Er lebt seit fast 60 Jahren im Exil

Der Titel, der Mann, die Macht

03.07.2018 UPDATE: 03.07.2018 06:00 Uhr 1 Minute, 26 Sekunden

Der Titel, der Mann, die Macht

Der Titel "Dalai Lama": Frei aus dem Tibetischen übersetzt bedeutet Dalai Lama "Ozean der Weisheit". Es ist der Titel des bekanntesten Meisters innerhalb der Gelug-Schule des tibetischen Buddhismus. Der Titel wurde erstmals 1578 als Ehrentitel vom mongolischen Fürsten Altan Khan an seinen spirituellen Lehrer Sönam Gyatsho verliehen. Tibetische Buddhisten verstehen den Dalai Lama als Erleuchteten, der aus dem Kreislauf der Wiedergeburt aus- und ins Nirwana hätten eintreten können, aber ganz bewusst wieder die menschliche Existenz gewählt hat. Denn: Er will aus Mitgefühl auch allen anderen helfen, sich aus dem endlosen Kreislauf der Reinkarnation zu befreien. Seit 1642, als der westmongolische Fürst Gushri Khan den Dalai Lama zur obersten Autorität Tibets erklärte, übt dieser auch politisch-staatliche Macht aus.

Der aktuell "amtierende" Dalai Lama: Der 14. Dalai Lama wurde am 6. Juli 1935 unter dem Namen Lhamo Döndrub als Sohn einer Bauernfamilie in einem kleinen osttibetischen Dorf geboren. Er war noch keine zwei Jahre alt, da "erkannten" ihn vier Mönche als Wiedergeburt des 1933 verstorbenen 13. Dalai Lama. Etwaige Zweifel konnte das Kleinkind ausräumen, indem es diverse Gegenstände aus dem Besitz seines "Vorgängers" wiedererkannte - und als sein Eigentum an sich nahm. Mit vier Jahren wurde der Junge - mit dem Mönchsnamen Tenzin Gyatso - als 14. Dalai Lama inthronisiert. Im November 1950 wurde dem 15-Jährigen die weltliche Herrschaft über Tibet übertragen.

Tibet, China und der Dalai Lama: Wenige Wochen vor der Inthronisierung des 14. Dalai Lama rückten 50.000 chinesische Soldaten in Tibet ein und besetzten das Land. Nach einem von den Chinesen brutal niedergeschlagenen Volksaufstand in der tibetischen Hauptstadt Lhasa im Jahr 1959 musste der 23-jährige Dalai Lama nach Indien fliehen. Seitdem hat er seine Heimat nie wieder betreten.

Bedeutung des heutigen Dalai Lama: Der mittlerweile 82-Jährige ist insbesondere in der westlichen Welt als moralische Autorität anerkannt und genießt einen Ruf als Botschafter des Friedens. Er bezieht politisch Stellung und sucht das Gespräch mit den Regierungschefs der Welt. Für seine Bemühungen, mit friedlichen Mitteln auf die Lage in seinem Heimatland Tibet aufmerksam zu machen, wurde ihm 1989 der Friedensnobelpreis verliehen. 2011 trat er als politisches Oberhaupt der Exiltibeter zurück - und brach dadurch mit der jahrhundertealten Tradition, dass der Dalai Lama auch die politische Führung hat. An seiner Stelle wurde ein Jurist zum Ministerpräsidenten gewählt. (rie)