Hintergrund McDermott SAP

10.04.2019 UPDATE: 10.04.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 35 Sekunden

Wie ein Junge aus einfachen Verhältnissen CEO wurde

Kaum einer verkörpert den amerikanischen Traum so Bill McDermott. Der ewig strahlende Manager, der die Show und das Pathos liebt und gerne in Superlativen spricht, stammt aus einfachen Verhältnissen und hat sich vom Vertreter für Fotokopierer zum Chef des wertvollsten deutschen Konzerns hochgearbeitet. Seine Autobiografie trägt den Titel "Winners Dream". Zu Beginn erzählt McDermott eine Szene aus seiner Kindheit. Das Haus der Familie steht in Flammen, Mutter Kathy und die drei Kinder haben sich auf die Straße gerettet. "Dies ist kein trauriger Moment", sagt die Mutter. "Es ist ein großartiger Moment. Wir sind alle heil herausgekommen." Sie ist es, die den kleinen Bill lehrt, dass er alles tun kann, woran er glaubt.

McDermott, 1961 geboren, wuchs in New York auf, der Vater war Elektriker. Als Teenager übernahm er einen kleinen Supermarkt; mit den Einnahmen finanzierte er sich sein Betriebswirtschafts-Studium. Nach dem Abschluss fing er als Vertreter bei Xerox an - und schleppte Kopierer durch New York. Mit 31 Jahren übernahm er die Niederlassung in Puerto Rico. Über Siebel kam er 2002 in den USA schließlich zu SAP.

Um die amerikanische Landesgesellschaft war es damals schlecht bestellt, das Geschäft schrumpfte. "Die Trägheit trieb mich fast zur Verzweiflung", heißt es in seiner Autobiografie. McDermott setzte kühne Ziele und lobte eine Party für die erfolgreichsten Verkäufer aus. Und er hatte Erfolg. 2008 wurde er zum globalen Vertriebschef. 2010 übernahm er die Führung des Konzerns, zunächst in einer Doppelspitze mit Jim Hagemann Snabe.

In seiner Anfangszeit in Walldorf war viel vom "Clash der Kulturen" die Rede. Der Mann, der Begeisterung entfachen wollte in einem als dröge und fade verschrienen Laden, stieß vielerorts auf Skepsis. Nach einer engagierten Rede vor Mitarbeitern fragten sich einige: "Ist der echt?" Inzwischen wird der Chef, der schlicht "Bill" heißt, geschätzt.

Umtriebig, optimistisch, selbstbewusst - so wird McDermott, verheiratet und Vater zweier Söhne, häufig beschrieben. So konnte ihn auch ein tragischer Unfall im Jahr 2015 nicht aus der Bahn werfen: Bei einem Sturz auf einer Treppe fiel er so unglücklich in ein Glas, dass er ein Auge verlor. Doch noch im Krankenhaus fing er wieder an zu arbeiten. Seit dem Unfall trägt er die Sonnenbrille, die zum Markenzeichen geworden ist.

Für McDermott zählt Wachstum. So steigerte SAP den Umsatz unter ihm kontinuierlich. Und er will mehr: den Börsenwert des Unternehmens in den nächsten Jahren auf 300 Milliarden Euro verdreifachen. Manche halten das für Größenwahn. Doch niedrige Ziele - das würde nicht zu Bill McDermott passen. (kla)