Fünf Jahre Haft für den 67-jährigen Angeklagten

18.05.2021 UPDATE: 19.05.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 18 Sekunden

Von Jonas Labrenz

Heidelberg. Fünf Jahre Haft lautet das Urteil der Großen Strafkammer des Landgerichts für den 67-jährigen Ziegelhäuser, der seine Ehefrau im eigenen Haus mit einer Feuerwerksbatterie beschossen hatte. Mit 64 "Bombetten" hatte der Mann auf die 44-Jährige gefeuert. Sie erlitt Prellungen und Verbrennungen zweiten und dritten Grades, die Wohnung fing Feuer und musste für 53.000 Euro saniert werden. Im Anschluss setzte sich der Mann in seinen Wagen und schob damit das Auto seiner Frau rund sechzig Meter weiter und schließlich eine Böschung hinauf. An dem Smart verursachte er einen Totalschaden. Nun befanden ihn die Richter der schweren Brandstiftung, gefährlichen Körperverletzung, des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr und der Sachbeschädigung für schuldig.

Lange Jahre lief die Ehe ohne Probleme, die Familie hatte viel Geld, fuhr teure Autos. 1999 heirateten die beiden, nachdem der Mann zuvor halb Europa "als Einbrecher, als Tresorspezialist" bereist hatte, so der Vorsitzende Richter Jochen Herkle in der Urteilsbegründung. Der Angeklagte zog damals einen Schlussstrich, das erste Kind kam 2000 zur Welt, es folgte ein "überschaubarer Gefängnisaufenthalt" und 2006 wurde die zweite Tochter geboren. Das Paar ließ sich in Heidelberg nieder, wo der Mann "ein beachtliches Leistungsverhalten an den Tag legte", so Herkle. Er gründete eine Firma, "schuf Wohlstand für sich und seine Familie". 2015 kamen erstmals ernste Probleme in der Beziehung auf. Der Angeklagte verdächtigte seine Frau, fremdgegangen zu sein. Doch das Familienleben ging weiter.

Wirklich bergab ging es erst 2017. Der 67-Jährige bekam damals die Diagnose, dass er an einer unheilbaren Autoimmunkrankheit leidet. Das Sprechen, Gehen und Atmen fiel ihm immer schwerer, er musste die Firma abwickeln, blieb lange im Krankenhaus. Nachdem die Symptome besser geworden waren, arbeitete der Mann als Angestellter und verdiente gut, konnte aber auch diesen Beruf nicht weiter ausüben, als sich sein Gesundheitszustand verschlechterte. Es folgten depressive Phasen. "Die Erkrankung nahm ihm alles, woraus er seinen Selbstwert schöpfte", sagte Herkle über den narzisstisch veranlagten Mann. Er wollte nicht mehr leben.

Eine aggressive Grundstimmung, ein Machtanspruch und Besitzdenken prägten nun das Verhältnis zur Familie und zu seiner Frau. Es gab oft Streit, angeblich habe sie ihn betrogen. Er kontrollierte sie, beschimpfte sie, war aufgrund seiner Selbstbezogenheit, so Herkle, nicht fähig, sich konstruktiv auf Probleme einzulassen.

Der letzte Streit fand am 8. August vergangenen Jahres statt. Es ging um den Wunsch der Frau, sich zu trennen. "Er beschimpfte sie, sie blockte ab", rekapitulierte Herkle. Die beiden Töchter zogen sich ins Bad und eines der Schlafzimmer zurück, dann ging der Mann in sein Zimmer, holte die Feuerwerksbatterie, setze sich in seinen Rollstuhl vor die Wohnungstür und zündete die Zündschnur. "Um seine Beziehung selbst mit einem Fanal zu beenden, sein Lebenswerk buchstäblich in Schutt und Asche zu legen", so Herkle.

Die Frau rannte ins Wohnzimmer, versuchte sich mit einer Decke gegen die mit bis zu 1000 Grad Celsius heiß verbrennenden Geschosse zu schützen. Erst fing das Sofa Feuer, dann ein Fensterrahmen, dichter Qualm stand in der Wohnung. Die Frau und die beiden Töchter schafften es, sich nach draußen zu retten und versteckten sich dort vor dem wütenden Vater. Als er nach unten kam, standen dort bereits einige Nachbarn. Der Angeklagte stieg in sein Auto, rammte den Smart seiner Frau und schob ihn schließlich in eine Böschung. Dann kam er zurück. Wohl weil sich mittlerweile noch mehr Nachbarn vor der Tür versammelt hatten, flüchtete er mit seinem Wagen. Einen Tag später wurde er von einer Nachbarin erkannt und daraufhin festgenommen.

Die körperlichen Verletzungen sind mittlerweile geheilt – wenn auch mit Komplikationen. Doch die Seele der Frau und ihrer beiden Kinder hat sich noch nicht erholt: "Sie haben ihr Sicherheitsempfinden verloren. Alle drei sind psychisch stark beeinträchtigt", so Herkle.