Von Christian Altmeier
Heidelberg. Für die einen gilt auch beim Bargeld: Wer den Cent nicht ehrt, ist des Euros nicht wert. Andere finden das Kleingeld dagegen eher lästig. Denn es macht den Geldbeutel dick und nervt an der Kasse. Nun droht den Ein- und Zwei-Cent-Münzen womöglich das Aus. Die EU-Kommission erwägt mittelfristig eine Abschaffung der Kleinstmünzen, wie aus einem Arbeitspapier der Brüsseler Behörde hervorgeht. Die wichtigsten Fakten im Überblick:
Was ist das Problem mit den Ein- und Zwei-Cent-Münzen? Die Herstellungskosten übersteigen zumindest beim Ein-Cent-Stück den Nennwert deutlich. Offiziell werden dazu zwar unter Verweis auf das Geschäftsgeheimnis der Prägeanstalten keine genauen Angaben gemacht. Der Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer schätzt die Kosten für die Herstellung einer Ein-Cent-Münze jedoch auf 1,65 Cent. Die EU-Staaten machen beim Prägen des Geldes also Verluste. Bei der Zwei-Cent-Münze liegen die Kosten nur knapp unter dem Nennwert. Hinzu kommt der Ressourcenverbrauch. Von 2016 bis 2018 wurden allein 1,44 Milliarden deutsche Ein-Cent-Münzen und 1,35 Milliarden deutsche Zwei-Cent-Münzen hergestellt, wie aus Angaben des Bundesfinanzministeriums auf Anfragen der Grünen-Fraktion hervorgeht. Dafür seien insgesamt gut 7000 Tonnen Stahl und gut 415 Tonnen Kupfer verwendet worden. Auch der Aufwand für das Zählen sowie für den Transport der Münzen spielt eine Rolle.
Wie stehen die Verbraucher dazu? Ein weiterer Grund für die Debatte über eine Abschaffung der Kleinstmünzen ist, dass die Mehrheit der EU-Bürger Umfragen zufolge die kleinen Geldstücke nicht mehr haben will. Bei einer Befragung im Jahr 2017 stimmten etwa 64 Prozent in Europa für eine Abschaffung und 33 Prozent dagegen. Etwas stärker am Kleingeld hängen die Deutschen. Aber auch hier ergab eine Umfrage im Jahr 2018 eine Mehrheit von 58 Prozent, die auf das rote Klimpergeld lieber verzichten würde.
Wie viele der Münzen sind europaweit im Umlauf? Nach Angaben der Europäischen Zentralbank (EZB) waren bis Dezember 2019 rund 36,7 Milliarden Ein-Cent-Münzen und etwa 28,2 Milliarden Zwei-Cent-Münzen in der Eurozone in Umlauf gebracht worden. Sie machen damit fast die Hälfte aller geprägten Euro-Münzen im Wert von einem Cent bis zu zwei Euro aus. Grund hierfür ist, dass die kleinen Münzen oft nur einmal verwendet und dann gehortet werden. Bis zu 80 Prozent der Ein- und Zwei-Cent-Münzen sind nicht im Umlauf. Jeder Europäer hortet im Schnitt 181 der Münzen, jeder Deutsche sogar 200. Dementsprechend oft muss nachgeprägt werden.
Wie ist es in anderen Ländern? Finnland hat die Kleinstmünzen bei der Umstellung auf den Euro 2002 gar nicht erst eingeführt. Auch Holland, Belgien und Irland verzichten inzwischen darauf. Handel und Kunden haben in diesen Ländern weitgehend positiv reagiert. In Italien werden die Münzen seit 2018 nicht mehr geprägt. Rechtlich müssen sie aber weiterhin in allen Euro-Ländern akzeptiert werden, auch dort, wo sie nicht mehr im Umlauf sind.
Was bedeutet das für die Preise? Es müsste künftig immer auf Fünf-Cent-Beträge auf- oder abgerundet werden. Kommt die Rechnung zum Beispiel auf 2,93 Euro und man gibt 2,95 Euro, bekommt man kein Rückgeld. Bei einem Betrag von 2,92 Euro reicht es, 2,90 Euro auf den Tresen zu legen. Damit beträgt der Gewinn oder Verlust maximal zwei Cent und sollte sich im Lauf der Zeit ausgleichen. In Finnland, den Niederlanden oder Irland haben die Rundungen die Verbraucherpreisinflation nicht messbar beeinflusst. Der deutsche Einzelhandel fürchtet aber, in den Verdacht zu geraten, die Kunden übervorteilen zu wollen. Auch Verbraucherschützer glauben, dass häufiger auf- als abgerundet werde, weil viele Preise auf neun endeten.
Wie geht es nun weiter? Die EU-Kommission hat noch keine Entscheidung über die Abschaffung von Ein- oder Zwei-Cent-Münzen getroffen. "Wir haben nicht vorgeschlagen, dass wir Ein- oder Zwei-Cent-Geldstücke abschaffen wollen", sagte Kommissions-Vizepräsident Maros Sefcovic am Mittwoch in Brüssel. Die Behörde habe bisher nur eine Analyse der "Effizienz" des Kleingeldgebrauchs geplant und "Konsultationen" mit allen Akteuren und den Mitgliedstaaten. Erst danach werde die Kommission "eine endgültige Entscheidung" treffen. Wichtig seien aus Sicht Brüssels "gemeinsame Regeln der Rundung", wenn sich Mitgliedstaaten entschlössen, Zahlungen mit Ein- oder Zwei-Cent-Stücken zu vermeiden. Bisher wird dies nicht überall einheitlich gehandhabt.