naters, einer superschicken Ausstellung mit allen digitalen Schikanen. Naters ist zwar eine eigene Gemeinde, sie liegt aber nur eine Brücke entfernt vom Brigger Bahnhof auf der anderen Seite der Rhone. Beide liegen im drittgrößten Kanton der Schweiz im Rhonetal: dem Wallis.

Das World Nature Forum ist nicht nur kühl, sondern das Klima ist dort das zentrale Thema. "Wir haben sechs Klimastufen, vom Mittelmeer bis zum Nordpol", erläutert Barbara Mäder, Leiterin Kommunikation. Das Rhonetal bildet mit seinem Mittelmeerklima die südliche Grenze des Welterbes. Die vereisten Bergspitzen von Eiger, Mönch und Jungfrau entsprechen dem Nordpol. Das Gebiet ist riesig und umfasst berühmte Attraktionen wie die Eiger Nordwand oder Aareschlucht und beheimatet seltene Arten wie den Munder Safran und die Smaragdeidechse.

Hintergrund

Infos: 

Anreise: Per Auto ab Heidelberg über Basel, Bern, Thun und Spiez und Autoverlad Lötschbergtunnel etwa sechs Stunden. Per Zug über Basel und Bern nach Brig genauso lang. Ab Brig 20 Minuten per Postauto (Linienbus) Nr. 624 bis

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Infos: 

Anreise: Per Auto ab Heidelberg über Basel, Bern, Thun und Spiez und Autoverlad Lötschbergtunnel etwa sechs Stunden. Per Zug über Basel und Bern nach Brig genauso lang. Ab Brig 20 Minuten per Postauto (Linienbus) Nr. 624 bis Blatten Luftseilbahn direkt in die Ortsmitte und zum Reka-Feriendorf Blatten-Belalp. Achtung: Es gibt im Wallis zwei Ortschaften, die Blatten heißen. Hier ist Blatten bei Naters gemeint.

Übernachten: Für Familien: 3,5 Zimmer Fewo mit 80 Quadratmetern für sieben Tage im Reka-Dorf Blatten-Belalp mit Bergblick, inklusive sind auch das Hallenbad, der Spielplatz, Kinderprogramm und stundenweise Betreuung sowie Reinigung, Parken, W-Lan etc. Ab etwa 1500 Euro in der zweiten Augusthälfte buchbar: www.reka.ch 

Weitere Infos: www.myswitzerland.comwww.brig-simplon.ch  und www.belalp.ch 

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Und ja, Europas größter Gletscher, der Aletsch, schwindet angesichts steigender Temperaturen Jahr um Jahr, und zwar nicht nur in der Länge, sondern auch in der Tiefe. "Man kann das Klima am Aletsch lesen. Früher war er 900 Meter tief, heute sind es noch 800 Meter", erklärt Mäder. Es ist eine grandiose Ausstellung, die sich Flora, Fauna, aber auch der Kultur einer Landschaft widmet. Während Erwachsene das riesige Modell am Eingang begutachten, können Kinder sofort mit einer Kugelbahn loslegen.

Vom Forum geht es über die Rhone zurück nach Brig zum historischen Wahrzeichen Nummer eins: dem Stockalperschloss aus dem 17. Jahrhundert. Auf dem Weg vom Forum lohnt ein kurzer Schlenker vorbei am Beinhaus, einem denkmalgeschützten Gebäude in Naters, das allein 31.000 Schädel längst Verstorbener enthält. Zwanzig Gehminuten später erreicht man das Stockalperschloss: Mit seinen drei Zwiebeltürmchen, benannt nach den Heiligen Drei Königen, einem Park mit Obstbäumen und Bächlein liegt der Palast an der Grand Tour of Switzerland, also der Route durch die Schweiz, die die wichtigsten Sehenswürdigkeiten vereint.

Interessant ist die wechselhafte Lebensgeschichte des Schloss-Erbauers Kasper Stockalper. Der Selfmade-Unternehmer stammt aus gutem Hause von der gleichnamigen Stockalp am Simplonpass, einer wichtigen Handelsstraße nach Italien. Er studierte im deutschen Freiburg, kehrte mit zwanzig Jahren zurück nach Brig und wurde Notar, Gemeinderat und Kommissar der Pestwache. Aus diesen Schlüsselpositionen heraus schaffte er es, reich zu heiraten und die Mitgift seiner Gattin zu investieren. "Er war reich wie Bill Gates", bringt es Schlossführerin Charlotte Imbach auf den Punkt. Zum Vergleich: Während eine normal reiche Familie damals 500 bis 1000 Kühe ihr Eigen nannte, entsprach Stockalpers Vermögen in Kühen gerechnet 122.233 Exemplaren. Nur, dass er eben keine Kühe molk, sondern das Salzmonopol besaß, Blei, Eisen, Gold und Kupfer schürfte und durch geschickte Heiratspolitik und Seilschaften sein Vermögen mehrte.

Schlossführungen lösen zwar beim Nachwuchs meist keine große Begeisterung aus, aber hier funktioniert Bestechung nach dem Motto: Wenn du Kind dich mit uns Eltern brav durch das Schloss schwitzt, gehen wir mit dir danach ins Freibad. Die Badi, wie die Schweizer sagen, liegt praktischerweise nur zehn Gehminuten vom Schloss entfernt.

