Die Montage des Gemäldes von Carl Theodor im Florian-Waldeck-Saal in den rem war für die Restauratoren Schwerstarbeit. Foto: Rebecca Kind
Von Ingeborg Salomon
Heidelberg. Das Kurpfälzische Museum Heidelberg (KMH) und die Reiss-Engelhorn-Museen (rem) Mannheim machen Kurfürstin Elisabeth Auguste zu ihrem 300. Geburtstag am Sonntag ein besonderes Geschenk: Zu dem repräsentativen Gemälde der Pfälzer Landesmutter, das sich schon lange in den Reiss-Engelhorn-Museen befindet, gesellt sich nun das ebenso stattliche Pendant ihres Gatten Carl Theodor. Dank einer Dauerleihgabe des Kurpfälzischen Museums sind die beiden nun nach jahrzehntelanger Trennung wieder vereint. Ob sie sich darüber gefreut hätten, darf bezweifelt werden: Die Ehe war nicht glücklich, das Paar lebte auf Distanz, beide hatten zahlreiche Liebschaften.
Das Kurfürstenpaar rückt sich auch im Museum Zeughaus nicht auf die Pelle, denn die beiden Herrscherporträts mit ihrer stattlichen Höhe von mehr als 3,30 Metern flankieren im Florian-Waldeck-Saal die Bühne. Einander zugewandt, aber getrennt; das dürfte der Beziehung des Paares entsprechen. Die eindrucksvollen Originalrahmen aus vergoldetem Holz, die jeweils von einem Kurhut gekrönt werden, dürften bei beiden allerdings Begeisterung auslösen: Ihre Hofhaltung war pompös, Geld spielte keine Rolle, wie auch an dem kostbaren Tafelsilber der Kurfürstin zu sehen ist.
Der neue rem-Generaldirektor Prof. Wilfried Rosendahl zeigt sich begeistert: "Es freut mich sehr, Carl Theodor mit diesem Bild bei uns in Mannheim begrüßen zu dürfen", betonte er. Für ihn war die Bildübergabe ein gelungener Start in sein neues Amt, das er am 1. Januar als Nachfolger von Prof. Alfried Wieczorek angetreten hat. "Wir verdanken Carl Theodor viel. Die Sammlungen der Reiss-Engelhorn-Museen gehen auf seine Leidenschaft für Kultur und Wissenschaft zurück. Ich hoffe, dass bald Besucherinnen und Besucher in den Genuss kommen, unter den Augen des Paares Konzerte und Vorträge in unserem Prunksaal zu erleben", so Rosendahl weiter.
Gemalt wurden die Werke von Heinrich Carl Brandt (1724–1787), dem Kabinettporträtmaler am Mannheimer Hofe, wahrscheinlich anlässlich der offiziellen Gründung der Mannheimer Zeichnungsakademie im Jahr 1769. Bei dem Schriftstück mit einer Passage aus Ovids "Metamorphosen", das Carl Theodor auf dem Gemälde in seiner linken Hand hält und das mit zwei Siegelkapseln versehen ist, handelt es sich wahrscheinlich um deren Gründungsurkunde.
Wann und wieso die beiden Porträts getrennt wurden, ist nicht bekannt. 1937 waren beide noch im Bestand des Mannheimer Schlossmuseums verzeichnet. Nach dem Krieg gelangte Elisabeth Auguste in die heutigen Reiss-Engelhorn-Museen, und Carl Theodor war lange Jahre auf dem Heidelberger Schloss ausgestellt. Seit Anfang der 1990er Jahre schlummerte er – auch bedingt durch seinen schlechten Erhaltungszustand – in den Depots des Kurpfälzischen Museums. Dort hat ihn Susanne Voigt drei Monate lang sorgfältig restauriert und aufgehübscht, damit er sich in Mannheim in neuem Glanze präsentieren kann – und nicht allzu blass aussieht neben seiner schon lange restaurierten Gemahlin. Beim Auspacken und bei der Hängung des Bildes mussten die Restauratoren Schwerstarbeit leisten: Carl Theodors Material ist mit Öl auf Leinwand noch nicht so gewichtig, aber sein opulente Rahmen wiegt über 70 Kilogramm und dank der aufgesetzten Krone ist der Schwerpunkt des Exponats oben. Eine Herausforderung!
