Ums Jahr 1645 hielt Matthäus Merian der Ältere seine Ansicht von der "feinen, wohlgebauten Stadt" Mosbach fest, die er in einem seiner Hauptwerke, der "Topographia Germaniae", veröffentlichte. Auf dem Bild verschmelzen Merians Kupferstich und eine aktuelle fotografische Ansicht der Stadt. Montage: Stadt Mosbach
Von Manon Lorenz
Mosbach. Bis zum Herbst 1621 wurde Mosbach und seine Umgebung vom "Dreißigjährigen Krieg" nur am Rande berührt. Zu leiden hatte die Bevölkerung bis dahin einzig unter den erhöhten Landessteuern in der Kurpfalz, die Friedrich V. zur Finanzierung des Kriegs gegen die katholische Liga dringend benötigte. Im Oktober 1621 änderte sich die Lage aber schlagartig, und auch Mosbach wurde zum Kriegsschauplatz.
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Vorausgegangen war die Niederlage Friedrichs V. von der Pfalz in der "Schlacht am Weißen Berg" bei Prag im November 1620, wodurch die katholischen Kräfte unter der Führung Maximilians von Bayern Auftrieb erhielten. Für seinen Einsatz in Böhmen hatte Kaiser Ferdinand II. dem Bayernherzog die Inbesitznahme der Oberpfalz und die Übertragung der pfälzischen Kurwürde, die bisher Friedrich gebührte, in Aussicht gestellt. Somit verlagerte sich der bis dato auf den ostmitteleuropäischen Raum beschränkte Kriegsschauplatz nach Westen in die Kurpfalz.
Um es vorwegzunehmen: Einer Brandschatzung fiel die Stadt nicht anheim. Stattdessen stellten ständige Truppendurchzüge, Einquartierungen und Plünderungen durch Heere der protestantischen Union und der katholischen Liga sowie deren Verbündeten Bürger und Stadt auf eine harte (finanzielle) Belastungsprobe.
Den Anfang machten die im Dienste des böhmischen Königs stehenden Truppen des Grafen Ernst von Mansfeld, die vom 22. bis zum 25. Oktober 1621 auf ihrem Weg von der Ober- in die Kurpfalz durch Mosbach und Neckarelz zogen. Entgegen der Erwartungen wüteten die als besonders räuberisch und grausam bekannten Soldaten während dieser vier Tage nicht wie gewohnt - zumindest haben sich keine Klagen erhalten.
Dem Durchzug der "Mansfelder" folgte kurz darauf die erste Besetzung durch die katholische Seite. Um den Anmarsch der aus der Oberpfalz nachrückenden Truppen unter dem Befehl von Johann Tserclaes Graf von Tilly zu erleichtern, besetzte eine Vorhut unter Generalwachtmeister Freiherr von Anholt den Straßenknotenpunkt Mosbach und stationierte Posten entlang des Neckarlaufs. Nachdem sie zwei Tage unter Beschuss gestanden hatten, öffneten die anfangs zur Verteidigung entschlossenen Mosbacher schließlich am 21. November 1621 die Stadt.
Eine große Belastung für die Bürger bedeuteten die zahlreichen Fuhrdienste, die sie bis zum Kriegsende für die immer wieder wechselnden Besatzer zu leisten hatten. So mussten die Mosbacher beispielsweise das Gepäck des Oberst Levin von Mortaigne im November 1621 in die Stadt fahren, während er sich selbst ins ebenfalls von Kaiserlichen besetzte Boxberg kutschieren ließ.
Zudem mussten Brot und Kriegsmaterial in die eingenommenen Gemeinden Neckarelz, Neckargerach, Eberbach oder Neckarzimmern transportiert werden. Ende 1622 musste der Bürger Thoma Balspach kranke Soldaten von Haßmersheim nach Mosbach überführen. Für die Kosten all dieser Fahrten hatte die Stadt aufzukommen.
Zu Beginn des Jahres 1622 erlebte die Mosbacher Bevölkerung die Einquartierung der Truppen eines höchst prominenten Zeitgenossen: Vom 15. Februar bis zum 9. März verlegte General Tilly sein Hauptquartier von Weinheim nach Mosbach. Die Ratsherren versuchten gleich, sich die Gunst des berühmten Feldherrn mit wertvollen Geschenken wie Messern und Trinkbechern zu sichern.
Für die Bürger bedeutete der Aufenthalt lediglich, abermals lästige Fahrdienste übernehmen zu müssen. "2 Tag dem Herrn Generaln Zelten nach Bischofsheim geführt, 9 Kärcher dem General Wein und Hausrat nach Sinsheim geführt", lautete eine handschriftliche Notiz des Bürgermeisters, nachdem Tilly mit seinen Soldaten weiter nach Neckarbischofsheim gezogen war.
Nur zwei Monate später, im Mai, erforderte ein selbst für Kriegsverhältnisse nicht alltäglicher Vorfall noch einmal die Rückkehr Tillys nach Mosbach. Dort lag der Gefreite Nicolaus Persen im Turm und wartete auf die Vollstreckung seines Todesurteils. Am 3. Mai hatte der Soldat die Stellung auf Burg Neuburg bei Obrigheim - einem wichtigen Beobachtungsposten der katholischen Truppen - ohne schriftlichen Befehl aufgegeben und war mit seinen fünf Mann abgezogen.
Ein Missverständnis, so die Erklärung des Soldaten, der noch in derselben Nacht eiligst mit 35 Mann auf die Burg zurückgekehrt war. Tilly begnadigte den Gefreiten auf Bitten seiner Kameraden zwar, ließ ihn aber nicht ungeschoren davonkommen: Am 11. Mai wurde er, nachdem man ihm die Waffen abgenommen hatte, vor aller Augen gedemütigt und zur Stadt hinausgetrommelt. Ein Vorgehen, dass sich die Mosbacher wohl auch für die in der Stadt verbliebenen Besatzer gewünscht hätten.
Doch der Krieg hielt Mosbach bis zum "Westfälischen Frieden" 1648 weiter in Atem. Im Jahr 1627, in das zu allem Unglück noch eine Pestepidemie in den Neckargegenden fiel, plünderten kaiserliche Reiter die Städte Mosbach und Boxberg. Zwischen 1631 und 1634 besetzten die Schweden Mosbach, 1643 die Franzosen. Für den Unterhalt der Truppen mussten Stadt und Bevölkerung aufkommen; die Höhe der Geldleistungen legten die Befehlshaber fest. Die Bürger konnten sich aber auch von Einquartierungen freikaufen: pro Soldat wurden zwischen sieben und 15 Gulden veranschlagt.
Die Ausgaben der Stadt für Kriegszwecke wurden mit der Zeit immer drückender und stiegen zwischen 1620 und 1622 von 2580 Gulden auf 14.800 Gulden an. Laut einer Abrechnung des Stadtschreibers Johann Christoph Schneider musste die Stadtkasse allein von August bis September 1622 für ganze 43 Malter Hafer (4 Tonnen), 1800 Maß Wein (35.000 Liter) und über 100 Kilogramm Salz aufkommen.