Hintergrund: Der Odenwald, ein "Hinterhof"?

04.12.2018 UPDATE: 04.12.2018 19:55 Uhr 1 Minute, 24 Sekunden

Der Landrat des Odenwaldkreises, Frank Matiaske (SPD), hat Regierungspräsidentin Brigitte Lindscheid (Grüne) für ihre jüngsten Äußerungen zur Windkraft im Odenwald scharf kritisiert. "Frau Lindscheid hat sich offen dafür ausgesprochen, dass der Odenwald mit Windkraftanlagen über Gebühr belastet wird. Diese Ungleichbehandlung ist ein Skandal, und ich erwarte, dass diese Aussage korrigiert wird. Das Regierungspräsidium sieht den Odenwald offenbar als Hinterhof, der weniger wichtig ist als andere Regionen in Südhessen", so der Landrat.

Hintergrund ist der Streit über die Windkraftvorrangflächen im Entwurf des Teilplans Erneuerbare Energien 2018, den das Regierungspräsidium Darmstadt vorgelegt hat. Lindscheid hatte vergangene Woche in einem Interview gesagt, dass die Konzentration von Windkraftanlagen in Gebieten wie dem Odenwald "verständlicherweise" über dem hessenweit verbindlichen Ziel von zwei Prozent der Fläche liegen müsse. Als Gründe hatte Linscheid angeführt, dass der Odenwald weniger dicht besiedelt und als Windkraftstandort besonders geeignet sei. "Hier wird ganz offen mit zweierlei Maß gemessen", moniert dagegen Matiaske. Er sei nicht grundsätzlich gegen Windkraft, und der Odenwaldkreis leiste schon seinen Beitrag zur Energiewende: "Aber es kann nicht sein, dass das Kreisgebiet als hessischer Windkraft-Park herhalten muss."

Ungereimtheiten und ein "Skandal"

Die aktuelle Planung sieht alleine für den Odenwaldkreis 18 Windkraftstandorte mit einer Gesamtfläche von rund 2300 Hektar vor. In der gesamten südhessischen Planungsregion, die den Odenwald umfasst, sind es gut 12.500 Hektar. Matiaske sprach in seinem Landkreis von 230 bis 400 möglichen Anlagen. Der Landrat warnte davor, dass ein "riesiger Baumbestand" abgeholzt werden müsste und sieht in den Äußerungen Lindscheids weitere Beispiele für eine Ungleichbehandlung des Odenwalds.

So seien Windkraftanlagen auf dem Taunuskamm nicht genehmigt worden, weil in der Bauphase eine Verunreinigung des Grundwassers im Wasserschutzgebiet nicht sicher genug habe ausgeschlossen werden können: "Dieses Argument gab es auch bei uns, spielte aber keine Rolle", sagte Matiaske und verwies auf das Vorgehen der Gemeinde Mossautal gegen eine Windkraftanlage auf einem angrenzenden Areal, das zum Kreis Bergstraße gehört.

Der Teilplan Erneuerbare Energien sollte am 14. Dezember in Frankfurt verabschiedet werden. Doch der Beschluss wurde vertagt. Jetzt soll über Stellungnahmen zum Entwurf beraten werden. Auch CDU und SPD hatten das Regierungspräsidium Darmstadt scharf kritisiert und die Abstimmung verweigert. Beide Parteien warfen Lindscheid gravierende Fehler und Ungereimtheiten vor und verlangten eine Überarbeitung der Pläne. (cab).