Stichwort Hitze: Wer die Wahl hat, wählt seine Unterkunft in der Höhe. Als Familie nimmt man in der Schweiz schon aus Kostengründen eine Ferienwohnung. Rund zwanzig Minuten fährt man ab Bahnhof Brig ins erfrischende Blatten, dem obersten zu Naters gehörenden Dorf. Im alten Dorfkern stehen, typisch Wallis, häufig zu Ferienhäusern umgebauten Stadel auf grauen Schieferplatten. Einst schützten diese Stelzen das Roggenbrot vor Mäusen und Ratten.

Die idyllisch gelegenen Ferienwohnungen der nicht-gewinnorientierten Schweizer Reisekasse (Reka) sind in größeren Neubauten zusammengefasst und liegen direkt an einer Abbruchkante mit Blick auf die Berge. Feriengäste können sich dort an einem Abend neben Raclette an einer traditionellen Walliser Speise versuchen: der Cholera.

Dabei handelt es sich tatsächlich um einen gedeckten Gemüsekuchen aus Blätterteig, Kartoffelscheiben, Lauch, Zwiebeln, Äpfel und/oder Birnen sowie in der nicht vegetarischen Variante mit Speck. Wichtig: Nur der Name klingt unappetitlich und stammt möglicherweise daher, dass die Walliser während einer Cholera-Epidemie ihre Häuser nicht verlassen konnten und mit dem kochen mussten, was zufällig gerade in der Vorratskammer lag. Einmal in der Woche bringt Sparrhorn-Wirt Martin Summermatter die Cholera ins Reka-Dorf: Die handgemachten, knusprigen Exemplare sehen aus wie Donuts und schmecken köstlich.

Brig im Wallis mit liegt mit dem Stockalperschloss an der Grand Tour of Switzerland.

Blatten ist mit seinen 300 Einwohnern und seiner Lage natürlich auch der ideale Ausgangspunkt für zig Wanderungen: Mit jüngeren Kindern wählt man die Route durch den Rischinerwald, Schatzsuche inklusive. Der Veros Hexenweg führt an einem Bach entlang, in den man immer wieder die Füße zum Kühlen halten kann.

Entspannt und kinderfreundlich ist eine Tour zu den Schwarznasenschafen, einer Walliser Rasse. Dazu muss man erst die Gondel von Blatten nach Belalp nehmen, von dort zehn Minuten zur Sessellift-Station marschieren und kommt dann nach wenigen Minuten oben unterhalb des Sparrhorns an. Dort wartet dann Romeo Eggel aus Naters mit seiner Schafherde.

Noch grasen sie hundert Meter entfernt genügsam auf der 2500 Meter hohen Bergwiese. Sie haben nicht nur schwarze Nasen, auch Augen, Ohren und Knie sind schwarz. Für den 38-Jährigen sind seine Schafe Hobby. "Die Wolle ist sekundär", meint er. Das Schwarznasenschaf sei kein Fleischschaf, auch wenn das Fleisch sehr zart sei. Plötzlich ruft Eggel seine Herde. Die Schafe verstehen sofort: Futter! Der Züchter verteilt trockenes Brot an Erwachsene und Kinder. Ruckzuck ist jeder umzingelt. Freundlich, aber bestimmt stupsen die Tiere mit ihren kräftig gedrehten Hörnern an die Beine. Sie lassen sich füttern, streicheln und kraulen.

Wer sich als Familie beim Wandern gerne verausgabt, spaziert von der Belalp zum Aletschbord, einer Art Balkon mit Blick auf den Aletschgletscher. Ab dort geht es zunächst über Treppen hinab Richtung zur Massaschlucht. Über eine spektakuläre Hängebrücke geht es für Schwindelfreie auf die andere Seite. Tipp: Auch wenn die Tour auf der Karte mit rund elf Kilometern harmlos aussieht, die schattenlosen Höhenmeter (688 aufwärts, 862 abwärts) haben es gerade bei Hitze in sich. Die T2-Rundwanderung lässt sich übrigens auch umgekehrt bewältigen. Dann genießt man den Blick auf den Aletschgletscher zum Abschluss – so lange es ihn noch gibt.


UNTERNEHMEN

World Nature Forum in Naters (https://wnf.ch) mit kurzem Stopp am Beinhaus (www.belalp.ch/poi-detail/beinhaus) – nur von außen einsehbar.Führung im Stockalperschloss in Brig: www.stockalperstiftung.ch 

Anspruchsvolle Rundwanderung (fünf bis sechs Stunden) ab Blatten über eine 124 Meter lange Hängebrücke über die Massaschlucht:
www.belalp.ch/tour/haengebruecke-riederalp-belalp 

Einfache und kinderkompatible Wanderungen mit Schatzsuche bieten der Rundwanderweg ab Blatten durch den Rischinerwald (ca. zwei Stunden) und der Veros Hexenweg über Blatten nach Geimen (ca. 1,5 Stunden, zurück per Postauto nach Blatten): www.belalp.ch/angebot/veros-hexenweg 

Besuch bei den Schwarznasenschafen: www.belalp.ch/angebot/schwarznasenschafen