SAP Walldorf

Der Software-Riese ist endgültig raus aus Russland

Noch verbliebene Wartungsverträge laufen Ende 2023 aus. Das Neu- und Cloudgeschäft hatten die Walldorfer bereits eingestellt.

06.09.2023 UPDATE: 06.09.2023 06:00 Uhr 1 Minute, 48 Sekunden
Der Russland-Ausstieg kommt die SAP teuer zu stehen. Foto: dpa

Von Matthias Kros

Walldorf. Der Softwarekonzern SAP zieht unter sein Russland-Geschäft einen Schlussstrich. Die verbliebenden Wartungsverträge mit dortigen Kunden würden für die kommende Laufzeit nicht verlängert, bestätigte ein Unternehmenssprecher am Dienstag in Walldorf. "Daher laufen alle Wartungsverträge bis Ende 2023 aus." Mitte Juli hatte die "WirtschaftsWoche" aus Unternehmenskreisen zitiert, dass noch eine zweistellige Zahl von russischen Unternehmen begrenzte Wartungsleistungen von den Walldorfern erhielten.

Ihr Neu- und Cloud-Geschäft in Russland hatte die SAP bereits kurz nach Beginn des russischen Einmarschs in die Ukraine Anfang 2022 eingestellt. Kurze Zeit später hatte der Softwarekonzern aber eingeräumt, dass Bestandskunden, die nicht unter die westlichen Sanktionen fielen, "im Rahmen der vertraglichen Vereinbarungen weiter bedient" würden. Dabei ging es vor allem um Leistungen wie den Support und die Wartung, also etwa Programm-Updates und eine technische Unterstützung. SAP hatte dabei unter anderem damit argumentiert, dass eine einseitige Kündigung Vertragsstrafen nach sich gezogen hätte. Diese können in Russland sehr hart ausfallen.

Dieses vermeintliche Zaudern hatte in der Öffentlichkeit für einigen Unmut gesorgt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte damals von "halben" Entscheidungen gesprochen und die SAP explizit aufgefordert, die Kunden in Russland nicht weiter zu unterstützen, "solange russische Panzer und Raketen die Ukraine angreifen". Auch in internen Belegschaftsforen von SAP war der Fortbestand der Geschäfte in Russland teilweise kritisch gesehen worden. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hatten sich auf die Ethikrichtlinie des Konzerns berufen, die unter anderen die Einhaltung der Menschenrechte in der eigenen Geschäftstätigkeit und entlang der Wertschöpfungskette postuliere.

Hinsichtlich der angebotenen Cloud-Dienste hatte SAP nicht von Sanktionen betroffene Unternehmen zunächst vor die Wahl gestellt, Daten löschen zu lassen, diese in Eigenregie zu übernehmen oder sie in ein Rechenzentrum außerhalb von Russland zu überführen. Anschließend kündigte SAP an, die Verträge russischer Firmen, die sich für eine Migration der Daten ins Ausland entschieden hätten, nach Ablauf der Abonnementlaufzeit nicht zu verlängern.

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Angesichts der bevorstehenden Einstellung der Aktivitäten hatte der damalige Finanzchef des Softwarekonzerns, Luka Mucic, bereits Mitte vergangenen Jahres 350 Millionen Euro auf das Russland-Geschäft abgeschrieben. Bilanziell ist das bereits verdaut. Das Geschäft an Dritte abzugeben sei schwierig und praktisch nicht machbar, hatte er gesagt. Die SAP-Belegschaft in Russland sank daher bereits dramatisch von einst 1250 Mitarbeiter auf zuletzt nur noch etwa 30.

SAP war über 30 Jahre in Russland vertreten gewesen. Zu den Kunden der Walldorfer zählten Schwergewichte wie Gazprom, Sberbank oder die Minengesellschaft Nornickel. Russische Unternehmen hatten sich trotz des Rückzugs gelassen gezeigt. Mikhail Oseyevsky, Präsident des staatlich kontrollierten russischen Telekommunikationsunternehmens Rostelecom, sagte vor einigen Monaten etwa, dass die IT-Firmen in seinem Land die Produkte des Softwarekonzerns SAP mit staatlicher Unterstützung ersetzen könnten. "Wir sind uns darüber im Klaren, dass mit Unterstützung der Regierung auch Querschnittsprojekte in der IT gestartet werden und wir die globalen Herausforderungen bewältigen können, beispielsweise die Substitution von SAP", so Oseyevsky.

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