150 Strafverfahren eingeleitet: Ermittlungsleiter Armin Wolf (l.) und Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU) ziehen Zwischenbilanz ihrer Panama-Ermittlungen. Foto: Andreas Arnold/dpa
Von Peter Riesbeck, RNZ Berlin
Berlin. Seit drei Jahren sorgen die "Panama Papers" für Wirbel. Es geht um Briefkastenfirmen in Panama und Steuerhinterziehung in Milliardenhöhe, von denen die deutschen Behörden bislang 4,2 Millionen Euro eintreiben konnten. Doch die "Papers" sind nur Teil einer Serie von Steuerskandalen und Tricksereien, die in den vergangenen Jahren bekannt geworden sind:
Affäre um die Panama Papers: Im Jahr 2016 veröffentlichen Journalisten massenweise Datensätze über Unternehmen, die mit Unterstützung der Kanzlei Mossack Fonseca Briefkastenfirmen im Steuerparadies Panama unterhielten. Die Auswertung der Steuerdaten für Deutschland dauert an. "So wichtig wie die Aufklärung und Bestrafung ist auch die Zusammenarbeit verschiedenster Behörden im In- und Ausland", so Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU). Das Europaparlament setzte einen Untersuchungsausschuss ein. Zwischen den EU-Staaten wurde als Reaktion ein automatischer Austausch von Steuerdaten sowie ein Transparenzregister für Briefkastenfirmen vereinbart. International setzte die EU-Kommission neun Steueroasen auf eine schwarze Liste. "Ich gehe nicht davon, dass es unter den knapp 200 Staaten, die bei den UN registriert sind, nur neun Steueroasen gibt", so der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber. Er geht eher von "einer Größenordnung von 50 bis 70 Staaten aus".
Der LuxLeaks-Skandal: Im Jahr 2014 tauchen Dokumente auf, die aggressives Steuerdumping in Luxemburg belegen. Auf Anraten der Beratungsgesellschaft Price Waterhouse Cooper (PWC) verschieben Unternehmen wie Apple, Amazon, Ebay, Ikea und Deutsche Bank einen Teil der Gewinne in das Großherzogtum und werden dort mit Steuersätzen von zum Teil nur 1 Prozent belohnt. Das rechnet sich für die Unternehmen und für Luxemburg - ist aber illegal. Die resolute EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager geht mit einem Trick gegen Luxemburg und die beteiligten Unternehmen vor. Sie erkennt in den gewährten Steuervorteilen eine unerlaubte Wirtschaftsförderung und verhängt Strafen in Milliardenhöhe. PWC-Mitarbeiter Antoine Deltour, der die brisanten Unterlagen Journalisten zugespielt und damit den Skandal ins Rollen gebracht hatte, wurde zunächst zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Das Urteil wurde später aufgehoben. Das Europaparlament treibt in der Folge ein Gesetz zum Schutz von Informanten (Whistleblower) voran.
Legales Steuerdumping: Sie heißen "Irish Double" oder "Dutch Sandwich" - Steuersparmodelle, mit denen Länder wie Irland oder Holland internationale Konzerne locken. Moral bedenklich, rein rechtlich legal. Und so läuft das Business: Der US-Kaffeeröster Starbucks etwa siedelt seine Europazentrale in Holland an, die fordert von den nationalen Tochtergesellschaften Lizenzgebühren für das Verfahren zum Rösten der Kaffeebohnen in Berlin, Budapest oder Wien. So landet der Gewinn, der in den einzelnen EU-Staaten erzielt wird, auf Konten in den Niederlanden, wo niedrigere Steuersätze gelten.
Auch Techfirmen wie Apple, Facebook oder Google verwenden diesen Trick. EU-Kommissarin Vestager sieht auch hier unerlaubte staatliche Beihilfen und verhängt Milliardenstrafen.
Der Versuch, einen EU-weiten Mindeststeuersatz für Unternehmen einzuführen, scheitert aber. Ebenso der Plan, Konzerne wie Apple, Amazon, Google & Co. über eine Digitalsteuer zu belasten.
Die Idee dabei: Die Firmen zahlen Steuern in dem Land, in dem sie auch den Umsatz erzielen. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) bremst, er setzt auf ein globales Vorgehen im Rahmen der OECD-Staaten. Doch das kommt nicht voran. Entnervt hat Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron jetzt eine nationale Digitalsteuer angekündigt. "Andere EU-Staaten werden dank Herrn Scholz mit Einzellösungen folgen, das wird den Binnenmarkt weiter fragmentieren", klagt der Europaabgeordnete Sven Giegold im RNZ-Gespräch (siehe Interview auf dieser Seite)