Von Sebastian Lerche
St. Leon-Rot. Schon als die Planungen für das 2014 eingeweihte Kinderbetreuungsgebäude direkt neben der Parkringschule in St. Leon-Rot starteten, wurde die Möglichkeit einer Erweiterung mitgedacht. Jetzt sind Kinderzahlen und Nachfrage nach Kernzeit- und Hortbetreuung so weit angestiegen, dass der dreigeschossige Erweiterungsbau in die Wege geleitet wurde. Einige Aspekte der Gestaltung sorgten in der jüngsten Gemeinderatssitzung für Diskussionsstoff, am Ende aber kam das Plazet einstimmig.
Die aktuelle Kostenschätzung beläuft sich auf fast 2,7 Millionen Euro. Der Haushaltsplan sieht für dieses Jahr bereits Mittel vor: für den Anbau selbst 1,8 Millionen Euro, für die neue Lüftung mit Klimaanlage noch einmal 125.000 Euro. In der Anfangsphase war das Betreuungsgebäude für bis zu 50 Grundschulkinder in zwei Hortgruppen, weitere 50 Kinder in der Kernzeitbetreuung sowie zwei Krippengruppen und eine betreute Spielgruppe für Kleinkinder ausgelegt, allesamt betreut von "Strolche Rhein-Neckar", einst ein Verein, inzwischen eine gemeinnützige GmbH.
Die Kinderzahlen sind seither rasant gestiegen und zudem der Anteil derer, für die Hort- und Kernzeitbetreuung gewünscht werden, wie Hauptamtsleiterin Anette Reich darlegte. Das machte bisher kreative Notlösungen erforderlich. Seit einigen Schuljahren sind es beispielsweise drei Hortgruppen, jede voll belegt, und die dritte wurde 2018/19 provisorisch in einem der beiden Hausaufgabenräume untergebracht – der eigentlich für seinen ursprünglichen Zweck gebraucht wird. Die Hausaufgabenbetreuung wiederum fand daraufhin in Containern statt.
Schon seit 2014/15 gibt es auch eine dritte Krippengruppe: Die wurde in einen der beiden Schlafräume gequetscht und dafür musste der damalige Essraum zum Teil in einen Schlafraum umgebaut werden. Eng ist es auch für die Kernzeitbetreuung im Dachgeschoss geworden: Bislang sind es zwei Gruppenräume und zwei kleinere Hausaufgabenräume, jetzt werden ebenfalls zusätzliche Kapazitäten gebraucht. Die Belegungszahl hat bereits 100 Kinder erreicht, ist also um die Hälfte gestiegen.
Mit dem Anbau sollen Provisorien und Enge ein Ende haben, das Vorhaben wurde laut Verwaltung sowohl mit den "Strolchen" als auch den zuständigen Behörden abgestimmt. Anette Reich merkte noch an, dass durch den Anbau zwar das Außengelände kleiner werde, das aber kein Hindernis für die Betriebserlaubnis sei; außerdem schaffe man mit einer Terrasse weitere Spielflächen.
Eine "besondere Wendung" nimmt das Ganze, da es ein Förderprogramm von Land und Bund gibt: 70 Prozent der förderfähigen Aufwendungen werden in Aussicht gestellt. Leider können laut Anette Reich noch keine Anträge gestellt werden. Trotzdem, mit der gebotenen Vorsicht, hält sie Zuschüsse von 800.000 für die Kernzeitbetreuung und 400.000 Euro für den Hort für möglich. Die Krippe wiederum wird nicht gefördert.
Der Anbau soll zum bunten, kinderfreundlichen Erscheinungsbild des Bestandsgebäudes passen, wie Ortsbaumeister Peter Dietz darlegte. Da Sporthalle Rot, Schulhof und Mensa südlich und westlich eine Erweiterung unmöglich machen, soll das Kinderbetreuungsgebäude Richtung Nordosten (zum Parkring) wachsen, ins Außengelände hinein.
Ein Kostentreiber wird erfahrungsgemäß der schlechte Baugrund sein, so Dietz: Im Areal Richtung Kehrgraben steht das Grundwasser sehr hoch, daher wird eine "Pfahlgründung" – Betonsäulen, die tief in den Boden getrieben werden – den Anbau tragen. Zudem wird das Erdgeschoss als eine Art stabilisierender "Kasten" konzipiert. Diese Herausforderungen setzen, wie er auf Anfrage erläuterte, dem Einsatz ökologischer Baumaterialien Grenzen.
Dietz zufolge wird die Konstruktion eine zeitgemäße Wärmedämmung und vor allem eine große Lüftungs- und Klimaanlage erhalten, die auch das Bestandsgebäude mitversorgt. Sie leitet Außenluft ein, was vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und dem Infektionsschutz als zukunftsweisend angesehen wird. Das Nahwärmenetz an der Parkringschule, das in der nächsten Ratssitzung thematisiert wird, soll auch den Anbau beheizen . Beide Bauvorhaben sollen möglichst parallel verlaufen, sodass die Einschränkungen des Schul- und Kinderbetreuungsbetriebs möglichst klein sind und gewisse Arbeitsabläufe effizienter sowie kostengünstiger gestaltet werden können.
Ein Erweiterungsflur und ein weiteres Treppenhaus werden errichtet, damit hat man Dietz zufolge noch einen Rettungsweg und die drei neuen Stockwerke werden über den Fahrstuhl im Bestandsgebäude barrierefrei erreichbar sein. Im ersten Obergeschoss des Anbaus wird eine weitere Spielterrasse errichtet. Sie soll den beiden vorhandenen Dachflächen, wo die Kinder bereits toben, Kettcar fahren, im Sandkasten buddeln oder Ball spielen können, gleichen. Unter ihr entsteht damit zudem ein überdachter Spielbereich.
Nach Angaben des Ortsbaumeisters ist "ein straffer Zeitplan" vorgesehen, in den Pfingstferien sollen die Arbeiten beginnen. Bis Ende des Jahres soll ein merklicher Baufortschritt erzielt werden, um auch in den Genuss der Fördermittel zu kommen.
Die Fragen aus dem Rat betrafen beispielsweise die Gestaltung des Anbau-Dachs, das aber laut Dietz wegen der großen Lüftungstechnik kaum Platz bieten wird – weder für Solaranlagen oder Begrünung noch für Spielflächen – und die Beschattung: Hier versicherte der Ortsbaumeister, dass man aus den bisherigen Erfahrungen gelernt habe. Zudem sei das Gebäude nicht viel praller Sonne ausgesetzt, da es nach Nordosten ausgerichtet ist. Kritik an der Gestaltung ließ Bürgermeister Alexander Eger nicht gelten: Sie lehne sich an den Bestand an und folge dem von Anfang an verfolgten Gesamtkonzept.