Asylstreit der Union

"Eine nationale Lösung nur in Bayern macht keinen Sinn"

CDU-Fraktionsvize Harbarth über den Asylstreit in der Union - Das Hoffen auf eine europäische Lösung dauert an

25.06.2018 UPDATE: 25.06.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 10 Sekunden
"Eine nationale Lösung nur in Bayern macht keinen Sinn" (Foto: privat)

Von Andreas Herholz, RNZ Berlin

Berlin. Der CDU-Abgeordnete Stephan Harbarth aus dem Wahlkreis Rhein-Neckar ist stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

Der Asylstreit in der Union spitzt sich weiter zu. Was spricht gegen eine nationale Lösung und Zurückweisungen von bereits registrierten Flüchtlingen an der deutschen Grenze?

Wir haben die Zahl der Asylsuchenden enorm gesenkt, die nach Deutschland gelangen. Aktuell kommen nur noch rund 10.000 pro Monat und nicht mehr 100.000 wie 2015 auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise. Das sind noch rund zehn Prozent. Wer angesichts dieser Zahlen die Stabilität der Bundesregierung riskiert, handelt nicht verantwortungsvoll. Was mir in der bisherigen Diskussion noch zu kurz kommt: Wirksame Zurückweisungen brauchen ein Gesamtkonzept des Bundesinnenministers. Bisher haben wir nur Kontrollen an der bayerisch-österreichischen Grenze. Eine nationale Lösung mit Zurückweisungen an drei oder vier Grenzübergängen macht aber keinen Sinn. Die Flüchtlinge würden ausweichen. Wir müssten die Kontrollen folglich ausdehnen auf die Grenze zur Schweiz, zu Tschechien und Polen sowie auf die Flughäfen.

Wie sähe eine europäische Lösung aus?

Der wichtigste Baustein einer europäischen Lösung ist ein effektiver Außengrenzschutz. Wir müssen sicherstellen, dass möglichst wenige Migranten nach Europa kommen. Wir brauchen auch eine faire Verteilung innerhalb Europas. Es kann auf Dauer nicht sein, dass Deutschland mehr Flüchtlinge aufnimmt als alle anderen EU-Mitgliedstaaten zusammen. Gelingt keine gesamteuropäische Lösung, müssen wir bilaterale Lösungen für die Zurückweisung vereinbaren. Darüber verhandelt die Kanzlerin mit den europäischen Partnern. Wenn man Italien bei der Sicherung der Außengrenzen besser unterstützen würde, könnte man womöglich mit Italien zu einem Kompromiss kommen.

Könnte die Bundeswehr zum Schutz der EU-Außengrenzen eingesetzt werden?

Wir sollten konsequent dafür arbeiten, dass möglichst viele Menschen aus Nordafrika, die nach Europa wollen, in ihrer Heimat bleiben. Das ist eine große Herausforderung, die die internationale Staatengemeinschaft fordert. In diesem Rahmen könnte auch die Bundeswehr einen Beitrag leisten. Wenn wir nicht wollen, dass die Menschen zu uns kommen oder auf dem Meer ertrinken, müssen wir sicherstellen, dass sie vor Ort eine Perspektive haben.

Die CSU hat der Kanzlerin ein Ultimatum gestellt. Was passiert, wenn es auch beim EU-Gipfel Ende der Woche keine Lösung gibt?

Ultimaten zwischen Schwesterparteien sind das falsche Instrument. Angela Merkel und Horst Seehofer haben von ihren Parteien den Auftrag, zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. Darüber müssen wir dann auch mit der SPD noch sprechen. Es gibt noch immer die Hoffnung, dass eine europäische Lösung gelingt, die auch für die CSU akzeptabel ist. Wenn wir es schaffen, die Anreize für eine Antragstellung in Deutschland zu reduzieren, wirkt das mehr als Zurückweisungen. Insbesondere muss es eine Angleichung der Leistungen in Europa geben. Wir wollen deshalb auf europäischer Ebene Sach- statt Barleistungen durchsetzen.

Zwei Drittel der Deutsch-Türken hierzulande sollen Präsident Erdogan gewählt haben. Es gab Feiern und Autokorsos in vielen deutschen Städten. Was sagt das über die Integration aus?

Erdogan ist ein Gegner unseres Verständnisses von Menschenrechten und Demokratie. Er tritt für andere Werte ein. Wenn ihm hierzulande Menschen zujubeln, ist das ein Alarmzeichen und zeigt, dass die Integration in vielen Bereichen fehlgeschlagen ist. Das gefährdet die Stabilität unserer Gesellschaft. Wer in Deutschland leben möchte, muss sich zu unseren Grundwerten und dem Grundgesetz bekennen. Wer hier Erdogan applaudiert, zeigt, dass er bei uns nicht angekommen ist. Eine Gesellschaft kann man auf Dauer nur zusammenhalten, wenn sie einen gemeinsamen Grundkonsens hat.