Ausweg: Selbstständigkeit

Ex-Manager um die 50 haben auf dem Arbeitsmarkt wenig Chancen - Die Arbeitsagentur unterstützt sie dabei, sich selbst etwas aufzubauen

02.10.2019 UPDATE: 21.10.2019 06:00 Uhr 2 Minuten, 2 Sekunden

Ausweg: Selbstständigkeit

Von Barbara Klauß

Führungskräfte um die 50 mit einem entsprechenden Einkommen - die haben auf dem Arbeitsmarkt wenig Chancen", meint Michael Kroheck, der seit fast 20 Jahren Programme für Ex-Manager leitet - und ihnen rät, sich selbstständig zu machen. Seit 2002 gibt es in Bonn im Rahmen der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) der Bundesagentur für Arbeit ein Projekt namens Phoenix. Durch Seminare soll Führungskräften der Weg in die Selbstständigkeit erleichtert werden. Auch Jürgen Kielholz hat dort Unterstützung gefunden.

Kroheck, der aus der Region kommt, ist gelernter Werbekaufmann und hat ein paar Semester Betriebswirtschaftslehre studiert. Zeit seines Lebens war er selbstständig. Er nennt sich "Serial Entrepreneur" (Serienunternehmer). Alle paar Jahre habe er eine Firma gegründet und nach einer Weile wieder verkauft, sagt er.

Über die Jahre hat er viele Führungskräfte getroffen, die sich mit Mitte 50 noch einmal neu orientieren mussten. "Das ist ein flächendeckendes Thema", meint er, quer durchs ganze Land und über alle Bereiche - auch in der Metropolregion.

Die Wirtschaft verändert sich rasant - durch Globalisierung, Digitalisierung, die alternde Gesellschaft. In den Unternehmen werden Bereiche reduziert, die man in der digitalen Welt nicht mehr braucht. Dem Kostendruck begegnen manche, indem sie Führungsebenen streichen. "Ich finde Veränderung gut", wirft Kroheck ein. Natürlich könnten die Unternehmen dem Wandel nicht einfach tatenlos zusehen. Doch persönlich und zwischenmenschlich seien diese Restrukturierungen "verheerend". Oft unterschätzen die Konzerne seiner Ansicht nach, was sie verlieren, wenn sie langjährige und verdiente Mitarbeiter nach Hause schicken, um jüngere und günstigere Leute mit zeitgemäßeren Fähigkeiten einzustellen. Nicht unbedingt an Fachwissen, meint der Berater - aber an Strukturwissen, Beziehungswissen und Erfahrungswissen.

Dieses Wissen, meint er, könnten die Ex-Manager jedoch gut für sich einsetzen - und als Selbstständige vermarkten. Der Großteil der Unternehmen in Deutschland sind Mittelständler. "Sie alle stehen vor Aufgaben, mit denen sie sich nicht auskennen - mit denen der Manager aus einem Konzern aber durchaus vertraut ist", sagt Kroheck. Der Ex-Manager könnte solche Mittelständler zum Beispiel dabei unterstützen, eine Dependance in Polen aufzubauen oder eine Vertriebsstruktur in China. "So wird er zu einer Art Manager auf Teilzeitbasis."

Kroheck geht ohnehin davon aus, dass solche Arbeitsformen künftig deutlich zunehmen werden. Wie er sind viele davon überzeugt, dass die Lohnarbeit zurückgehen und irgendwann vielleicht sogar die Ausnahme sein wird. "Die Arbeitswelt ändert sich rasant", sagt er - und wünscht sich innovative Lösungen statt der ständigen Reorganisationen. Etwa in Form kleinerer, agilerer Einheiten, bei denen die Mitarbeiter am Erfolg beteiligt werden. "Ich glaube, dass Arbeit in Zukunft anders aussehen muss", fügt er noch hinzu. "Sie muss sinnstiftend sein, für den, der sie ausübt. Und sie muss einen Nutzen bringen für den Kunden." Daher engagiert er sich beim New Work Summit, einer Konferenz für Führungskräfte und Unternehmer, bei der es um eine humanistische und soziale Vision von Arbeit geht, und die im kommenden Frühjahr wieder in Mannheim stattfinden wird.

Auch die Ex-Manager lernen das seiner Meinung nach schnell. Verlasse ein Manager nach Jahrzehnten sein Hamsterrad im Konzern, das von innen wie eine Karriereleiter aussehe, "stellt er schnell fest, dass er zwar weniger Geld hat, dass dafür aber die Lebensqualität deutlich steigt".