Das üppige Redehonorar für Peer Steinbrück ist ein Image-Gau für Bochum. Foto: dpa
Von Johannes Nitschmann, RNZ Düsseldorf
Bochum. "Du bist keine Weltstadt", singt Herbert Grönemeyer in der "Tief-im Westen"-Ode an seine Heimatstadt Bochum, "hier wo das Herz noch zählt, nicht das große Geld." Jetzt ist das kumpelige Kleine-Leute-Image der rustikalen Revierstadt gründlich ramponiert. Verzweifelt versucht die Verwaltungsspitze im Rathaus seit Tagen aufzuklären, warum die Stadtwerke Bochum großes Geld ausgaben, um in einem gläsernen Atriumbau Promis wie Peer Steinbrück, Joachim Gauck, Peter Maffay oder Uli Hoeneß für einen handverlesen Kreis von Lokalgrößen zu präsentieren. Alleine Steinbrück kassierte für die Teilnahme an einer Talkrunde 25 000 Euro.
Annähernd 180 000 Euro pro Jahr hat das städtische Energieunternehmen für den Promi-Tratsch ausgegeben. Dabei sind die Kassen der mit 1,4 Milliarden Euro verschuldeten Kommune chronisch klamm. In Bochum regieren seit Jahren nicht nur Sozialdemokraten, sondern auch der Nothaushalt. Die Rathauspolitiker stehen unter Kuratel der Kommunalaufsicht.
Um ihrem finanziellen Engpass zu entkommen, fanden findige Ratsvertreter einen Ausweg. Mit der städtischen Imagepflege betrauten sie fortan die Stadtwerke, die als privatrechtlich organisiertes Tochterunternehmen nicht der Aufsicht durch das nordrhein-westfälische Innenministerium unterliegen.
Nur wenige Tage vor Bekanntwerden der üppigen Honorarzahlungen hatten die Bochumer Stadtwerke eine Strompreiserhöhung von zwei Cent je Kilowattstunde zum kommenden Jahr angekündigt. Empörte Bochumer drängen nun auf Aufklärung, warum der Aufsichtsrat der Stadtwerke mit Oberbürgermeisterin Ottilie Scholz (SPD) an der Spitze ihren Vorstandschef Bernd Wilmert jahrelang gewähren ließ. Scholz versichert, ihr sei das Gebaren bei dem Promiplausch nicht bekannt gewesen, schon gar nicht die fürstlichen Rednerhonorare. Das mag der Rathauschefin kaum jemand abnehmen.
Der Stadtwerke-Chef bemüht sich nun, den Luxusevent des "Atrium-Talks" mit einem karitativen Mäntelchen zu kaschieren. Auch Steinbrück will sein Honorar spenden. Aber der Image-Gau ist längst da - für den SPD-Kanzlerkandidaten ebenso wie für die Stadt.
"Was geht eigentlich vor in den Köpfen provinzieller Scheineliten?", fragt der Grüne Roland Appel. "Oma Meier" kriege den Hahn zugedreht, wenn sie Gas und Strom nicht mehr bezahlen könne. "Derweil räkelt sich in irgendwelchen Aquarien die Ruhrpott-Sozialdemokratie im warmen Kunstlicht und macht auf Kosten von Oma Meier Schickimicki." Ähnlich erbost sind auch führende Sozialdemokraten. "Unglaublich", echauffiert sich ein Regierungsmitglied in Düsseldorf hinter vorgehaltener Hand, "die haben jede Sensibilität verloren."