Romantisches von Julias Balkon
Zahlreiche Pärchen besuchen jedes Jahr die berühmte Shakespeare-Kulisse - Die Geschichte stammt aber im Original von einem Italiener
"Kein Hindernis aus Stein hält Liebe auf, was Liebe kann, das wagt sie auch!" Mit Zeilen wie diesen erobert William Shakespeare die Herzen seiner Leser bis heute im Sturm. Und die berühmte Balkonszene aus "Romeo und Julia" machte aus dem italienischen Verona einen Wallfahrtsort für Verliebte.
Die besuchen jedes Jahr in großer Zahl den Hinterhof in der Via Capello, den sie für den Ort des legendären Dates halten. Dort schreiben sie Liebesgrüße an die Wände, greifen nach Julias bronzener Brust und kämpfen um einen Logenplatz auf eben jenem Balkon, der in Wahrheit ein Sarkophag ist. Ein makabrer Scherz, der bis heute die Stadtkasse füllt. Wenn es stimmt, dass Liebe blind macht, dann treten jedes Jahr verliebte Pärchen aus aller Welt den ultimativen Beweis an. Für ein paar Euro mehr bekommt man in Verona eine romantische Illusion serviert. Shakespeare sei Dank.
Dabei hat sogar der Maestro ein wenig abgeschrieben. Wie? Das wussten Sie nicht? Luigi da Porto hieß der gute Mann, der schon 1531 eine Novelle über das berühmte Liebespaar geschrieben hat. Ein Italiener. Madonna, welch Ironie! Fake wohin man sieht. Jetzt aber mal ehrlich. Juckt einen das? Letztendlich ist es doch der Job eines Poeten, uns genau die Träume zu verkaufen, wegen denen wir am liebsten gleich in die weite Welt hinausziehen würden. Wie heißt es doch so schön in jener Szene auf dem Balkon? "Es war die Nachtigall und nicht die Lerche".