Von Steffen Rüth
Im vergangenen September gaben James Hetfield, Kirk Hammett, Robert Trujillo und Lars Ulrich zusammen mit dem weltberühmten "Orchester San Francisco Symphony" nach zwei Jahrzehnten wieder zwei grandiose "Beste-Metalband-trifft-herausragendes-Orchester-Konzerte". Nachdem "S&M2" im Herbst 2019 kurz im Kino zu sehen war, gibt es das musikalische und visuelle Erlebnis nun für Zuhause. RNZett sprach mit den 57-jährigen Gitarristen Kirk Hammett.
Kirk, bist Du froh, dass es wieder losgeht?
Kirk Hammett: Natürlich. Wir haben jede Menge Pläne, aber gerade hier in den USA verändert sich die Corona-Situation immer noch so schnell, dass man kaum vorausschauen kann, wie sich das entwickelt. Wir haben ein paar Sachen gemacht, wie die Akustikversion von "Blackened", die wir an separaten Orten aufgenommen haben, ich hier, Lars und Rob in San Francisco, James in Colorado. Dass das überhaupt möglich war, ist schon eine ziemlich fantastische Sache. Und jetzt ist es natürlich großartig, dass wir wieder in einem Raum proben können und endlich wieder live spielen. Ich kann nur sagen: Wir sind bereit.
Arbeitet Ihr auch schon ernsthaft am nächsten Studioalbum?
Ja, wir haben versucht, die ruhige Zeit zu nutzen. Wir sammeln unsere Einfälle digital, bei mir sind schon ungefähr 600 musikalische Ideen zusammengekommen. Ich speichere die jetzt übrigens immer noch mal auf einem zusätzlichen Gerät ab (lacht, Erklärung: Kirk verlor seine Riffs und Ideen für das letzte, 2016 erschienene, Album "Hardwired…To Self-Destruct" zusammen mit seinem Handy). Wir bauen also momentan so eine Art Datenbank auf.
Wie ist Eure Beziehung im Moment?
Wir sind wirklich wie Brüder. Wir lieben uns, wir hassen uns, wir sind aneinander gekettet. Wir wissen, dass es so ist, und wir wehren uns nicht dagegen.
Nächstes Jahr wird Metallica 40. Was bedeutet Dir das?
Das Jubiläum ist ein Meilenstein und ein großer Grund zu feiern – in welcher Form das möglich sein wird, müssen wir abwarten. Wir alle sind uns unserer Rolle in der modernen Kultur bewusst. Wenn du mich persönlich fragst: Mich interessiert nicht, wie viele Konzerttickets oder Alben wir verkaufen, mir ist es auch nicht wichtig, wer auf Tour das meiste säuft, das meiste Geld raushaut oder mit den meisten Frauen schläft. Alle diese Dinge waren mir nie wichtig. Für mich ist alles entscheidend, dass wir Kunst machen, die den Menschen hilft, sich besser zu fühlen.
Hattet Ihr eigentlich immer den Wunsch, ein zweites "S&M"-Album zu machen?
Yeah. Die ersten Shows 1999 waren ein reines Vergnügen, und es war toll, mit dem Dirigenten Michael Kamen zu arbeiten. Michael ist 2003 gestorben, so ein bisschen ist die Neuauflage auch zu seinen Ehren passiert. Letztlich fügte sich mal wieder alles zusammen: Die Anfrage, zur Eröffnung des neuen "Chase Centers" in San Francisco mit dem San Francisco Symphony zu spielen, traf auf unsere Überlegungen, wie großartig es doch wäre, noch mal in solch einem Rahmen zu spielen.
Und 2039 gibt es dann den dritten Teil?
Das wäre was, oder (lacht)? Hey, vermutlich wäre es sehr angemessen. Wir werden dann alle in unseren Siebzigern sein, und in diesem reifen Alter mit dem Sinfonieorchester zu spielen, das hätte ohne Zweifel Stil.
Wie hast Du die beiden Abende im September 2019 in Erinnerung?
Es war eine herausragende Erfahrung für mich und für uns alle. Das Konzert war ein echtes Ereignis, ganz wie auch schon die ursprünglichen "S&M"-Shows vor 20 Jahren. Mein absoluter Wunsch war, dass es genauso fantastisch wird wie damals, und deshalb habe ich ganz persönlich alles dafür getan und mich wochenlang so richtig geknechtet.
Du warst sozusagen im Trainingslager?
Ja, total. Ich wollte in Topform sein und richtig, richtig gut aussehen auf dieser Bühne. Also bin ich fünf, sechs Mal pro Woche ins Fitnessstudio und bin zusätzlich noch vier Mal jede Woche gerannt. Eine körperlich gute Verfassung war die Grundvoraussetzung. Etwa ab einer Woche vor der ersten Show habe ich einen intensiven und sehr rigiden Übungsplan abgearbeitet, den ich mir selbst aufgestellt hatte. Wenn ich nicht beim Sport war, spielte ich Gitarre. Ich wollte mit wirklich 100 Prozent meiner musikalischen Fähigkeiten auf dieser Bühne stehen.
Warum war Dir das so wichtig?
Mann, weil wir mit klassischen Musikern gespielt haben! (lacht) Und zwar mit so ziemlich den besten der Welt. Deren Musikalität ist immer am Optimum, ihr Spiel erfordert permanent sehr viel Konzentration und Hingabe. Auch intellektuell ist das fordernd. Du kannst dir keinen Schlendrian leisten, wenn du ein klassisches Konzert spielst. Um da mithalten zu können, wussten wir alle vier, dass wir aus sämtlichen uns zur Verfügung stehenden Zylindern feuern mussten.
Wie war die Verbindung zu den beiden Dirigenten Michael Tilson Thomas und Edwin Outwater, die das Erbe Michael Kamens übernahmen?
Brilliant. Mit Edwin Outwater bin ich mittlerweile gut befreundet. Er ist ein Riesenfan von Horrorfilmen, genau wie ich.
Wie würdest Du die Entwicklung vom ersten "S&M"-Album zum jetzigen beschreiben?
Wir haben eine ganze Reihe von Dingen dazugelernt. Zunächst einmal hat sich die Technologie in diesen 20 Jahren sehr stark weiterentwickelt. Wir konnten den vollen Nutzen daraus ziehen, was heute soundtechnisch alles machbar ist, beispielsweise haben wir die Symphoniker noch viel detaillierter und individueller aufnehmen können, dazu war es auch einfacher, die Band und das Orchester klanglich auseinanderzudividieren. Das gesamte Hörerlebnis ist dadurch klarer und noch differenzierbarer geworden. Zudem war die Bühne viel besser. Beim ersten Mal saß das Orchester noch hinter uns, jetzt spielte sich alles auf einer runden Bühne ab. Wir waren also rein räumlich noch viel besser integriert innerhalb der klassischen Musiker.
Info: Das Album "S&M2" erscheint am 28. August. Aktuell gibt es für Deutschland keine Termine für eine Metallica-Tour.