Auch bei Kälte und Schnee wie gestern Morgen wird am St. Leon-Roter Jugendzentrum angepackt. Der Neubau ist eine der wichtigsten Maßnahmen im Haushaltsplan. Im Hintergrund der Harres: eine "Dauerbaustelle", die es nach einhelliger Meinung wert ist. Foto: Lerche
St. Leon-Rot. (seb) 24 Millionen Euro hat die Gemeinde St. Leon-Rot gegenwärtig noch nicht ausgegeben: fest verplante Mittel für große und kleine Projekte aus den Vorjahren. Angesichts dieser Summen gab Bürgermeister Dr. Alexander Eger für den diesjährigen Haushaltsplan die Devise "Aufräumen" aus: "Wir müssen den ganzen Berg abtragen" und das beenden, was man begonnen habe.
"Wir geben unser Bestes", sprach er für das gesamte Rathausteam. Doch gebe es klar ein Limit, schließlich müsse auch ordentlich gearbeitet und alles sauber abgewickelt werden, damit sich keine "Zustände wie mit dem Berliner Flughafen" entwickelten, so Eger. Zu den wichtigsten Investitionsmaßnahmen dieses Jahr zählen ihm zufolge das Jugendzentrum (1,3 Millionen Euro), die vierten Bauabschnitte der Friedhof-Umgestaltungen (825.000 Euro), Schulausbauten und -erweiterungen (1,6 Millionen Euro), Umbaumaßnahmen an Mietwohngebäuden (630.000 Euro), Grunderwerb (910.000 Euro), Straßenbaumaßnahmen (335.000 Euro, darunter ein Radweg zum St. Leoner See) und öffentliche, drahtlose Internetzugänge (250.000 Euro).
Der "Harres" kommt laut Eger hinzu: eine "Dauerbaustelle, in der es immer etwas Neues zu tun gibt", aber auch ein beliebtes Veranstaltungszentrum, dem man seine inzwischen 30 Jahre nicht ansehe - dank der kontinuierlichen Investitionen "steht es top da". 580.000 Euro waren hierfür 2019 bereits eingeplant, da erreichte die Verwaltung die Nachricht über den desolaten Zustand der Brandmeldeanlage, die jetzt für weitere 200.000 Euro modernisiert werden muss. Da gebe es keinen Spielraum, "es drängt extrem", so Eger.
Der Bürgermeister wies auf einen weiteren großen Posten auf der Ausgabenseite hin: die Kinderbetreuung. Die Zuschüsse im Bereich der Ein- bis Siebenjährigen betragen ihm zufolge inzwischen 7,4 Millionen Euro im Jahr. "Eine reine Pflichtaufgabe", betonte er. Da habe man fast keinen Spielraum, um nennenswerte Beträge einzusparen. Die Gemeinde leiste sich auch keine Extravaganzen, man orientiere sich strikt an der Nachfrage - nach wie vor hin zu einer größeren Angebotsvielfalt und längeren Öffnungszeiten.
Trotzdem ist das ordentliche Gesamtergebnis 2019 positiv, so der Bürgermeister: Man rechnet mit einem Überschuss von gut 1,6 Millionen, das heißt, St. Leon-Rot lebt nicht auf Kosten folgender Generationen und hat sogar für das Gewerbesteuer-Risiko vorgesorgt. Damit bezog sich der Bürgermeister auf den Rechtsstreit mit einem Unternehmen, in dem es um elf Millionen Euro geht. Den habe man "in der Vorinstanz gewonnen", so Eger, eine endgültige Entscheidung stehe aber noch aus, daher müsse man die fragliche Summe und überdies Zinsen in nicht unbeträchtlicher Höhe im Haushaltsplan bereitstellen.
Einnahmen von fast 81 Millionen stehen im Etat Ausgaben von rund 79 Millionen Euro gegenüber. Wichtigster Einnahmeposten ist nach wie vor die Gewerbesteuer mit 57 Millionen, hinzu kommen knapp 15 Millionen Euro weiterer Steuern und Erträge. Leider, betonte Eger, "macht die Gewerbesteuer bei uns seit 2015 eher eine Seitwärtsbewegung", kein Vergleich zu den Steigerungen, die bundesweit und gerade auch in Baden-Württemberg seit Jahren beobachtet werden. Weitere Einnahmen belaufen sich auf fast 5,9 Millionen Euro, die hauptsächlich Zuweisungen des Lands für die Kinderbetreuung bestehen. Umlagezahlungen machen erwartungsgemäß den Löwenanteil der Aufwendungen aus: knapp 61 Millionen Euro. Hinzu kommen sechs Millionen Personalkosten, Sach- und Dienstleistungen (rund 5,9 Millionen) und Abschreibungen (3,9 Millionen Euro).
Im Finanzhaushalt, der die tatsächlichen Geldströme abbildet, ist der Überschuss laut dem Bürgermeister freilich noch höher: fast 8,9 Millionen Euro. Der Kernhaushalt bleibt schuldenfrei, die Steuern und Gebühren für die Bürger weiter "rekordverdächtig niedrig" - wobei die Grundsteuer gemäß Verfassungsgerichtsurteil bundesweit neu geordnet werden muss und ihre künftige Höhe daher noch nicht genau absehbar ist.
Die mit der Umstellung auf die doppelte Buchführung geschaffene Ergebnis-Rücklage dürfte Ende des Jahres voraussichtlich 24 Millionen Euro betragen. Die liquiden Mittel wiederum, die unter anderem aus der alten Rücklage stammen, belaufen sich auf 90 Millionen Euro. Und sind damit nicht auf dem früher befürchteten niedrigen Stand, so Eger: Hauptursache sind natürlich die erwähnten noch nicht ausgegebenen Summen für bereits begonnene Projekte. Für künftige Umlagezahlungen sind weitere 67 Millionen Euro gebunden, wichtigster Grund, warum das "Riesenvolumen der Investitionen" reduziert werden muss.
Soweit möglich, heißt das. In Kindergärten und Schulen, Grün- und Spielflächen, die Feuerwehren, den Lärmschutz an der Autobahn, die Ortskerne, Bushaltestellen und Bahnhof, Wohnraum und Gebäudesanierungen (allen voran weiter der Harres, aber auch die Kramer-Mühle) muss investiert werden, das zeigt die Finanzplanung bis 2022. Die Schwerpunkte zu setzen aber, hob Eger hervor, überlasse man dem neuen Gemeinderat, der im Mai gewählt wird. Alles in allem sah Eger bei allen Herausforderungen jedoch "keinen Grund für großes Krisengerede", die liquiden Mittel seien "immer stabil gewesen".
Der Gemeinderat stimmte dem Haushaltsplan nach der Aussprache einhellig zu, ebenso den Wirtschaftsplänen der Eigenbetriebe Wasserversorgung (Aufwand und Ertrag von 1,45 Millionen Euro), Abwasserentsorgung (Volumen: 2,5 Millionen Euro) sowie St. Leoner See (2,67 Millionen Euro).