SAP stellt Wachstum über Profitabilität
Der Walldorfer Software-Konzern schraubt die Gewinn-Ziele zurück - Der Umbau zum Cloud-Unternehmen wird teuer

Walldorf. Jahrelang hatte die SAP ein Ziel: eine Marge von 35 Prozent. Diese Marke, als Verhältnis von Gewinn vor Zinsen, Steuern und Sondereinflüssen zum Umsatz, hatte 2012 die damalige Doppelspitze Bill McDermott und Jim Snabe gesetzt. Ursprünglich sollte dieser Wert schon 2015 erreicht werden. Vergangenes Jahr wurde das Ziel auf 2017 verschoben. Die jahrelange Jagd scheint nun beendet. Bei den gestern vorgestellten mittel- und langfristigen Prognosen tauchte die 35-Prozent-Marge mit keinem Wort mehr auf. Der Kapitalmarkt nahm das nicht positiv auf: Die Aktie der SAP lag gestern zwischenzeitlich über fünf Prozent im Minus.
Langfristig peilt SAP nicht mehr eine konkrete Marge an, vielmehr gibt das Unternehmen nun einen groben Korridor vor. Bis 2020 soll der Umsatz zwischen 26 und 28 Milliarden Euro liegen, der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Sondereinflüssen zwischen acht und neun Milliarden Euro. Daraus ergibt sich eine Marge von bestenfalls 34,6 Prozent, im schlechtesten Fall von 28,6 Prozent.
Grund für die geringere Profitabilität ist die Fokussierung auf das Cloud-Geschäft. Bis 2018 soll der Umsatz mit Mietsoftware größer sein als der mit klassischen Software-Lizenzen. Bis 2020 sollen die Cloud-Erlöse verglichen mit heute um den Faktor sieben steigen. "Ich kenne kein Unternehmen, dass diese Umstellung ohne einen Rückgang der Profitabilität geschafft hat", so Vorstands-Chef McDermott. Erst einmal kostet der Fokus auf die Cloud Geld. Statt schneller und hoher Erlöse aus dem Lizenzgeschäft verteilen sich die Einnahmen auf mehrere Jahre. Zudem fallen hohe Investitionen an, etwa in Rechenzentren. Trotz dieser Kosten hält SAP an dem eingeschlagenen Kurs fest und stellt Wachstum über Profitabilität.
"Wenn Sie ein kurzfristiges Margenziel zum Mantra erklären, laufen Sie Gefahr, diskriminierende Anreize zu setzen, die das neue Cloud-Geschäft künstlich klein halten", sagte Finanzvorstand Luka Mucic. Ein starres Margenziel würde falsche Anreize setzen und das klassische Lizenzgeschäft überbewerten.
Auch im vergangenen Geschäftsjahr erreichte der Konzern wegen des Umbaus beim Gewinn vor Zinsen, Steuern und Sondereinflüssen nur das untere Ende des nach dem dritten Quartal bereits gesenkten Ausblicks. War die Prognose für 2014 also zu hoch? "Unsere Ziele waren nicht zu ambitioniert, unter normalen Umständen - also ohne die politischen und wirtschaftlichen Unsicherheiten in der Ukraine und Russland sowie in Lateinamerika - hätten wir dort ein deutliches Wachstum gesehen", so Finanz-Chef Mucic. Russland und Brasilien seien 2013 der dritt- und viertgrößte Markt gewesen, heute schafften es die Länder gerade einmal in der Top 10.
Trotz der gekappten langfristigen Prognosen hielt Vorstands-Chef Bill McDermott an seinem Optimismus fest: "Wir sind das am schnellsten wachsende Unternehmen in der Cloud und haben ein gesundes Kerngeschäft", sagte der Amerikaner. In dem Handels-Netzwerk für Unternehmen, das seit der Ariba-Übernahme 2012 zur SAP gehört, würden 1,7 Millionen Kunden jährlich 700 Milliarden US-Dollar umsetzen - mehr als über Alibaba, Ebay und Amazon zusammen, so McDermott. Und an jeder Transaktion verdiene SAP. In seinem 50. Quartal bei der SAP sei er nie überzeugter von der eingeschlagenen Strategie gewesen, so McDermott - und nie stolzer.



