Treffen in Sachsen

Wie weiter, Linke? Parteitag berät in Chemnitz

Die Partei hat plötzlich wieder Erfolg, doch hat sie auch alle Hände voll zu tun - mit ihren vielen neuen Mitglieder, mit einer neuen Rolle im Bundestag. Es gibt einiges zu bereden.

09.05.2025 UPDATE: 09.05.2025 04:33 Uhr 2 Minuten, 34 Sekunden
Bundesparteitag Die Linke
Die Linke trifft sich diesmal in Chemnitz zu ihrem 9. Bundesparteitag. (Archivbild)

Chemnitz (dpa) - Nach ihrem unerwarteten Erfolg bei der Bundestagswahl steckt sich die Linke neue Ziele. Ein Parteitag in Chemnitz berät ab heute, wie und mit welchen Themen man Wählerinnen und Wähler auf Dauer hält. Zum anderen steht die Partei vor der Aufgabe, Zehntausende neue Mitglieder einzubinden. Eines stellte die Bundesvorsitzende Ines Schwerdtner vorab klar: Regieren im Bund ist vorerst nicht das Ziel.

"Es geht uns darum, etwas zu verändern", sagte Schwerdtner dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wir würden nicht unsere Überzeugungen für einen Regierungsposten verkaufen." Ziel sei zunächst, "unsere eigene Identität als linke Partei aufzubauen". In den nächsten vier Jahren wolle die Linke so stark werden, dass sie wirklich in der Gesellschaft verankert sei und etwas verändern könne. "Wir wollen einen Politikwechsel aus der Gesellschaft heraus", sagte Schwerdtner.

Wie die Linke zurückkam

Die Linke hatte kurz vor der Bundestagswahl stark aufgeholt. Noch im Herbst 2024 lagen ihre Umfragewerte bei nur etwa drei Prozent. Am Wahltag im Februar erreichte sie dann 8,8 Prozent. Zugleich verdoppelte sie binnen weniger Monate ihre Mitgliederzahl und zählt nun nach eigenen Angaben etwa 112.000 Menschen in ihren Reihen. In vier Jahren will sie bei 150.000 sein.

Für den Erfolg nach langer Durststrecke kamen einige Punkte zusammen. Die sehr unzufriedene frühere Fraktionschefin Sahra Wagenknecht trat aus. Eine neue Parteispitze kam: Schwerdtner und ihr Co-Vorsitzender Jan van Aken. Diese zieht - und das ist ungewöhnlich für die Linke - an einem Strang mit der Fraktionsspitze Heidi Reichinnek und Sören Pellmann. Gemeinsam machten sie Haustürwahlkampf mit dem zentralen Thema Wohnen. Als dann CDU-Chef Friedrich Merz im Januar eine gemeinsame Abstimmung mit der AfD in Kauf nahm, trieb die Sorge vor einem Rechtsruck Tausende Wähler und neue Mitglieder zur Linken.

Wie die Linke darauf aufbauen will

Genau da will die Linke weiter machen und auch bei den anstehenden Kommunal- und Landtagswahlen punkten. "Wir sind die Hoffnung", ist der Titel des Leitantrags des Parteitags in Chemnitz. "Wir als Linke werden in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle einnehmen", heißt es im Entwurf. "Fokus, Fokus, Fokus" auf Themen wie Wohnen, Preise und Steuern für Reiche ist ein Schlagwort, Kampagnenfähigkeit ein anderes. Ziel sei "eine Partei, die praktisch gebraucht wird und konkret hilft".

Daneben ist im Antrag von einem neuen Programm bis 2027 die Rede. "Die Linke versteht sich als moderne sozialistische Partei für die arbeitende Klasse", heißt es. Dazu gehörten, "all jene, die dazu gezwungen sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten – also die übergroße Mehrheit in unserer Gesellschaft". Folglich solle die Linke eine "organisierende Klassenpartei" werden. 

Das Grundgesetz schreibe auch keine bestimmte Wirtschaftsordnung vor, heißt es im Entwurf. "Freiheitlich-demokratisch bedeutet für uns mehr Miteinander und Füreinander. Um ein neues Zusammenleben zu ermöglichen, braucht es jedoch einen grundsätzlichen Wandel, der die Macht der Milliardäre begrenzt, bricht und schließlich abschafft." Parteichef van Aken hatte zuletzt klargestellt, dass die Linke bei ihrem traditionellen Ziel bleibe: demokratischer Sozialismus.

Wie die Linke Einfluss gewinnen kann

Da dies für andere Parteien eher ein Schreckgespenst ist, dürften sich die Optionen zum Mitregieren im Bund in Grenzen halten - selbst wenn die Linke das wollte. Trotzdem hofft sie auf Einfluss: Wenn im Bundestag eine Zweidrittelmehrheit nötig ist, wird sie gebraucht. Das zeigte sich erst diese Woche. Da CDU-Chef Merz im ersten Anlauf zur Kanzlerwahl durchfiel, ging die Union erstmals auf die Linke zu, um den zweiten Wahlgang zu beschleunigen. 

Nun fordert die Linke ein Ende des sogenannten Unvereinbarkeitsbeschlusses, mit dem die Union eine parlamentarische Zusammenarbeit mit der Linken ausschließt. Schwerdtner sagte dem RND: "Die Regierung wird ja auf uns zugehen müssen. Bei der angestrebten Reform der Schuldenbremse ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Die wird es ohne uns nicht geben." 

Dass da politisch viel zusammenpasst, behauptet allerdings auch die Linke nicht. Den neuen Kanzler Merz geht sie im Leitantrag scharf an: "In Deutschland verkörpert Merz den Wandel vom neoliberalen Transatlantiker zum autoritären Rechtspopulisten. Es ist zu erwarten, dass eine Bundesregierung unter Führung von Merz sich wenig um die Lösung realer Probleme bemühen wird, sondern ebenfalls Schritte zu einer autoritären Ökonomie gehen wird."

Bundesparteitag

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