Kampfansage an die "Diesel-Inseln"
Kommunen fordern Elektrifizierungs-Offensive für Schienenverkehr - Kreise finanziell überfordert

Von Roland Muschel, RNZ Stuttgart
Stuttgart. Die Kommunen fordern von Berlin und Stuttgart, den Ankündigungen, die Elektrifizierung von Bahnstrecken voranzubringen, Taten folgen zu lassen. "Wir brauchen für die Elektrifizierung des Schienenverkehrs sowohl von Bundes- wie von Landesseite dringend eine Offensive", sagte der Präsident des Landkreistags Baden-Württemberg, Joachim Walter der RNZ. In Baden-Württemberg gebe es immer noch viel zu viele "Diesel-Inseln", Strecken wie die Schönbuchbahn im Landkreis Böblingen, die nicht elektrifiziert sind. "Das sind Strecken, die eigentlich Sache des Bundes und der Deutschen Bahn wären, die sich aber nicht darum kümmern. Also packen wir Kreise an, um einen Verkehrskollaps zu vermeiden."
Bei Projekten mit einem Volumen von über 50 Millionen Euro können die Kreise 80 Prozent der Kosten erstattet bekommen - 60 Prozent übernimmt der Bund, 20 das Land. "Das klingt gut, ist aber nicht die ganze Wahrheit", sagte Walter. Denn nicht alle Kosten seien förderfähig, "wir müssen etwa die Planungskosten voll tragen und oft auch Preissteigerungen". Am Ende blieben an den Kommunen tatsächlich rund 40 Prozent der Kosten hängen. Oft könnten Zuschüsse gar nicht mehr abgerufen werden, da die Kommunen bei den Summen, um die es inzwischen gehe, die geforderten Eigenmittel zur Ko-Finanzierung nicht mehr stemmen könnten.
Mit Blick auf die Beratungen zum Doppelhaushalt 2020/21 hofft Walter deshalb auf ein Entgegenkommen der Landesregierung. "Wir fordern vom Land, seinen Förderanteil deutlich zu erhöhen und dafür zusätzlich eine zweistellige Millionensumme pro Jahr in die Hand zu nehmen. Das würde uns entlasten und zugleich die Chance auf weitere Bundesmittel erhöhen."
Die Problematik aus Sicht der Kommunen verdeutlicht Walter, der Landrat des Landkreises Tübingen ist, an der Regional-Stadtbahn Neckar-Alb, die über eine Milliarde Euro kosten wird. "Wenn Bund und Land 60 Prozent der Kosten decken, bleiben an den drei Landkreisen und zwei Städten, die das Projekt tragen, über 400 Millionen Euro hängen." Sein Tübinger Kreishaushalt habe aber ein Volumen von 250 Millionen Euro im Jahr. "Daran kann man schon sehen: Ein Kreishaushalt ist für so ein Projekt nicht geschaffen."