Wie schlimm wird das Fischsterben im Neckar?

Landrat Piepenburg: "Wir wollen auf alles vorbereitet sein" - Mit Wasserpumpen den Schadstoffabbau beschleunigen - Schiff soll Giftwolke in der Jagst teilen

28.08.2015 UPDATE: 29.08.2015 06:00 Uhr 1 Minute, 47 Sekunden

Landrat Detlef Piepenburg (r.) verschaffte sich gestern Mittag bei den Einsatzkräften des THW einen Überblick über die verschiedenen Maßnahmen bei Jagsthausen. Foto: Endres

Von Michael Endres

Die giftige Brühe wälzt sich langsam in Richtung Neckar. Das Umweltdesaster ruft auch die Landesregierung auf den Plan. Wie schlimm das Fischsterben im zweitgrößten Fluss Baden-Württembergs wird, ist aber unklar.

Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) zeigte sich zuversichtlich, dass das Schlimmste überstanden sei. Er und Landwirtschaftsminister Alexander Bonde (Grüne) machten sich gestern in Krautheim (Hohenlohekreis) ein Bild von der Lage.

Als Reaktion auf die Umweltkatastrophe an der Jagst will die baden-württembergische Landesregierung im ganzen Südwesten Lagerhallen mit gefährlichen Stoffen entlang von Flüssen überprüfen. Zudem müsse ebenfalls überprüft werden, ob die geltende Rechtslage ausreichend sei, erklärte der Landesumweltminister.

Die mittlerweile 23 Kilometer lange Schadstoffwelle in der Jagst hat inzwischen Dörzbach erreicht. Feuerwehr und Technisches Hilfswerk (THW) kämpfen seit Tagen, um die Schadstoffe abzubauen. Die über 80 Helfer des THW aus verschiedenen Ortsverbänden arbeiten rund um die Uhr, unterstützt von den Feuerwehren im Kreisgebiet und vielen freiwilligen Helfern. Mit der Fließgeschwindigkeit von 400 Meter pro Stunde soll die Welle am Sonntag bei Jagsthausen im Landkreis Heilbronn ankommen.

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Feuerwehr und Technisches Hilfswerk wälzten entlang der Jagst mit Pumpen das Flusswasser, um den Schadstoffabbau zu beschleunigen. Zudem seien rund 50 000 Kubikmeter Wasser aus Rückhaltebecken in den Fluss gespült worden, was die Konzentration des giftig wirkenden Ammoniums senke.

Nach Einschätzung des Landkreises Heilbronn wird das verunreinigte Jagstwasser Anfang nächster Woche in den Neckar fließen. Die Folgen für das Ökosystem dort hängen sowohl vom Pegelstand des Neckars als auch Erfolg der Gegenmaßnahmen ab.

Seit Donnerstagmittag haben die Hilfsmannschaften des THW auch Unterstützung aus anderen Landkreisen bekommen. Zwischen Widdern und Jagsthausen haben Helfer einen rund 30 Meter langen Damm errichtet. Hier soll verhindert werden, dass die Schadstoffe in kleine Nebenarme der Jagst gelangen, "das wäre für die einzigartige Ökolandschaft die nächste Katastrophe", sagt Detlef Piepenburg. Der Heilbronner Landrat ist permanent vor Ort, um die Vorbereitungen für erwartete Giftwelle in "seinem Landkreis" zu koordinieren, "wir müssen auf alles vorbereitet sein", rechtfertigt Landrat Piepenburg den technischen Aufwand.

Nach Auskunft von Frank Lorho, Sprecher des baden-württembergischen Umweltministeriums, will man auch mit ungewöhnlichen Mitteln die Umweltkatastrophe bekämpfen: Übers Wochenende soll bei der Mündung der Jagst in den Neckar ein Spezialschiff gezielt "auf Grund" gesetzt werden. "Wir hoffen, dass sich dadurch die Schadstoffwelle teilt und sich damit schneller mit dem Neckarwasser verdünnt", erklärt der Ministeriumssprecher. Hierzu werden bereits die flussaufwärts liegenden Staustufen des Neckars höher eingestaut, um ein zusätzliches Volumen von 600 000 Kubikmeter Wasser zu erzeugen. Dieses Volumen wird abgelassen, wenn die Schadstoffwelle den Neckar erreicht.

Inzwischen sprechen Experten davon, dass die Jagst auf einer Länge von 120 Kilometern von einem Fischsterben betroffen sein könnte.

Beim Großbrand eines Mühlenbetriebs in Kirchberg am Wochenende war mit dem Löschwasser Ammoniumnitrat in den Fluss gelangt und hatte ein großes Fischsterben ausgelöst.

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