Der Anschluss der Bundesstraße 27 an die „Binswanger Straße“ in Neckarsulm bleibt Diskussionsthema. Wie nun bekannt wurde, müssen dafür zwei Gebäude verlagert werden. Der städtische Kostenanteil bleibt aber bei 22,6 Millionen Euro. Visualisierung: Stadt Neckarsulm
Südwest. (rnz) Die Planungen für den Bau des Anschlusses der Bundesstraße 27 an die "Binswanger Straße" in Neckarsulm sind auf der Zielgeraden. Die Verwaltung informierte den Gemeinderat in der jüngsten Sitzung über den aktuellen Sachstand und erläuterte das weitere Vorgehen.
Nachdem der Gemeinderat im Oktober 2019 den Bau im Grundsatz beschlossen hatte, hat die Verwaltung die Planung fortgeführt und die Leistungsfähigkeit des Anschlusses optimiert. Die Stadt hat die entsprechend überarbeitete Vorentwurfsplanung Ende Juli 2020 erneut beim Regierungspräsidium Stuttgart eingereicht, um den "Gesehen"-Vermerk des Bundesverkehrsministeriums zu erhalten. Mit diesem Vermerk stimmt der Bund dem Großbauprojekt zu und erklärt seine Bereitschaft, sich an den Kosten zu beteiligen. Die Stadt rechnet damit, dass dieser Prüfvermerk im Herbst 2021 vorliegt. Damit wären alle Voraussetzungen für den Baubeschluss geschaffen.
Bevor der Gemeinderat abschließend über den Bau des B 27-Anschlusses entscheidet, soll das Großprojekt nochmals eingehend öffentlich diskutiert werden. Um "der Komplexität und Schwierigkeit der Entscheidung Raum zu geben", werde sich der Gemeinderat die Zeit für umfangreiche Diskussionen nehmen, kündigte Oberbürgermeister Steffen Hertwig in seiner Haushaltsrede an. "Denn auch wenn die fachlichen Argumente für den Anschluss weiter gültig sind, ist die Entwicklung seit dem Bürgerentscheid nicht stehengeblieben." Neue Erkenntnisse und veränderte Rahmenbedingungen machen es aus Sicht des Oberbürgermeisters notwendig, "vor dem weitreichenden Baubeschluss zum B 27-Anschluss auch die aktuellen Aspekte nochmals einzubeziehen".
Zu den aktuellen Entwicklungen zählte Hertwig die konkreten Planungen zur Ansiedlung des "Schwarz Projekt Campus" im Gewerbegebiet "Obere Fundel" in Bad Friedrichshall. Dort will die Schwarz-Gruppe (Lidl, Kaufland) 5000 Arbeitsplätze im IT-Bereich bündeln. Neckarsulm befürchtet dadurch eine zusätzliche Verkehrsbelastung mit erheblichen Auswirkungen auf ohnehin schon stark belastete Hauptverkehrsstraßen wie die B 27, die Kreisstraße 2000 und den Verkehrsknoten Amorbach (L 1095/K 2116). Die Ansiedlung soll bereits bis zum Jahr 2025 abgeschlossen sein, also bevor die bis 2030 geplanten Straßenausbaumaßnahmen von Bund und Land greifen. Auf den Verkehr können sich außerdem die Überlegungen der Nachbarkommune Erlenbach für das Areal "Straßenäcker" auswirken. Genauer zu untersuchen sei auch, inwieweit sich der zunehmende Trend zum Homeoffice in der Corona-Krise auf die Pendlerströme auswirke, forderte Hertwig.
Die Stadt betrachtet Homeoffice oder mobiles Arbeiten als einen Baustein des betrieblichen Mobilitätsmanagements. Zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Mobilität und Homeoffice hatte die Verwaltung im Herbst 2020 eine nicht repräsentative Online-Umfrage unter den 50 größten Unternehmen im Stadtgebiet durchgeführt. OB Hertwig regte daraufhin bei Landesverkehrsminister Winfried Hermann an, diese Veränderungen im Mobilitätsverhalten mit den Partnern im regionalen Mobilitäts-Pakt für den Wirtschaftsraum Heilbronn-Neckarsulm eingehender zu betrachten. Das Verkehrsministerium selbst hat durch das "infas"-Institut die Mobilitätsstudie "Mobicor" erstellen lassen. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass nach der Pandemie das alte Mobilitätsniveau wieder erreicht werden wird und die Veränderungen durch Homeoffice abzuwarten bleiben.
Die Stadt will mit dem zusätzlichen Anschluss den Verkehr auf den Hauptverkehrsachsen bündeln, die Innenstadt entlasten und die Gewerbegebiete besser anbinden. Die Gesamtbaukosten betragen, Stand Juli 2020, etwa 47,8 Millionen Euro. Der städtische Kostenanteil liegt unverändert bei 22,6 Millionen Euro.
Wenn der Anschluss gebaut wird, muss die Baumschule Schimmele verlagert werden. Zudem führen die Erschütterungen während der Bauzeit dazu, dass die Strahlentherapie-Praxis in der Binswanger Straße verlegt werden müsste. Das Gebäude selbst wird durch den Anschluss zwar nicht berührt. Aber die Erschütterungen durch die Bauarbeiten machen den Praxisbetrieb unmöglich. Mit einer Verlegung würde die Praxis ohnehin vorhandene Ausbauwünsche verbinden. Weil dieser Umzug wie im Falle der Baumschule durch das Bauprojekt verursacht wird, würde sich der Bund auch an diesen Verlagerungskosten beteiligen. Für Verlagerungskosten hatte die Stadt einen pauschalen Ansatz in der Gesamtkostenberechnung vorgesehen. An diesem Kostenansatz ändert die Verlegung der Praxis nichts, weil mit ausreichend Kostenpuffer gerechnet wurde.