Aleppo (dpa) - Im Westen Aleppos war den Menschen vor dem Fest zum Feiern zumute. Laute Musik lief und ein greller Weihnachtsbaum leuchtete dort in den regierungstreuen Stadtvierteln.
Währenddessen bestiegen nur wenige Kilometer weiter - im Ostteil der Stadt - Zivilisten und geschlagene Rebellen bei klirrender Kälte die Busse, die sie aus der Stadt holen sollten.
Der Fall Aleppos und die vollständige Kontrolle der Regierung über die ehemalige Handelsmetropole zeigt das Versagen westlicher Politik angesichts der militärischen Skrupellosigkeit Russlands, um einen Sturz des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und einen Sieg der Rebellen zu verhindern.
2012 war die damalige US-Außenministerin Hillary Clinton noch in die Türkei gereist, um mit der Türkei zu besprechen, wie man den Sturz Assads "beschleunigen" könne. Davon ist heute keine Rede mehr. Ein wesentlicher Grund dürfte die Kehrtwende der Türkei sein, die als Pate der Rebellen gewirkt hatte und sich nun mit Moskau über die Zukunft Syriens berät.
Der Sieg des Machthabers Assad auf dem umkämpftesten und symbolhaftesten Schlachtfeld Syriens ist damit besiegelt. Wie geht es nun weiter im vielleicht schlimmsten Krieg der Gegenwart?
Zwar sind die größten Städte des Landes - unter anderem Damaskus, Aleppo, Homs und Hama - nun fest in der Hand der Regimetruppen. Doch noch immer beherrschen Rebellen, Kurden und der Islamische Staat große Teile des Landes. Aleppos Nachbarprovinz Idlib wird weitgehend von einem Rebellenbündnis unter Führung radikalislamischer Gruppen kontrolliert.
Allerdings hat Assads Armee militärischen Spielraum gewonnen: Die Schlacht um Aleppo band viele Kräfte, die jetzt in Idlib eingesetzt werden könnten. Und wenn Idlib das neue Aleppo wird, dann wären die vom Westen mit Sympathie begleiteten Rebellen in Syrien fast überall geschlagen.
Vor allem das IS-"Kalifat" kann Assad ohne ausländische Hilfe nicht stürzen. Jetzt bedrängen türkische Truppen gemeinsam mit Rebellen die Islamisten. Aber würden sie nach einem Sieg die eroberten Gebiete Assad überlassen? Das ist zweifelhaft.
Die Weltöffentlichkeit steht unter dem Eindruck des Bombenkrieges, bei dem viele Zivilisten in den vergangenen Jahren getötet wurden. Vor allem die gnadenlosen Luftangriffe des syrischen Regimes mit Unterstützung Russlands erregten Empörung und wurden vom scheidenenden UN-Generalsekretär Ban Ki Moon als Kriegsverbrechen bezeichnet.
"Gibt es wirklich nichts, was sie beschämen kann?", fragte die amerikanische UN-Botschafterin Samantha Power im UN-Sicherheitsrat mit Blick auf Syrien, Russland und den Iran. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte darauf einfach nur, dass er "müde" sei, das Jammern über Aleppo zu hören.
"Scham und Empörung als eine Form der internationalen Konfliktlösung funktionieren nicht", analysiert die Denkfabrik Soufan Group in New York. Die Möglichkeit aller Parteien, ihre eigenen Fakten und Narrative über Aleppo zu schaffen, hätten nicht zuletzt auch die Vereinten Nationen ausgehöhlt.
US-Präsident Barack Obama hatte den Kriegseinsatz in Nahost beenden und die Entsendung von Bodentruppen vermeiden wollen. Russland füllte mit seinem Kriegseintritt im Herbst 2015 dankbar die Lücke. Am Ende blieben den Amerikanern in Aleppo nur Worte. Keine Druckmittel, kein Einfluss.
Der designierte US-Präsident Donald Trump hatte schon im Oktober - noch als Wahlkämpfer - erklärt, dass Aleppo sowieso schon so gut wie gefallen sei. Zwei Monate später ist dies nun Realität.