Interview

"Zur Rechenschaftspflicht zurückkehren"

Reiner Holznagel vom Steuerzahlerbund zu Diäten und Altersbezügen von Politikern

13.02.2020 UPDATE: 14.02.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 37 Sekunden
Reiner Holznagel (43) ist Präsident des Bundes der Steuerzahler. Foto: dpa

Herr Holznagel, der Diäten der Bundestagsabgeordneten werden in den nächsten Monaten steigen. Ein Grund zur Kritik?

Bei meiner Kritik möchte ich unbedingt differenzieren: An der Höhe der Diäten gibt es nichts auszusetzen. Nicht richtig finde ich aber, wie sie festgesetzt werden, und zwar durch einen  vollautomatischen Erhöhungsmechanismus. Dabei legen die Abgeordneten die Rechtsgrundlagen für ihre Diäten selbst fest. Deshalb sollte jegliche Anhebung vor den Augen und Ohren der Öffentlichkeit begründet werden und zwar live im Bundestag. Zu dieser Rechenschaftspflicht müssen die Abgeordneten zurückkehren. Außerdem gehört das Privileg der steuerfreien Kostenpauschale abgeschafft. Ich sehe nicht ein, warum für Parlamentarier immer noch Bevorzugungen gelten, die aus der Zeit gefallen sind und von denen Arbeitnehmer nur träumen können.

Nicht nur von den Diäten, vor allem auch von den Altersbezügen können die meisten Steuerzahler nur träumen. Sie fordern seit Jahren eine grundlegende Reform. Wie sollte die aussehen?

Auch die vollständig steuerfinanzierten Abgeordnetenpensionen sind ein Ärgernis. Wer derzeit eine Wahlperiode lang im Bundestag sitzt, hat bereits einen Pensionsanspruch von mehr als 1000 Euro monatlich erworben. Diese enorme Summe wird oft unterschlagen, wenn Bezüge von Bundestagsabgeordneten dargestellt werden. Deshalb sollte dieses Privileg so schnell wie möglich abgeschafft werden. Ich halte es für fair, wenn Bundestagsabgeordnete in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen müssen und hier ihre Altersversorgung geregelt ist. So erfahren auch unsere Volksvertreter von den Problemen, die wir bei der Wohlstandssicherung im Alter haben.

Noch immer haben sich die Fraktionen nicht auf eine Wahlrechtsreform verständigt. Der nächste Bundestag dürfte deutlich größer werden. Droht da nicht eine weitere Kostenexplosion?

Wir müssen bedenken, dass der Bundestag mit seiner historisch hohen Zahl von aktuell 709 Abgeordneten schon jetzt so teuer ist wie noch nie ist. Wir reden über Gesamtausgaben von mehr als einer Milliarde Euro im Jahr 2020. Hierzu gehören auch die Kosten der Bundestagsverwaltung zum Beispiel Personalausgaben für Beamte, Unterhaltung der Liegenschaften, Sachausgaben, Investitionen oder der Besucherdienst. Wenn wir uns nur die aktiven mandatsbezogenen Kosten anschauen – damit meine ich die Kostenpauschale, die Mitarbeiterpauschale oder auch Zuschüsse für Krankheit und Pflege sowie Dienstreisen und vieles mehr – liegen wir allein hier schon bei 533 Millionen Euro. Wenn die Fraktionen keine Wahlrechtsreform zustande bekommen, könnten wir nach der nächsten Bundestagswahl locker bei 800 Abgeordneten liegen. Das sprengt die Kosten weiter. Wenn ich nur die besagten aktiven mandatsbezogenen Kosten heranziehe, lägen wir hier bei 597 Millionen Euro pro Jahr – eine Steigerung von 64 Millionen. Nicht nur deshalb, sondern auch aufgrund des Demokratie-Gedankens sollten die Fraktionen endlich Abstriche bei ihren eigenen Interessen machen und handeln.

Das Interview führte Andreas Herholz, RNZ Berlin

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