Die Einzelhändler in der Wieslocher Innenstadt melden teils starke Umsatzeinbußen, ein Imbiss muss sogar aufgeben. Hauptsächlich werden die Baustellen und die Verlagerung des Wochenmarkts, der früher viel Kundenverkehr brachte, verantwortlich gemacht. Fotos: Pfeifer
Wiesloch. (hds) Bauaktivitäten speziell rund um den Adenauerplatz, verbunden mit Lärm und Staub, die Verlegung des Wochenmarkts und nach Ansicht einiger Kritiker auch die "unbefriedigende Parkplatzsituation" in der Innenstadt sorgen für anhaltende Diskussionen. Einige Einzelhändler registrierten in den zurückliegenden Monaten einen Umsatzrückgang, andere müssen sogar ihre Pforten schließen.
"Im Dezember ist Schluss", erklärte Ralph Schalk von "Schalk’s Imbiss", am Rand des Adenauerplatzes gelegen. Weniger Kunden und damit weniger Geld in der Kasse haben ihn nach eigenen Worten "zu dieser Entscheidung gezwungen". Mehr als acht Jahre wurde in dem Imbiss gekocht und Speisen angeboten. "Es ist in erster Linie der Baulärm an der Großbaustelle des ehemaligen Dannheimer-Kaufhauses, der meine Gäste, besonders im Außenbereich, abhält, hier bei uns die Mittagspause zu verbringen", begründete er den nun anstehenden Schritt. Der Mannheimer wird künftig bei einer Supermarktkette als Metzger arbeiten.
Als "enttäuschend" bezeichnete Schalk das Verhalten der Verantwortlichen im Rathaus. "Der Oberbürgermeister hat lediglich mit einem Brief auf unsere Situation reagiert. Wir hätten uns gewünscht, dass er mal persönlich bei uns vorbeischaut, um vielleicht gemeinsam über eine Lösung zu sprechen", zeigte Schalk sich enttäuscht.
Dr. Adolf Suchy, der mehrmals im Jahr an der von seiner Familie geführten Stadtapotheke als "Tankwart an der ältesten Tankstelle der Welt" bei Oldtimer-Events agiert, sieht die Zukunft für die Innenstadt eher düster. Er habe Vertrauen und Hoffnung verloren: "Wie es mit der Innenstadt weitergeht, ob und welche Vorstellungen und Pläne existieren, hat sich mir nicht erschlossen", sagte er auf RNZ-Anfrage. Er sieht derzeit keinen Grund für Kaufinteressenten, tatsächlich in das Zentrum der Weinstadt zu gehen, auch aufgrund der aus seiner Sicht eher schlechten Parkplatzsituation.
"Wiesloch ist als Einkaufsstadt nicht mehr attraktiv und auch das Tourismus-Thema wird nicht tatsächlich behandelt", bemängelt er. Auch in Gesprächen mit Oberbürgermeister Dirk Elkemann habe sich da nichts Positives ergeben, so Suchy. "Wir selbst haben Überlegungen angestellt, unsere Stadtapotheke abends früher zu schließen, denn nach 18 Uhr tut sich in der Hauptstraße fast nichts mehr." Schon jetzt sei der Umsatz tagsüber rückläufig und dies könnte sich durch ein geplantes Bauprojekt in unmittelbarer Nachbarschaft der Stadtapotheke noch weiter verschärfen.
Eine Mitarbeiterin eines Geschäfts direkt an der Ecke zum Adenauerplatz konnte zwar nicht über Umsatzrückgänge berichten, jedoch habe sie beobachtet, dass auf der Hauptstraße weniger Leute unterwegs seien: "Das fällt schon auf." Schräg gegenüber beim Uhrengeschäft Ritzhaupt spürt man nach Aussagen des Seniorchefs durchaus - insbesondere freitags - den fehlenden Wochenmarkt. "Der Baulärm ist im Moment kein so entscheidender Faktor, unser Umsatz ist jedoch schon seit Längerem rückläufig. Der Hauptgrund: Junge Menschen kaufen verstärkt über das Internet ein."
In direkter Nachbarschaft hat die Volksbank Kraichgau Anfang November ebenfalls ihren dortigen Standort geschlossen, das Kundengeschäft läuft nun ausschließlich am Sitz gegenüber der Stadt-Galerie. Im italienischen Restaurant "Il Castello" kommen zwar nach wie vor die Stammgäste vorbei, war zu erfahren, es fehle allerdings die Laufkundschaft, also all jene, die bei ihrem Besuch in der Innenstadt mal vorbeischauen.
Für den Vorsitzenden des Vereins "Stadtmarketing", Uwe Dörner, ist die Verlegung des Wochenmarkts auf den Platz "Am Alten Stadtbahnhof", bedingt durch die Bauarbeiten am einstigen Kaufhaus, mit ein Grund für den Kundenrückgang im innerstädtischen Bereich. "Unserem Wunsch, einen alternativen Standort zum Adenauerplatz im Zentrum zu suchen, konnte nicht entsprochen werden", bedauerte er. Man bestehe darauf, dass nach Abschluss der Bauarbeiten der Wochenmarkt wieder an seinen alten Standort zurückkehrt: "Dies wurde uns auch seitens der Stadt zugesagt." Wie Dörner ergänzte, könne dadurch verhindert werden, den Einzelhandel noch weiter zu schädigen.
Oberbürgermeister Dirk Elkemann erklärte im Gespräch mit der RNZ, man sei sich der derzeitigen Situation in der Innenstadt durchaus bewusst. "Wir haben, was den Einzelhandel betrifft, sicherlich derzeit eine Durststrecke zu überstehen, vor allem durch den Baulärm am neuen Kubus." Gemeint ist der "Kubus am Adenauerplatz", das Einkaufs- und Dienstleistungszentrum im ehemaligen Dannheimer. "Noch anstehende Projekte in der Hauptstraße in Nachbarschaft des evangelischen Kirchplatzes", so Elkemann weiter, "könnten dazu führen, diese ’Zwischenphase’ noch etwas aushalten zu müssen. "Aber all dies sind wichtige Schritte, die Attraktivität im innerstädtischen Bereich zu erhöhen", so der OB. "Unsere Aufgabe ist es, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, die Leute in die Stadt zu holen obliegt jedoch dem Einzelhandel."
Um eben diese Rahmenbedingungen werde man sich im Zusammenhang mit dem Stadtentwicklungskonzept "Insek" ausführlich kümmern. "Das fällt in unseren Zuständigkeitsbereich." Elkemann benannte die anstehenden Aufgaben: Die Anbindung hin zur Stadt-Galerie gelte es zu verbessern, die Fußgängerzone - darüber wurde bereits mehrfach im Gemeinderat diskutiert - möglicherweise auszuweiten und Überlegungen anzustellen, ob dann der Bus noch hindurchfahren solle. "Ich bin zuversichtlich, dass wir nach Abschluss all dieser Maßnahmen wieder für Besucher attraktiv sein werden", blickt der Rathauschef optimistisch in die Zukunft.