Die Montage des Gemäldes von Carl Theodor im Florian-Waldeck-Saal in den rem war für die Restauratoren Schwerstarbeit. Foto: Jean ChristenDie Idee zur Wiedervereinigung geht auf KMH-Direktor Prof. Frieder Hepp zurück: "Dass unsere gemeinsamen kulturellen Wurzeln in der Kurpfalz liegen, haben die rem und das KMH in den vergangenen Jahren durch ihre Ausstellungen mehrfach gezeigt und damit einen wesentlichen Beitrag zur Identität der Metropolregion geleistet. Nichts anderes besagt auch das Ovid-Zitat auf dem Schriftband, das Carl Theodor in der Hand hält: ‚Und wir geben Beweis, woher wir genommen den Ursprung‘. Die Zusammenführung beider Porträts ist darüber hinaus ein Zeichen der freundschaftlichen Zusammenarbeit, die sich in der Ära Wieczorek zwischen den beiden Museen entwickelt hat und die wir auch in Zukunft gerne fortsetzen wollen."
Wenn die Besucher den Florian-Waldeck-Saal wieder nutzen dürfen, sollten sie die Bilder unbedingt genauer anschauen, sie erzählen nämlich eine ganze Menge über die kurfürstliche Regentschaft im 18. Jahrhundert. Carl Theodor (1724–1799) ist als Herrscher im Purpurmantel mit Hermelin dargestellt. Um den Hals trägt er die Kette des Hubertusordens, des kurfürstlich-pfälzischen Hausordens, dessen Großmeister er war. Er sitzt unter einem Baldachin mit Vorhangdraperie als Zeichen seines fürstlichen Standes. Vor ihm auf dem Tisch befindet sich ein Kissen mit Kurhut und zu seinen Füßen der pfälzische Löwe, stellvertretend für seine Kurwürde. Auch Elisabeth Auguste (1721–1794) ist mit Kurhut, Zepter sowie einem Löwen zu ihren Füßen abgebildet. Neben diesen Herrscherattributen wird die Kurfürstin mit einem Füllhorn gezeigt, aus dem sie Goldmünzen schüttet. Sie verkörpert die Tugend der Hochherzigkeit und Freigebigkeit.
Tatsächlich war die Regentschaft des Kurfürstenpaares eine Blütezeit für Mannheim und die Kurpfalz. Ihr Hof wurde zu einem der führenden kulturellen Zentren Europas. Diese "goldene Ära" Mannheims endete abrupt im Jahre 1777, als die bayerische Linie der Wittelsbacher ausstarb; Carl Theodor erbte Bayern und musste seine Residenz nach München verlegen.
Elisabeth Auguste lebte ab 1761 nach dem Tod des einzigen Sohnes in ihrem Schloss in Oggersheim; heute existiert davon nur noch die Kirche mit Wappen. Ende 1793 musste sie vor den französischen Revolutionstruppen auf die andere Rheinseite nach Weinheim fliehen. Glücklicherweise gab es auch da ein Schloss, in dem sie 1794 starb. Beigesetzt wurde sie im Karmeliterkloster in Heidelberg; am Friesenberg 1a sind noch heute überbaute Reste erhalten. Doch zur Ruhe kam die Kurfürstin hier nicht: Das Kloster wurde 1805 aufgehoben, ihr Sarg in die St. Michaelskirche nach München überführt. Carl Theodor hatte seine Gattin trotz Kinderlosigkeit und zahlreicher Affären beider Partner nie verstoßen. Erst als sie am 17. August 1794 starb, heiratete er 1795 Erzherzogin Maria Leopoldine von Österreich-Este, eine Enkelin Kaiserin Maria Theresias. Die 18-Jährige lehnte jeden körperlichen Kontakt mit ihm ab, sodass Carl Theodor ohne legitimen Erben blieb. Ein Happy End gab es zu Lebzeiten des Kurfürstenpaares nicht, erst jetzt im Mannheimer Museum.