Neue Auflagen für Prostituierte: Künftig sollen sich die Frauen anmelden müssen - und den Nachweis bei sich tragen. Foto: Oliver Berg
Von Julia Giertz
Stuttgart. Ein neues Gesetz soll Prostituierte im Südwesten vor Menschenhandel, Ausbeutung und Krankheiten schützen. Der Landtag stimmte am gestrigen Mittwoch in Stuttgart fast einstimmig für ein Ausführungsgesetz zu einem bereits gültigen Bundesgesetz. Nur einige Abgeordneten der AfD enthielten sich. Das Gesetz sieht vor, dass Sexarbeiterinnen sich anmelden und den entsprechenden Nachweis bei sich tragen müssen. Zudem sind Gesundheitsberatungen für sie vorgesehen. Betreiber von Bordellen brauchen eine Erlaubnis, für die sie bestimmte Mindestanforderungen erfüllen müssen.
"Wir bewegen uns mit diesem Gesetz auf Neuland. Es ist eine Herausforderung für alle", sagte Sozialstaatssekretärin Bärbl Mielich (Grüne). Das Gesetz betrifft rund 26.000 Prostituierte im Südwesten. Allein in Baden-Württembergs Landeshauptstadt Stuttgart haben im vergangenen Jahr laut Polizei täglich rund 470 Prostituierte angeschafft. 87 Prozent der Frauen sind demnach aus dem Ausland, die meisten aus Bulgarien und Rumänien.
Verantwortlich für die Umsetzung vom 1. November an sind die Stadt- und Landkreise. Aus deren Sicht ist das Gesetz ein Sparmodell. "Der Akzent liegt eher beim Sparen als beim Schutz der Prostituierten", sagte der Hauptgeschäftsführer des Landkreistages, Alexis von Komorowski. Die für die Beratung der Prostituierten angesetzte Zeit sei viel zu knapp bemessen.
Für die Umsetzung stellt das Land den Kommunen 3,83 Millionen Euro in 2018 und 2,99 Millionen Euro in 2019 sowie 3 Millionen Euro im Jahr 2020 zur Verfügung. In den ursprünglichen Berechnungen seien der Kommunalverband und das Sozialministerium auf doppelt so hohe Kosten gekommen, betonte von Komorowski. Das Ressort von Manne Luche (Grüne) sei wohl vom Finanzministerium zurückgepfiffen worden.
Kritik der Opposition im Landtag richtete sich zudem gegen zu lang angesetzte Evaluationsfristen. Jochen Haußmann von der FDP forderte spätestens in einem Jahr - nicht erst im Jahr 2022 - eine Bewertung der Gesetzesfolgen. Ähnlich äußerte sich die AfD-Abgeordnete Christina Baum. Staatssekretärin Mielich versprach eine "zeitnahe" Evaluation.
Die SPD-Abgeordnete Sabine Wölfle nannte das Gesetz unambitioniert und nicht zielführend - allerdings besser als gar keines. Sie bezweifelte, dass die vorgesehenen Beratungskräfte in den Landratsämtern die berufliche Eignung hätten. Mittelfristig sei ein Sexkaufverbot wie in Schweden auch in Deutschland anzustreben. "Denn weder das Bundesgesetz noch das Ausführungsgesetz im Land verhindern, dass der Körper von Frauen als Ware behandelt wird, die man billig aus Rumänien importiert und für 30 oder 40 Euro benutzen kann", erklärte SPD-Frau Wölfle.